Eine Urgewalt von einem Film. Ein wunderschön bebilderter Film. Ein schmerzvoller, rauer Film.Alejandro Gonzalez Inarritu und vor allem aber auch sein zu selten genannter Kameramann Emmanuel Lubezki haben es geschafft einen Film zu drehen, den man nicht schauen, sondern erleben muss.Darauf ist THE REVENANT auch ausgelegt. Daher passt das Drehbuch vermutlich auch auf ein kleines Notizheft. Deswegen gaukelt der Film auch keineswegs vor, sich inhaltlich mit einem Thema tiefsinnig zu beschäftigen.
Hier geht es eher um das nackte Überleben in einer naturbelassenen, malerischen, aber auch unbarmherzigen, kalten, öden Wildnis. Dabei fangen Inarritu und Lubezki einige wunderschöne Bilder ein, welche man sich auch eingerahmt aufhängen könnte. Die Kamera ist stetig, meist in langsamer, erhabenen Bewegung - weit genug entfernt um die unberührte Natur in teils atemberaubenden Bildern einzufangen, nah genug dran, wenn es darum geht den Überlebenskampf der Figuren zu zeigen und miterleben zu lassen.
Selten zuvor war, beispielsweise beim Überfall der Indianer auf das Lager der Trapper, der reine Kampf - Mann gegen Mann - so ungeschönt, so roh, so unspektakulär spektakulär eingefangen wie hier. Keine unnötiges Blendwerk, kein CGI, keine schicken Action-Choreographien. Bloß nackte, nüchterne Kämpfe in einer kalten, trostlosen Umgebung, virtuos durch die so elegante Kamera Lubezkis eingefangen.Die ist auch ganz nah dran am Auslöser der Leonardo DiCaprioschen Überlebenstortur - dem Angriff des Grizzly. Und auch hier trifft der Film den Ton, den man bereits beim Überfall der Indianer einfangen konnte. Der Angriff passiert ohne großes TamTam, in ungeschönten, kalten Bildern sieht man den Grizzly DiCaprios Figur Hugh Glass mehrfach hin- und her schleudern, beißen, kratzen. Dabei ist die Kamera immer so nah dran, dass man selbst den Atem des Grizzly und Glass' als Beschlag auf der Kamera sehen und fast spüren kann. Nichts wird optisch ausgeschmückt, naturbelassen ist nicht nur die Landschaft sondern auch das Treiben vor der Kamera und die eingefangen Bilder selbst.Und einmal damit angefangen, macht der Film dort weiter, wenn die Kamera Hugh Glass dabei folgt, wie er sich durch die rohe, unberührte, kalte Landschaft schleift, währenddessen friert, leidet, sich selbst verarztet und sich vor Schmerzen krümmt. Wir schauen dabei zu wie Glass sein Menschsein immer weiter aufgibt und sich auf seine tierischen Instinkte und Triebe verlässt, wie etwa beim Verspeisen eines rohen, frisch gefangenen Fisches, dem Essen rohen Bisonfleischs und das Eindecken in einen selbst ausgehöhlten Pferdekadaver. Ein nackter, kompromissloser Überlebenskampf, getrieben durch den eigenen Selbsterhaltungstrieb und getrieben durch tiefe Rachegelüste gegen den Mörder seines Sohnes.Das DiCaprio selbst sagte, es wäre der schmerzvollste Dreh, physisch wie psychisch, seiner Karriere gewesen, nimmt man ihm trotz allem Marketing was dabei natürlich auch dahintersteckt, aber durchaus ab. Schmerz, Kälte, der Drang zum Überleben, das alles nimmt man DiCaprios Figur sofort ab, dabei vergessend, dass es ja eigentlich doch nur gedrehte Szenen sind, die aber durch das eindringliche Spiel von DiCaprio sich anfühlen, als würde man das selbst gerade in der Wirklichkeit beobachten.
Dem komplett konträr gegenüber stehen die wunderschönen, bei natürlichem Licht aufgenommen Bilder dieses unberührten, bergigen, verschneiten Landstriches, irgendwo im Nirgendwo. So findet der Film gelungene Verschnaufpausen, bei denen man in die im positivsten Sinn nüchternen Bilder eintauchen kann, während man auch Tom Hardys Figur Fitzgerald, den Mörder von Glass' Sohn, kennen lernt und ein wenig über seine Beweggründe erfährt, die sich im Grunde in einem Punkt mit denen von Glass decken - reine Selbsterhaltung, reiner Überlebenswille. So kann man sich auch die Frage stellen, welcher Selbsterhaltungstrieb nun größer ist? Glass', weil er diese ganzen Qualen und Strapazen übersteht, oder Fitzgerald, der dafür über alle moralischen Regeln und gar Leichen geht.Am Ende treffen beide in einem unerbittlichen Kampf gegeneinander an. Nicht die Natur, nicht die Indianer sind hier der größte Gegner des eigenen Überlebens, sondern der jeweilige Gegenüber. Und wie anfangs zuvor beim Angriff des Grizzly ist auch hier der Kampf zwischen Hardy und DiCaprio ein völlig nüchterne, roher, kalter Kampf, der durch seine Intensivität eine solche Wirkung entfaltet, dass man fast glauben mag, die beiden haben sich nicht an einem Filmset mit Plastikspielzeug durchchoreographiert, sondern eine echten, wahrhaften Kampf um Leben und Tod geliefert.Das ist es auch, was den Film ausmacht. Intensiv ist er. Nüchtern, kalt und roh ist er. Ein Film, nicht zum gucken, sondern zum erleben, und zum mitleiden.