Weihnachten bietet noch mehr Anlass Knete zu machen, als die meisten anderen Festivitäten. So bedeutsam ist das Fest der Liebe, dass es eine ganze Jahreszeit maßgeblich bestimmt. Auch was das Kino angeht. So hört man alle Jahre wieder die Englein singen, fette Weihnachtsmänner prusten und verkrachte Familien finden endlich glücklich zueinander. Und weil das alles so schön und vor allem so schön lukrativ ist, darf auch der alljährliche Festtagshorror nicht fehlen. Da gab es schon fast alles. Vom kindheitstraumatisierten Totalgestörten auf dem Dachboden, der Teenies gern die ohnehin schon nicht besonders hellen Lichter ausknipst („Black Christmas", 2006), bis hin zum weihnachtsmuffelnden, amoklaufenden Wrestler-Weihnachtsmann („Santa's Slay", 2005) reichen die oft nur leidlich unterhaltsamen Versuche, am großen Weihnachts(t)rubel ein wenig teilzuhaben. Doch dieses Jahr geht es nicht nur wieder einmal grundlos blutig zu, es wird sogar interkulturell.
William Shattner ist schon lange nicht mehr Kapitän der Enterprise, sondern sitzt zurzeit mit einer Flasche Schnaps in seinem schnuckelig warmen Studio, von wo aus er Radiosendungen moderiert. So auch an Heiligabend, dem amerikanischen „Christmas Eve". Ein geladener Gast allerdings, mit dem er ein wenig die Zuhörer langweilen wollte, verlässt vorzeitig seinen Sessel und gibt dem überraschten Entertainer zum Abschied wortkarg zu verstehen, dass er keinen Bock mehr auf Weihnachten hat. Und damit nimmt das Unheil der aktuellen „Christmas Horror Story" seinen Lauf.
Fünf Geschichten sind es, die hier parallel und jeweils immer nur für wenige Minuten ihren verhängnisvollen Gang nehmen. Ein großer Zusammenhang fehlt dabei, bis auf vielleicht den, dass sich ein paar der diesjährigen Pechvögel von der Schule her kennen. Außerdem ist natürlich für alle Weihnachten.
Da ist der vom Schicksal gebeutelte Weihnachtsmann, dessen Elfen sich mit einer Krankheit infizieren, die sie dazu verleitet, Santa Claus wüst zu beschimpfen und außerdem auffressen zu wollen. Da ist das diebische Ehepaar, das ihr Kind im Wald verliert und dafür unwissentlich einen Dämon mit nach Hause nimmt. Da sind die vor sich hin pubertierenden Teenies, die auf Geistersuche im Keller eines alten Schulgebäudes gehen, was sie lieber nicht hätten tun sollen, denn sie werden fündig. Und da ist eine weitere Familie, die ihre Tante auf einem entlegenen Anwesen besucht, welches leider ein dunkles Geheimnis birgt.
In den schicken Bildern wird es hier ein bisschen blutig und da ein bisschen obszön. Ob es auch lustig werden sollte, ist schwer zu sagen. Vermutlich nicht, denn das nicht selten am Ende hervorgekramte Augenzwinkern bleibt diesmal aus, und die Stimmung ist bei den wenigen Überlebenden dieses Weihnachtsfestes mit Sicherheit nachhaltig getrübt. Wenn man also nicht allein den Umstand lustig findet, dass der Nikolaus von Elfenzombies angegriffen wird, dann spricht viel dafür, dieses überaus amerikanische Anliegen, Weihnachten auch seinen mitternächtlichen Reiz abzutrotzen, als eher finsteren Spaß anzusehen.
Nur eines schmeckt bei diesem Film sonderbar, jedenfalls überhaupt nicht nach Nordamerika. Nicht die unzüchtigen Teens. Die sind natürlich obligatorisch landestypisch und auch hier wieder zu finden. Nein, der bayerisch-österreichische „Krampus" ist es, der so überhaupt gar nicht in die Neue Welt passt. Das ostalpine Ungeheuer mit Teufelshörnern dürfte nicht einmal dem gewöhnlichen Norddeutschen ein Begriff sein, doch hier ist es der Hauptgegner vom US-amerikanischen Santa Claus. Wie zum Teufel kommt dieses Urviech also im Jahre 2015 pünktlich zur „Christmas Horror Story" über den Teich? Dieselbe Idee hatte übrigens auch Regisseur Michael Dougherty, der sein Konkurrenzprodukt, das seit dem 3. Dezember in den Kinos zu sehen ist, sogar „Krampus" nannte. Vielleicht müssen wir das Christoph Waltz fragen, denn der erklärt den Amerikanern gerade in einer Reihe von Interviews, was es mit dem Yeti-Satans-Dings auf sich hat. Oder wir begnügen uns einfach mit der überaus plausiblen Antwort, dass das Internet und dabei vor allem Youtube ihren Teil dazu beigetragen haben, dieses deutsche Anti-Weihnachts-Monster bei der für sowas stets empfänglichen amerikanischen Jugend populär zu machen. Dass damit übrigens einer Art Fluchtverhalten Vorschub geleistet wird, was die nicht selten aufgesetzte, Glocken bimmelnde Glückseligkeit dieser Jahreszeit anbetrifft, stört aktuell nicht wenige religiöse Menschen in den Staaten.
Aber Krampus hin, Schampus her, dieser kleine Ausflug in die Abgründe des Weihnachtsfests, der wenigstens mitunter etwas fürs Auge bereithält, bietet leider sonst nicht viel Verwertbares. An Halloween lässt sich ein wenig unmotivierter Grusel kulturell leicht rechtfertigen, aber was der Käse an Weihnachten soll, bleibt weiterhin fraglich. Dann doch lieber die biedere, aber sympathische Wohlfühlschiene der „Weihnachtsgeschichte" (2009) eines Robert Zemeckis. Oder, falls das Blut auch zum Fest fließen soll, vielleicht Renny Harlins „Stirb Langsam 2" (1990)?