Hätte nicht der Bahnhofsvideoshop dieses Angebot "nimm 3, zahl 2" gehabt, wäre mir "Deathwatch" nie in die Finger geraten, was eigentlich schade gewesen wäre, denn hier handelt es sich um einen sehr stimmungsvollen "übernatürlichen Kriegsfilm", der ausgezeichnetes Futter für verregnete Samstagnachmittage ist.
Meine Genrerfindung soll das Dilemma andeuten, das der Film durch sein Nichtpassen in andere Schubladen darstellt. Wer einen reißenden Horrorkracher erwartet, wird angewidert sein, wer ein realistisches Kriegsdrama erwartet, lachen. Die Parallelen zu "The Bunker" sind ja bereits angesprochen worden und es ist tatsächlich frappant, wie sich die beiden Werke ähneln (und noch an einen weiteren Film erinnert der Plot, nämlich Walter Hills "Southern Comfort", dt. "Die Letzten Amerikaner"), doch ich führe das nicht auf das sonst übliche Ausschlachten eines Themenkomplexes zurück, sondern auf die Tradition, die derlei unheimlich-übersinnliche Geschichten aus Kriegen insbesondere im Geistergeschichten liebenden England haben.
Speziell der erste Weltkrieg mit seiner Implikation einer sterbenden Epoche, seiner langen Dauer und der merkwürdigen Mischung aus Archaismen (die Soldaten trugen z. T. Kettenhemden und Schwerter) und neuer Technologie (der Tank Mk. 1), nicht zuletzt auch den enorm vielen Menschenleben, gerade extrem junger Rekruten im Alter von 16-18, die er gekostet hat, scheint die Phantasie verstärkt anzuregen. Die Entwicklung der Kurzgeschichte des englischen Schriftstellers Arthur Machen "The Bowmen" über eine (von ihm erfundene) Legende, dass bei der für die Briten vernichtenden Schlacht um Mons plötzlich Bogenschützen aus dem Mittelalter den Briten gegen die "Hunnen" zur Seite standen, zu einer tatsächlichen "Legende" in der britischen Bevölkerung zu dieser Zeit, sei hier als zeitlich passendes Beispiel erwähnt.
Diese Art der Geistergeschichte hatte aber immer einen patriotischen und/oder moralischen Kern, die Erscheinungen waren meist nicht nur böse oder nur zu denen, die es verdienen, so lässt sich auch das Ende von "Deathwatch" mühelos in diese alte, fast vergessene Genre des Phantastischen einfügen. Dass das so überhaupt nicht zu Zeitgeist passt, macht es nur noch sympathischer.
"Deathwatch" ist seinem Kameraden "The Bunker" tatsächlich in schauspielerischer Hinsicht überlegen, aber auch die Atmosphäre ist extrem authentisch, der Schlamm, der Regen, der Nebel - die Witterung allein hätte schon Gruselpotential genug. Auch die Ausstattung ist - obwohl sich die Filmemacher nicht sklavisch an historische Authentizität klammerten - sehr gut gelungen und vollzieht auch die bereits erwähnte Melange aus vormoderner Kriegsführung und neuen Errungenschaften nach. Auch die Effekte sind nicht schlecht gemacht und Eingedenk des Budgets kracht es manchmal ganz gewaltig, auch wenn der Hauptteil des Films Atmosphäre ist. Dadurch eignet er sich aber gut zum Wiederholten ansehen und zu diesem sei "Deathwatch" auch auf's Wärmste empfohlen!