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Der Meister des transgressiven Kinos ist zurück ... aber wie ?

Der in Paris lebende Amerikaner Murphy bekommt am Neujahrstag einen ominösen Anruf von der Mutter seiner ehemaligen Freundin Elektra, mit der er seit 2 Jahren nicht mehr zusammen ist. Elektra habe sich schon seit Monaten nicht mehr gemeldet. Murphy, genervt vom Zusammenleben mit seiner aktuellen Partnerin, begibt sich auf die Suche und gerät dabei in die Fallstricke seiner Erinnerungen. Denn der Schmerz über den Verlust von Elektra nagt noch heute an ihm und steigert sich bis zur Unerträglichkeit als ihm immer mehr klar wird, dass womöglich er der Hauptschuldige am Scheitern der Beziehung war.

Gaspar Noe leistet Bahnbrechendes, was die filmische Gestaltung von Sexszenen angeht. Unbefangen, unerschrocken, explizit bis ins Pornographische ohne jemals pornographisch oder gar ordinär zu sein. Einziges Manko: Alles kreist nur um Murphys Schwanz, da hätte man sich von den Frauen ähnlich Deutliches gewünscht. Was musste man sich - bis auf wenige Ausnahmen - dazu bisher im Kino ansehen? Verklemmt, verschämt, abgedunkelt, iim Schatten oder "amerikanisch" mit kompletter Bekleidung. Keine Frage, wer in Zukunft Sexszenen drehen möchte, muss sich an den von LOVE gesetzten Standards orientieren ... oder es bleiben lassen.

LOVE ist auch unfassbar schön, mit atemberaubender Bildgestaltung und Kameraführung ... aber sonst?

Noe leistet sich zu viele Albernheiten: Murphys Sohn heißt Gaspar, der Ex von Elektra Noe. In Murphys Zimmer steht das Love-Hotel- Modell aus ENTER THE VOID.  Aus diesem Film übernimmt er auch den Ansatz, mittels eines Bewusstseinsstroms  in die Erinnerungen der Hauptfigur abzutauchen. . Dies hatte bei besagtem Film noch zu einem stringenten Flow, dem Gleiten der verglimmenden Seele quer durch ihren Bewusstseinsinhalt und über den Dächern von Tokio, geführt. Hier aber wirkt das aufgesetzt bzw. zusammen gestückelt. Auch die ständigen Versprechungen zwischen Murphy und Elektra sind vom Geschwisterpaar aus ENTER THE VOID abgekupfert.

Insofern ist LOVE viel zu selbstreferentiell und vor allem zu selbstverliebt.. Ach ja:

- Newcomerin Aomi Muyock macht ihre Sache großartig
- das 3 D-Format war völlig unnötig
- die deutsche Synchronisation ist eine Katastrophe

Was insgesamt bleibt ist ein disparates Bild, aber LOVE ist klar das bisher schwächste Werk von Gaspar Noe.

6/10

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