Review

Von Kelly Reichardts Certain Women wurde ich enttäuscht. Der Episodenfilm, in dessen Zentrum vier Frauen im Hinterland des US-Staates Montana stehen, bleibt im Fragmentarischen stecken und entlässt einen unbefriedigt.

Ich erwarte von einem Film, dass er mir etwas erzählt, dass er mich teilhaben lässt am Schicksal seiner Charaktere. Kelly Reichardt beginnt zwar zu erzählen, drei Mal (je ein Mal pro Episode), bricht aber immer wieder ab und lässt einen jedes Mal mit offenen Enden allein. „Den Rest könnt ihr euch selber denken“, scheint sie zu sagen. Was ist das für eine Erzählerin, die das Publikum auf halber Strecke sitzen lässt? Dahinter steckt die verbreitete Unsitte mancher pädagogisch angehauchter Filmemacher, das Publikum erziehen zu wollen: Konsumieren ist pfui!
Das ist von mir aus legitim, nur sollte man das vorher ankündigen, wenn man Leute wie mich, die gerne etwas erzählt bekommen, nicht verprellen will: „Achtung – diesen Film muss man sich selbst zu Ende erzählen!“

Frau Reichardts Figuren sind kaum fassbar, sie sind skizzenhaft, undefiniert. Man mag sich deshalb gar nicht richtig auf sie einlassen. Sie sind einem nach kurzer Zeit einfach egal.
Ich erwarte von einem Film das Gegenteil! Ich will mich einlassen auf die Figuren und deren Geschichte. Das kann ich aber nur, wenn jemand interessant und glaubhaft erzählt. Beides gelingt Kelly Reichardt in diesem Film nicht. Die Erzählungen beginnen jeweils interessant, verlieren sich dann aber im Nirwana der „Interpretation“: Man muss raten, weshalb die Figuren nun so und so handeln. Auf welcher Seite sie stehen. Was ihre Motivationen sind. Sowas kann durchaus interessant sein – wenn der Filmemacher das Talent besitzt, trotzdem Spannung zu erzeugen. Hier wirkt es nur öde.
Es entsteht der Eindruck, Frau Reichardt habe selbst keine Lust, sich auf ihre Geschichten einzulassen.

Die erste Episode dreht sich um eine Anwältin, die von einem bedürftigen Mandanten bedrängt wird. Die zweite von einer zerrütteten Familie, die in der Wildnis ein Haus bauen will. Und die letzte von einer Anwältin, die in einem gottverlassenen Kaff Vorlesungen über Schulrecht hält und dort eine Bewundererin findet.

Der Filmplakat gibt übrigens einen perfekten Eindruck des Films: Nebelhaft, problembeladen, depro. Die Filmmusik (Jeff Grace) ist praktisch nicht vorhanden. Erst gegen Schluss des Film wabern ein paar liegende Akkorde im Hintergrund.

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