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Mit einem Budget von 50 Millionen Dollar einen rund zweieinhalb Stunden langen Kriegsfilm zu machen, das ist für Michael-Bay-Verhältnisse fast schon bescheiden, wobei „13 Hours: The Secret Soldiers of Benghazi“ sich der Attacke auf die US-Botschaft im Jahre 2012 annimmt.
Basierend auf Mitchell Zuckoffs Tatsachenbuch „13 Hours: The Inside Account of What Really Happend in Benghazi“ geht es um eine Gruppe von privaten Sicherheitsleuten, welche einen CIA-Komplex in der Nähe der US-Botschaft in Bengasi bewachen. Früher als Marines oder Army Ranger bei der Kampftruppe, danach mit gemischten Resultaten ins Zivilleben entlassen, wie ein Dialog zwischen Neuankömmling Jack Silva (John Krasinski) und seinem alten Kumpel Tyrone ‘Rone‘ Woods (James Badge Dale) zeigt. Alle sind sie wieder ins Kriegsgebiet gegangen, weil sie anscheinend unzufrieden mit dem Leben als Durchschnittsbürger waren, mit teilweise schwach bezahlten Jobs und teilweise erfolglosen Unternehmungen.
Jack, Tyrone, Kris ‘Tanto‘ Paronto (Pablo Schreiber), Dave ‘Boon‘ Benton (David Denman), John ‘Tig‘ Tiegen (Dominic Fumusa) und Mark ‘Oz‘ Geist (Max Martini) sind der CIA zugeteilt, die Waffen aufkauft, von denen sie nicht will, dass sie anderen Parteien in die Hände fallen. Sie sind als Fahrer und Bodyguards bei Unternehmungen dabei, die manchmal kurzfristig das Terrain von Tom Clancy und „Homeland“ streifen – tatsächlich erinnert CIA-Agentin Sona Jillani (Alexia Barlier) ein wenig an Carrie Mathison, doch werden diese Erzählstränge kaum aufgenommen und bleiben in erster Linie Deko, die Einblicke in die Arbeit der Sicherheitsleute bringen soll.

Als der amerikanische Botschafter Chris Stevens (Matt Letscher) nach Bengasi kommt, wird es brenzlig, da er nur wenig und kaum ausgebildetes Sicherheitspersonal bei sich hat. Ausgerechnet am Jahrestag von 9/11 kommt es zum folgenschweren Angriff auf die Botschaft…
Es war die Frage, wie sich Michael Bay dieser Geschichte annehmen würde, die mit viel Emotionen und politischen Nachspielen verbunden war. Bay entscheidet sich für den Weg geistiger Vorbilder wie „Lone Survivor“ und begibt sich in die Froschperspektive seiner Hauptfiguren, blendet den größeren Kontext aus. „13 Hours“ will vor allem Eindrücke vermitteln, das Empfinden der Sicherheitsleute darstellen, wobei Bay und sein Drehbuchautor Chuck Hogan einen Schritt in Richtung von reinem Actionkino macht und die Charakterzeichnung in die Tradition des Genres stellen: Auf der einen Seite sind die hemdsärmeligen Helden der Arbeiterklasse, die vor allem durch Kampferfahrung glänzen, auf der anderen Seite CIA-Abteilungsleiter Bob (David Costabile) als überheblichen Bürokraten im Dauerclinch mit seinen Untergebenen, welche die Situation besser einschätzen als er. Letzteres wurde dem Film als anti-intellektuelle Haltung ausgelegt, was aber nicht ganz zu der positiven Zeichnung des Botschafters als erfahrenem, weltoffenem Politiker passt.

