Review

"Henry II - Aufstand gegen den König" (Italien 2015).
Auch Filmen, denen man ihr sehr kleines Budget anmerkt, können Qualitäten haben. Diese Stärken sollte man jedoch nicht in Massenaufmärschen, Stars oder Gigantomanie suchen. Gute Dialoge kosten kein Geld - und genau hier punktet dieser Film. Sehr ernsthaft und dem historischen Inhalt angemessen werden hier Dialoge geboten, die nicht das übliche BlaBla so vieler Mainstream-Filme. Natürlich ist das keine große Dialogkunst, aber es werden Dinge (politisch-taktische Überlegungen) besprochen, die eben nicht in jedem Standard-Historienstreifen auftauchen. Die Synchronisation ist dabei sehr gut, was heute bei so billigen Filmen selten ist.
Die Musik hat Kraft. Auch unterschiedliche Stücke, d.h. schwere, voluminöse Historienklänge wechseln sich ab mit fremartigen Mittelaltertönen mit historischen Instrumenten.
Die Schauspieler-Leistungen sind neutral, also nicht gut, aber auch nicht extrem schlecht.
Handicap bei solchen Mini-Budgets sind die geringen Möglichkeiten. Man hat in diesem Falle nur etwa 50 Statisten zur Verfügunge, aber gottlob eine erstaunliche Menge (geliehener) Kostüme und Waffen. Darum zeiht man die Statisten immer wieder um, damit sie unterschiedliche Truppen auf BEIDEN Seiten darstellen können. Dann fotographiert man die Gruppen so geschickt aus verschiedenen Blickwinkeln, daß tatsächlich die Illusion erzeugt wird, man hätte Heere von vielen hundert Mann. Selbstverständlich kann man auf diese Art keine Schlachten á la "Braveheart" erzeugen, aber die Wirkung ist für ein B-Picture ganz ordentlich. Bitte nicht zu viel erwarten.
Die Kämpfe sind gut. Da wird zünftig mit Schwertern zugedroschen, realitätsnah gekämpft und wenn große Steinbrocken von den Kattapulten gegden die Mauern krachen, ist auch etwas Spektakel angesagt. Der erste und der letzte Schwertkampf (Duell) mit Bihändern ist sogar weit überdurchschnittlich choreographiert und gefochten.
Einige (wenige) Nackszenen für das moderne Publikum, wobei die Frage ist, ob es klug war, die längste Szene mit körperlichen Reizen direkt an den Anfang zu stellen, womit man heutigen Netz-Gurus die Möglichkeit eröffnete, den Film sofort als trivial und trashig abzuurteilen. Vielleicht unklug so á la Sexploitation zu beginnen, wenn man imgrunde eine interessante Geschichte zu erzählen hat. Die Nackt-Szenen stören zwar im Verhältnis zur Gesamtlänge des Films nicht, aber man sollte nie vergessen, daß die Meute an Usern nur darauf lauert, zu brüllen: "Trashig. Billiger Quatsch".
Kein grandioser Film, aber ein für Historiker sehbarer, da man sich weitegehnd an die historischen Tatsachen hält und eine Lücke füllt. Das Leben des mächtigsten englisch-normannischen Königs Heinrich II.  und sein immer wieder aufflammender Kampf gegen seine einigen 4 Söhne, die ihm die Herrschaft entreißen wollen, weil sie nicht warten möchten, bis ihnen diese als Erbe zufällt.
Will man dies historisch in der richtigen Reihenfolge sehen, so schaut man sich am besten in dieser Reihenfolge an:
1. Becket (GB-USA 1964)
2. Henry II (Italien 2015)
3. Der Löwe im Winter (GB-USA 1968)
Dann hat man die Lebensphasen Henrys komplett dargestellt.
Regisseur Stefano Milla (der auch Drehbuch und Schnitt macht) hat zwei Jahre zuvor die Person eines Sohns von Henry in den Mittelpunkt gestellt: "Richard Löwenherz" (2013). Beide Filme, auch dieser Henry, tragen im Original den Titel "Richard the Lionheart" mit jeweils anderem Beititel.
Also ich werde diesen sehr kleinen, aber liebevoll gemachten Film in meiner Sammlung behalten, denn es gibt aus den letzten 30 Jahren nur wenige halbwegs glaubhaft gemachte Historinefilme. Wenige heisst einige Dutzend, während man in anderen Genres mit taussenden Filmen überschüttet wird.
Schulnote 3-
oder
5 / 10

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