Review

Mein Teenager-Klassiker überhaupt!
Es ist zwar eine rein amerikanische Angelegenheit, die hier problematisiert wird, doch sie wirkt über weite Strecken auch für europäische Jugendliche, obwohl das Kastensystem an Highschools hier nicht ganz so ausgeprägt ist.
Anhand der Beispiele Teen-Queen, Sportler, Nerd, Freak und Rebell wird das Teenagersein hier von verschiedenen Seiten betrachtet. Generelle Aussage ist dabei, daß alle Jugendlichen abseits von der Sicht ihrer Eltern, Lehrer und der restlichen Gesellschaft eigentlich alle sehr ähnlich sind. Die Gesellschaft macht sie zu dem, was sie darstellen, weil die Gesellschaft sie so sehen will und nicht hinter die Fassade blickt.
In der Abgeschiedenheit der leeren Schule jedoch bekommen während des Nachsitzens die Panzer Risse, ist für einige Stunden alles möglich, obwohl die Konflikte weiter schwelen. "Wenn du erwachsen wirst, dann stirbt dein Herz" sagt Sheedys Charakter in einer Szene und trifft damit direkt ins Schwarze. Teenager unter Teenagern, die sie sind, müssen sie sich in dieser Enklave nicht mehr hinten Posen und Phrasen verstecken, die ihnen ihre Umwelt aufoktruiert.
Gleichzeitig handelt John Hughes (lange bevor er an Niveau verlor) auch noch andere Probleme wie Gewalt von Eltern, Nichtbeachtung und pubertäre Auswüchse ab. Bewundernswert dabei, daß er die Gefahren der Klischees souverän umschifft, die sich hier überall auftun.
Zwar wird es zwischendurch oft traurig und ein wenig rührselig, doch es trieft nie dort, wo es hätte können. Immer wieder rettet eine Drehbuchwendung oder Bemerkung das Niveau vor dem Abrutschen. Das ist um so interessanter, weil sich der Film fast ausschließlich über Charaktere und Dialoge definiert und so beinahe mit einem einzigen Set auskommt (mit kurzen Ausnahmen).
Ein wunderbares Ensemble scheint hier um sein Leben zu spielen, allen voran Judd Nelson, der dem gammligen Rebellen so viel Tiefe verleiht, daß man ihn am liebsten gleich mit nach Hause nehmen möchte; Molly Ringwald, die mal eine reiche Vorzeigeschülerin gegen den Strich gibt und Anthony Michael Hall in der Rolle seines Lebens als Streber.
Ally Sheedy und Emilio Estevez fallen dagegen ein wenig ab, wirken ihre Charaktere doch zuwenig ausgelotet, doch das Gesamtbild trüben sie nicht. Als Kontrapunkt präsentiert sich gleichzeitig Paul Gleason als Lehrer, der sich über die Schüler beschwert und mittels des Hausmeisters sein eigenes Schicksal ausloten darf und seine Desillusionierung loswerden kann.
Besonders beeindruckend ist die Tatsache, daß die Aussage des Films und ihr Ende eigentlich sehr pessimistisch sind. Alle fünf kommen zu dem Schluß, daß am Montagmorgen vermutlich alles wieder so sein wird wie bisher, als hätte es diesen Tag nie gegeben. Auch wenn die letzten Szenen mit dem Ohrringtausch und dem Kuß zwischen Estevez und Sheedy dem Zuschauer etwas anderes suggerieren sollen, bleibt der Cliquen- und gesellschaftliche Druck erwartungsgemäß derselbe. Hoffnung keimt nur, daß die Erfahrung dieses Tages in den fünfen etwas verändert hat, ein tieferes Denken und mehr Verständnis, was auch der offene Brief beweist, den die fünf anstelle des Aufsatzes schreiben.
Angefüllt mit humor- und gefühlvollen Szenen (incl. einer Pot-Volldröhnung aller Anwesenden), aufgepeppt mit einigen schönen Rocksongs und eingeführt durch ein Zitat David Bowies wird die Handlung durch das Lied "Don't you (forget about me) eingefaßt, ein Song der gleichermaßen schwungvoll, latent agressiv und voller Melancholie ist. So ist denn auch die letzte Szene, in der Nelson zu den Klängen der Simple Mindsüber das leere Footballfeld wandert und seine Faust zum Himmel reckt, zum Heulen schön.
Ich habe "Breakfast Club" wohl schon gut dreißigmal gesehen und er gibt mir auch mit beinahe 30 Jahren immer noch einiges, denn es ist gut, wenn dich ein Film daran erinnert, was du früher einmal vorhattest und wie du werden wolltest. Eine Einladung zur Selbstreflexion und gleichzeitig ein unterhaltsamer Film über die Zeit rund um das 16.Lebensjahr, angeblich die beste Zeit unseres Lebens. Die Charaktere dieses Films würden über diese Ansicht vermutlich nur lachen.
(10/10.)

PS: Und wer mir die Auflösung dieses Witzes mit der nackten Frau, der Salami und dem Pudel liefern kann, bewahrt mich wahrscheinlich vor der Gummizelle.

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