Review

„Blutbad des Schreckens“ ist eine dieser obskuren Filmwucherungen, die schon längst in der Versenkung verschwunden wären, wenn es nicht Connaisseure des schlechten Geschmacks gäbe und wenn nicht einige Leute das Ding unbedingt mal in einem Filmlexikon erwähnt hätten.

Ich gehöre eher zu den Lesern der letzteren Kategorie, obwohl ich gewillt bin, eher viele schlechte Filme zu genießen, als dauernd belangloses Mittelmaß zu sichten.
„Scream Bloody Murder“ – gedreht 1971, aber veröffentlicht erst zwei Jahre später – tauchte für micht zuerst in einem Lexikon auf, als ich selbst noch in keine Videothek reindurfte und wurde notgedrungen auf die (mentale) Seite gelegt. 35 Jahre später bereue ich nicht einen Augenblick, dass ich mich gerade erst zum Komplettisten und Chronisten dieses Werks gemacht habe.

Bleiben wir ganz offen: wir haben es hier nicht mit einem soliden, aber für die Produktionszeit überraschend harten Horrorstreifen zu tun, der schon ein bis drei Jahr vor dem seligen Kettensägenmassaker tief in die matschige Gore-Kiste langte, sondern mit einem sehr amateurhaft angelegten Independentstreifen, dem seine billige Herkunft aus allen Poren strömt.
Regisseur Mark B. Ray war kein Künstler vor dem Herrn, er war auch kein talentierter Handwerker – alles in allem würde ich sagen, wenn er etwas war, dann am ehesten Autor. Auf den Regiestuhl stieg er ganze zweimal und „Blutbad“ war nicht sein Debüt.
Was Ray offenbar studiert hat, waren die Tate-Morde und Hitchcocks „Psycho“, denn auch wenn er sich weder an das eine noch an das Andere anbiedert, so müffelt alles an dem Film in diese Richtung.

Aber zuviel der Ehre, denn wenn ich dem Film einen Scheck ausstellen will, dann den der unerfüllten Ambitionen, sich etwas bei der Sache gedacht zu haben, es aber leider nicht richtig hinzubekommen.

Füttern wir also mal den Inhalt ab: Matthew war schon im Latzhosenalter schon mies gelaunt, weil er nämlich aus einer Laune heraus seinen Erzeuger mit dessen Erntemaschine über mangelt, bis nur noch Matsch im Acker liegt. Leider ist er selbst motorisch unbegabt, denn da er das Gerät nicht abstellen kann, springt er ab, dabei aber (das schafft anatomisch so nur der Filmschnittgott) so doof, dass eine seiner Hände zerquetscht wird.

Jahre später hat man ihm – nun ein junger Mann in einem Nonnenstift – einen formunschönen Haken ans Gelenk angepaßt und der liebe Doktor (ja, es ist tatsächlich Angus Scrimm, der „Tall Man“) schreibt den miesepetrigen Matthew gesund, was nicht gerade für seine Befähigung spricht.
Matthew darf heim, wo seine Mama gerade ihren zweiten Gatten geehelicht hat und das kommt bei dem mutterfixierten verdrießlichen Knaben (der wohl lieber eine ordentliche Handprothese gehabt hätte) gar nicht gut an. Nach allerlei Rumgezicke kocht er über, als er seine Erzeugerin nächtens beim nächtlichen Fummeln im nahen Tann beobachtet.
Während sie ins Haus zurückkehrt, verfolgt Matthew nun seinen Stiefvater mit der Axt.
Nicht dass wir uns falsch verstehen: Matthew geht in Zeitlupe Schritt für Schritt vor der Kamera her, während Stiefpapi aus nicht näheren Gründen NICHT ins Haus rennt (etwa 50 Meter entfernt), sondern irgendwo durch die Gegend stolpert, vollkommen erschöpft irgendwann stürzt und solange heulend rumsitzt, bis er die Axt mehrfach in den Bauch kriegt.
Anschließend folgt Matthew seiner Mama in die Hausauffahrt, wo sie aber nicht dem quengelnden Klammern statt gibt, bis er sie erst zur Seite und so mit dem Kopf auf einen Stein schleudert. Ende von Muttern!

