Review

Point of No Return

Die exklusive & hochgelobte Netflix-Produktion "Beasts of No Nation" handelt von einem kleinen afrikanischen Jungen, der durch den Bürgerkrieg in seinem Land aus relativ glücklichen Verhältnissen in die Arme einer Rebellenarmee getrieben & dort zum Kindersoldaten ausgebildet wird. Eine Kriegsfilm, ein Coming-of-Age-Unikum, ein Mix aus "Blood Diamond" & "City of God". Vielleicht der wichtigste Film, den Netflix bisher produziert hat & einer der intensivsten Kriegsfilme des bisherigen Jahrzehnts. Kino für die grosse Leinwand, exklusiv für die kleinen TVs daheim. Verkehrte Welt. Von seiner Wirkung & seinem Bild eines Kontinents im Teufelskreis, nimmt das jedoch wenig.

Als Kriegsfilm ist "Beasts of No Nation" stark & wunderschön gefilmt, bietet ein paar grausame & unvergessliche Szenen. Doch vor allem Agus persönliches Schicksal, seine schwer umzukehrende Entwicklung & seine psychische Verstümmelung durch einen undurchsichtigen, sinnlosen Krieg, bleiben in Erinnerung. Die Leistung des jungen Abraham Attah ist eine der feinsten & verstörendsten eines Kinderdarstellers in den letzten Jahren. Er steht seinem großen Co-Star Idris Elba in Wenig nach. Wie Elba jedoch in die Rolle des Tyrann, Ziehvater & Kommandanten schlüpft, dabei total abtaucht & sein Stargesicht ablegt, hätte jede Auszeichung der Welt verdient. Die Zwei alleine & ihre auslaugende Beziehung reichen für eine dicke Empfehlung. Jeder mit Netflix-Account sollte den Film schon längst gesehen haben!

Der afrikanische Dschungel wird vom "True Detective"-Regisseur wundervoll eingefangen & bietet einen hübschen Gegenpol zum grausamen Krieg. Da das Land bzw. der Konflikt nicht näher genannt werden, auch kein Datum oder andere Anhaltspunkte, wirkt alles zeitlos, noch verlorener & höllischer als eh schon. Gerade der Kontrast zum recht fröhlichen & hoffnungsvollen ersten Viertel des Films, zieht einem den Boden unter den Füßen weg. Und ein unschuldiges Kind so fallen & abstumpfen zu sehen, tut richtig weh. Eine teuflische Spirale ohne Reissleine. 

Den Kriegsszenen hätte etwas mehr Abwechslung & Empathie gut getan, doch das erhöht nur noch mehr die Abnutzungserscheinungen & das Entfernen von der realen Welt. Wenn dann am Ende einige der blutjungen Buschkrieger freiwillig zurückkehren, weil sie nichts Anderes können & kennen, dann sitzt der Schock tief & das blasse Verständnis dafür direkt daneben. Die Studie eines Soldaten - nur ist dieser eben noch ein Kind. Zu Beginn. Am Ende beschreibt er sich als alten Mann innerlich - und als Zuschauer kann man da nur traurig & verständlich nicken. 

Fazit: das Leben & Sterben eines Kindersoldaten - niederschmetternd intensiver Statusbericht zu der Kriegs- & Gesellschaftssituation in Afrika. Unangenehm nah, eindringlich, schockierend, ungeschönt. Einer der intensivsten Kriegsfilme der letzten Jahre!

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