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Ist es nicht voll ätzend, wenn so etwas passiert? Da erfährt Marc (Red Mitchell) vor kurzem, daß im Bauch seiner Freundin Holly (Diane Johnson) die Frucht seiner Lenden heranwächst, und bevor er sich überhaupt entschieden hat, ob er Vater sein will oder nicht, liegt Holly hingemeuchelt und geöffnet in der Dusche, sans bébé. Da kann einem schon mal ein fassungsloses "Where is the goddamned baby?" rausrutschen. Wenig später hat die in dieser Gegend ihr Unwesen treibende böse Macht auch seine vier Freunde in den Zustand des Nicht-Lebens befördert, und Marc landet verletzt im Krankenhaus, nachdem er bei seiner überstürzten Flucht von einem Auto angefahren worden ist. Dort trifft er die Photographin Reggie (Tracey Huffman), die einzige Überlebende eines ähnlichen Massakers, und zusammen mit dem hartgesottenen Cop Leo (Charles L. Trotter) versuchen sie, dem unheimlichen Mörder auf die Spur zu kommen.

Hut ab vor der Chuzpe von Drehbuchautor Freeman Williams und Regisseur Roger Evans. Die machten sich nämlich in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre auf, ohne allzu große Filmerfahrung, ohne professionelle Schauspieler und ohne ein brauchbares Budget in Texas ein ambitioniertes, visionäres, fast zweistündiges Horrorepos auf Zelluloid zu bannen. Herausgekommen ist dabei Forever Evil, ein Film für Genrefans, welche mit Gold nicht aufzuwiegende Tugenden wie Leidenschaft, Kreativität oder Herzblut den Vorzug gegenüber State-of-the-Art-Tricks, spektakulären Schauwerten oder überbezahlten Stars geben. So richtig originell ist Forever Evil zwar nicht, aber die Art und Weise, wie altbekannte Versatzstücke in den nahezu epischen Plot eingewoben wurden, macht schon Staunen. Zu Beginn (junge Leute in einem abgelegenen Häuschen vs. finstere unsichtbare Mächte) wähnt man sich noch in einem mäßigen The Evil Dead-Rip-Off, doch nach und nach verdichtet sich das durchaus komplexe Handlungsgerüst zu einem klassischen Gut-gegen-Böse-Gefecht mit Anleihen bei niemand Geringerem als Howard Phillips Lovecraft. Eine boshafte Gottheit namens Yog Kothag (wahrscheinlich ein Cousin zweiten Grades des furchtbaren Yog-Sothoth) lauert wartend im Dunkeln, und die nach einem bizarren Schema verübten Morde sollen dem uralten Wesen den Weg zurück auf die Erde ebnen, wo es seine kosmische Schreckensherrschaft zu errichten gedenkt. Ob unsere Helden wider Willen das wohl verhindern können?

Das große Problem des Filmes ist die gemächliche, langatmige Erzählweise. Forever Evil beginnt mit einem recht stimmungsvollen Prolog, der als Appetizer für das folgende Geschehen gut funktioniert, aber anstatt irgendwann mal einen Gang höher zu schalten, dümpelt die Handlung die ganzen einhundertzehn Minuten mit dem anfangs eingeschlagenen Tempo dahin. Und doch, oh Wunder, wird das Ganze so sympathisch präsentiert, daß man gerne dranbleibt. Daß man nicht einmal daran denkt abzuschalten. Man spürt, daß den Machern Großes vorschwebte, daß es mit den vorhandenen Mitteln aber nicht gelungen ist, dieses Große auch entsprechend zu realisieren. Forever Evil ist weder groß noch ist er gut, aber er berührt auf eine sehr eigentümliche Weise. Man freundet sich mit dem gemächlichen Erzähltempo an, beginnt die Protagonisten zu mögen, wird langsam in die Geschichte hineingesogen und folgt mehr oder weniger gebannt den mysteriösen Geschehnissen. Und das, obwohl der Plot Löcher hat, viele Fragen offenbleiben und nette Ideen ins Leere laufen. Die sich unbeholfen entwickelnde Love-Story ist irgendwie rührend, ein gelungener Spannungsaufbau ist ebenso wenig existent wie ein dramaturgischer Fluß, die technische Seite des Filmes (Kamera, Schnitt, Musik) ist bestenfalls zufriedenstellend, und die spärlich gesäten Spezialeffekte (darunter eine krasse Alptraumszene mit Fötusbeteiligung) sind drollig und charmant. Nein, Forever Evil ist gewiß keine Perle. Er ist eher eine Glasmurmel, die davon träumt, eine Perle zu sein. Und genau dafür mag und bewundere ich ihn.

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