So steht der CIA-Abteilungsleiter in der Tradition von unfähigen Vorgesetzten und Bürokraten aus dem Actionfilm und vielleicht hätte es Bays Film gut getan, hätte er ihn als rein fiktionale „Assault on Precinct 13“-Variante in einem Kriegsgebiet inszeniert. Denn ganz kann Bay hier nicht aus seiner Haut, präsentiert eine Szene, in der eine US-Flagge in Fetzen geschossen wird, und endet den Film schließlich mit einer Einstellung jener zerschossenen, in einem Pool treibenden Fahne. Dabei versucht Bay an anderer Stelle reifer, nüchterner und nuancierter an den Stoff heranzugehen, als man es von ihm erwartet, etwa wenn am Ende der Kampfhandlung lybische Frauen und Kinder auf das Schlachtfeld um den CIA-Komplex eilen und ihre Toten beweinen, ähnlich wie die Amerikaner angesichts der Verluste in den eigenen Reihen trauern, was bei Bay natürlich als Raum für recht pathetisches Männer-Melodrama genutzt wird.
Durch die historischen Tatsachen ist klar, dass es den Botschafter und drei weitere Amerikaner ihr Leben lassen müssen, deren Identität den meisten Zuschauern nicht bekannt sein dürfte, weshalb das starfreie Casting die Frage offen lässt, wer von den Soldaten nun überleben wird. John Krasinski, James Badge Dale, Pablo Schreiber, David Denman, Dominic Fumusa und Max Martini verkörpern ähnliche, muskulöse und bärtige Archetypen, können diese aber im Rahmen der begrenzten Charakterzeichnung des Films mit erfreulich viel Leben füllen, wobei vor allem Schreiber und Fumusa einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Der Rest der Schauspieler bleibt ähnlich wie die sechs Darsteller der Sicherheitstruppe auf seine Funktion in der Geschichte reduziert, spielt Archetypen vom begrenzt kompetenten Personenschützer bis zum sympathischen Botschafter, muss sich jedoch klar der Inszenierung unterordnen.

Denn die bildgewaltige Attacke auf die Botschaft und den CIA-Komplex sind der Hauptfokus von „13 Hours“. Im Gegensatz zum erkennbaren Vorbild „Black Hawk Down“ setzt Michael Bay weniger auf eine Mittendrin-statt-nur-dabei-Ästhetik, sondern bevorzugt längere Einstellungen, komplexere Kamerafahrten (etwa aus Richtung des CIA-Komplexes durch die Reihen der Angreifer) und übersichtlichere Actiontableaus. Seinem Stil bleibt Bay treu, etwa wenn die Kamera einer einschlagenden Mörsergranate folgt, doch seine Hochglanzoptik ist hier etwas dreckiger als sonst, filmt die Verwundungen der Kontrahenten durchaus realistisch, aber nie zu lange draufhaltend ab. Es ist ein schmaler Grat zwischen Kriegssetting, entsprechendem Realismus in der Gewaltdarstellung und gleichzeitiger Inszenierung als packende Action, den Bay hier beschreitet, aber das auf ziemlich sichere Art. Das mag das komplexe, vor allem politische Drumherum des Angriffs auf die Botschaft ignorieren, bietet aber starke Action, die sich eben dem Blickwinkel der beteiligten Sicherheitskräfte verschreibt.
Dementsprechend bildet „13 Hours“ auch das Chaos der Kampfhandlungen ab: Aufgrund fehlender Uniformen auf libyscher Seite können die Soldaten nie so richtig zwischen einheimischen Verbündeten und Gegnern unterscheiden, müssen sich in Situationen begeben, in denen sie sich nicht sicher sind, ob die Libyer, denen sie gleich entgegentreten, ihnen wohlgesonnen sind. Mit Ausnahme eines einheimischen Übersetzers werden die Libyer daher auch wenig charakterisiert, was allerdings nicht unbedingt Schwäche des Films, sondern eher Resultat seiner Perspektive ist.

Insofern ist „13 Hours“ keine dokumentarische oder politische Aufarbeitung des Vorfalls, eher ein nach realen Begebenheiten inszenierter Kriegsactionfilm, der sich immerhin dramaturgisch den Tatsachen verschreibt und beispielsweise auf die Mörserattacke der Angreifer auf das Gelände nicht noch einen fiktiven Showdown folgen lässt. Dementsprechend folgt auch die Figurenzeichnung eher den Gesetzmäßigkeiten des Actionfilms – als entsprechendes, bleihaltiges Leinwandspektakel ist Bays Film aber ziemlich sehenswert, zumal der Regisseur sich in vielen, wenn auch nicht allen Belangen zurücknimmt und einen seiner reiferen Filme abliefert. 7,5 Punkte.

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