Es ist schon komisch, aber obwohl ich Kriegsfilme (vor allem über moderne Konflikte oder amerikanischer Machart wegen des plakativen Patriotismus) so gut es geht meide, fliege ich auf alle filmischen Umsetzungen des 1. WK wie ein Brummer auf einen Kuhfladen. Nach einem ersten Kurzreview im Rahmen irgendeines Filmfestes saß ich wie auf Kohlen, um schnellstmöglich ein Release von "Deathwatch" zu kriegen. Gott sei Dank war der Holländer an sich wieder super flink und es konnte sich schnell rausstellen, ob sich das Fiebern gelohnt hat oder nicht.
Es hat sich gelohnt. "Deathwatch" ist ein klasse Film, der es sehr gekonnt versteht, den realen Horror einer geschichtlichen Blutmühle mit dem lauernden Grusel eines Robert Bloch zu kombinieren.
Ein Truppe englischer Soldaten verfranzt sich auf einem völlig zerpflügten Schlachtfeld Nordfrankreichs und landet in einer deutschen Stellung. "Stellung" ist gut - ein Grabensystem im Matsch mit jede Menge Leichen. Dieses System wird eingenommen, aber leider fragt sich keiner der Soldaten, wieso ihre deutschen Gegenspieler nur mit sich selbst beschäftigt sind und mehr Angst vor etwas anderem denn den Angreifern des Ententes haben. Aber was sollst - Krieg ist Krieg. Die Deutschen werden plattgemacht und deren Gefangene (ebenfalls ein Deutscher, der recht ruhig ist und einer, der schnellstens weg will) freigelassen. Auch hier wäre die Frage angebracht, wieso sich die Deutschen selbst einsperren. Die Frage stellt aber keiner, womit das Unheil seinen Lauf nimmt.
Es dauert nicht lange, bis die Briten merken, dass sie mitten im Schlachtfeld von der Welt abgeschottet sind. Alle Deutschen sind tot, nur der sonderbare Gefangene leistet ihnen noch Gesellschaft. Und nun geht das Sterben los. Einer nach dem anderen wird von unsichtbaren Feinden terminiert. Im Zweifelsfall bedarf es auch keiner Feinde. Die schwer am Rad drehenden Soldiers dezimieren sich durchaus auch gegenseitig. Jeder Versuch, die Stellung zu verlassen, hat schwer lethale Folgen (nicht durch den Krieg, der ist nur zu hören, aber nicht zu sehen) So kommt es, dass am Ende nur noch ein Brite und der nette Kraut vorhanden sind. Dieser eröffnet unserem frisch beförderten Einzelkämpfer, dass er die Stellung verlassen kann, da er als einziger menschliche Züge gezeigt hat. Alleine zurückbleibend wartet der nette Kraut auf die nächsten Besucher...
Es ist eine sicherlich sehr sonderbare Idee, mitten in einem Schlachtfeld eine quasi lebende Falle anzuordnen, die sich der verwilderten und entwurzelten Krieger der großen Materialschlachten "annimmt". Trotz oder gerade wegen dieser Absurdität gelingt die Umsetzung. Es ist grandios gemacht, dass die Übergänge aus Vernichtung durch Wahnsinn innerhalb der Gruppe und wirkliche Angriffe der Stellung auf die Soldaten fließend sind. Und ein "lebendes" Grabensystem mit dem personifizierten Mittelpunkt des scheinbar leicht die Seiten wechselnden Deutschen (die Vormieter der Stellung haben den menschlichen Teil der Falle mit Sicherheit als Tommy gesehen) ist grandios umgesetzt.
Ich liebe an der Geschichte vor allem zwei Dinge. Zum einen, dass der Film überhaupt nicht vor hat, großartig zu erklären. Da ist kein Indianerfriedhof unter der Erde, wenn das Grabensystem Berge von Leichen auskotzt. Er läßt den Zuschauer mit seinen Empfindungen vor der Mattscheibe sitzten und gibt in puncto Beklemmung noch tüchtig Hausaufgaben auf.
Das andere ist die hervorragende Umsetzung des Grabenkampfes und der seelischen Verwahrlosung der Menschen in einer absolut perspektivlosen, surrealen Welt des Todes. Schon der Start, das schlichte Laufen des britschen Trupps durch eine Mischung aus Leichen und Schlamm ist genial. Da wird nur leise geflucht, wenn man in einen verfaulenden Kadaver tritt. Und dann der Rückfall in mittelalterliche Waffentechnik - topp und leider sehr realitätsnah.
Die technische Umsetzung des Filmes ist sehr gelungen, so dass dieser Film allen Liebhabern von Schmutz, Blut und Tod wärmstens empfohlen werden kann. Auch alle die, die ein anderes, realistischeres Bild des 1. WK erleben wollen, als es beim "Blauen Max" vermittelt wird, werden an "Deathwatch" ihren Spaß haben. Der Film hätte durchaus 10 Punkte verdient. Durch die unnötige Moralkomponente (warum soll eine deratige Falle überhaupt einen rauslassen?) werden es aber dann doch besser 9 von 10 Punkten.