Review
von Alex Kiensch
Christopher Nolan ist ja hauptsächlich für seine Multi-Millionen-Dollar-Blockbuster-Produktionen á la „Inception" oder „The Dark Knight" bekannt. Nach „Interstellar", einem seiner teuersten und aufwendigsten Projekte, wandte er sich jedoch einem Genre zu, das in der Filmbranche beinahe vollkommen unsichtbar ist: dem Kurzdokumentarfilm.
In seiner 8-minütigen Produktion „Quay" porträtiert er ein Brüderpaar, das mit liebevoller alter Handarbeit Puppentrickfilme inszeniert. Mit Stop-Motion-Kameras und selbst aufgebauten Interieurs setzen sie ihre eher gruseligen Puppen in Szene. Der Film begleitet sie bei ihren Vorbereitungen für eine Szene: Das Aussuchen und Aufstellen der Puppen, die mit Pinseln und einfachem Werkzeug für die Aufnahmen vorbereitet werden (etwa Lack für die Augen, damit sie einen Lebenshauch zu verströmen scheinen), das Austarieren der Beleuchtung, die Einstellungen der alten Kamera. Dazu erzählen die Brüder ein wenig über ihre alltägliche Arbeit und Tricks, um die Puppen so lebensecht wie möglich erscheinen zu lassen. Bevor es dann so richtig losgeht, blendet der Film auch schon wieder aus. Ein kleiner, feiner Einblick in eine faszinierende Arbeit, der definitiv Lust auf mehr macht.
Mit Nolans üblichen Produktionen ist dieses außergewöhnliche Projekt denn auch kaum zu vergleichen. Der Filmemacher selbst übernahm hier neben Regie, Drehbuch, Schnitt und Produktion auch die Führung der Handkamera, mit der er die Brüder von verschiedenen Seiten und ihr Atelier mal im Detailausschnitt, mal in ruhigen Totalen einfängt. Dabei sind gewisse Assoziationen sicherlich durchaus gewollt: Das Atelier in seiner scheinbaren Unordentlichkeit erinnert - auch dank der warmen Farbausleuchtung - ein wenig an die Zauberer-Ateliers aus Nolans „Prestige - Die Meister der Magie"; die Puppen selbst mit ihren deformierten, teils monströsen Horror-Gesichtern, die dennoch einen gewissen Charme versprühen, könnten glatt in einem Tim Burton-Film auftauchen.
Inszenatorisch bleibt „Quay" eher flüchtig und unspektakulär: Der Soundtrack ist kaum wahrnehmbar, die leicht wackeligen Kamerabilder erzeugen langsame, entspannte Sequenzen und die seelenruhigen Erläuterungen der Gebrüder Quay zu ihrer Arbeit wirken ähnlich entspannend wie das Halbgeflüster eines Bob Ross. So gibt der Film einen kurzen, interessanten Einblick in eine eher exotisch (und auch nostalgisch) anmutende künstlerische Arbeit, die Freunde des klassischen Puppenspiels wohl am ehesten zu begeistern vermag. Als kleine, faszinierte Fingerübung eines großen Meisters fügt sich „Quay" so heimlich, still und leise ins Oeuvre Nolans ein, ohne dass viele seiner Fans davon überhaupt etwas mitbekommen werden. Ein kleiner Geheimtipp also für alle echten Nolan-Begeisterten.