Also macht sich Matthew auf die Strümpfe, hat aber das allseits gewagte Problem, dass immer, wenn er ein glückliches Pärchen sieht, dieses sich in dämonische Entitäten seiner Eltern verwandelt (weiß gemaltes Gesicht, rot umrandete Augen, wirre Haare), was ihm per optischem Verzerrungseffekt ordentlich Angst macht.
Also kloppt er ein herumreisendes Pärchen tot, lernt dann eine Künstlerin namens Rita kennen und zerschnippelt auch deren Bekannten, einen Matrosen. Weil er Rita mit Reichtum beeindrucken will, meuchelt er auch noch Hausangestellte, Besitzerin und Hund einer großen Villa und präsentiert diese voll Stolz als seine.
Irgendwann klinkt sein Besitzanspruchwahnsinn dann über und er kettet Rita in diesen Räumlichkeiten fest – was natürlich auch nicht lang gut geht…

Ihr merkt schon: durchaus ein realistischer Basisplot für Soziopathen mit manischer Mutterbindung à la Norman Bates, aber so viel Authentizität macht den Film nicht spannender. Man muss das Ganze nämlich noch interessant oder zumindest beklemmend präsentieren.
Aber Ray, der mit seinem Kollegen Larry Alexander (immerhin ein richtiger Drehbuchautor), diese Plotte auch schrieb, bekommt das nicht hin. Die delirischen Mordszenen sind immer nach dem gleichen Muster gestrickt und basieren auf Hack- und Schlitzandeutungen und dem reichhaltigen Einsatz einer viel zu hellroten Soße. Dazwischen läßt man Matthew die ganze Zeit entweder rumjammern, heulen oder irgendeinen aufgeblasenen Teenagerschwund salbadern, wobei sich die ganzen Opfer darin überbieten, das Verstörende daran nie zu bemerken. Das gilt besonders für die Malerin Vera, deren Bilder schon apokalyptisch genug sind, die aber noch Hippie genug ist, mehr oder minder an totaler Naivität zu verrecken.
Im letzten Filmdrittel ist sie dann damit beschäftigt, irgendwie aus den Fängen des Soziopathen heraus zu kommen, was aber auch nicht spannender wird, weil es sich darauf beschränkt, dass der Hirni minutenlang auf sie einredet, sie solle doch noch ein wenig von dem leckeren Essen nehmen, was er extra für sie besorgt oder gekocht hat.

Natürlich hätte auch ein veritabler Darsteller den Film mit einer abgründigen Performance noch retten können, aber Fred Holbert ist leider nicht der Typ Mann, der so etwas drauf hat.
Wer ist überhaupt Fred Holbert?
Ich weiß es wirklich nicht, denn der Mann hat davor und danach nie wieder auch nur in der Nähe einer Filmkamera agiert und wer seine grimassierende Vorstellung eines unzufriedenen, enorm schlecht frisierten bratzigen Mordbuben mit Heultendenz gesehen hat, weiß auch ganz genau, warum.

Ich bin sicher, es gibt trotz der öffentlichen Verfügbarkeit des Films immer noch genügend Fans der Ketchupverwertung, die auch dieses Machwerk noch enorm unterhaltsamen Genrebeitrag abfeiern, aber wenn hier nicht gerade die Kamera quer durch den Saal geschwenkt wird, weil Mattie gerade mal wieder die Besteckschublade und den Messerblock abräumt und alle „No, no, no…“ schreien, ist das „Blutbad des Schreckens“ wirklich scheißöde. Hier und da gibt es kurze Momente, etwa wenn Fred den Hund hinrichten will oder wenn er am Ende als Bündel kreischenden Elends begreift, wo der Haken in seiner bedauernswerten Existenz hingehört, aber sonst sind Kamera, Beleuchtung, Ton, Schnitt, Schauspielerführung, Dialoge und Plot einfach nicht von der Art, dass man meinen könnte, das wird noch was mit der Filmemacherkarriere.

Aber naja, halt immerhin 11 Leichen… (3/10)

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