Da Daniel Haller 1965 mit Die, Monster, Die! aka Das Grauen auf Schloss Witley einen relativ anständigen Gruselfilm, basierend auf H.P. Lovecrafts Geschichte Die Farbe aus dem All abgeliefert hatte, entschloss er sich 5 Jahre später zu einer weiteren Adaption. Diesmal entschied er sich für Das Grauen von Dunwich und drehte darauf basierend The Dunwich Horror (1970) bei uns auch als Voodoo Child bekannt. Wie auch beim ersten hat er sich hier ein paar Freiheiten an der Geschichte genommen und einiges umgeschrieben. Während dies in Die, Monster, Die! noch akzeptabel war, da immerhin noch ein solides Gesamtwerk entstanden ist, war dies hier eher ein Griff ins Klo.
Ich habe den Film zum ersten Mal mit 13 oder 14 Jahren gesehen. Damals war es das erste lovecraft-basierte Werk, dass ich je gesehen habe und war durchgehen gelangweilt. Ständig fragte ich mich, wann denn endlich etwas passieren würde. Der Film zog sich ewig, obwohl er gerade einmal 84 Minuten dauert. Erst in der letzten 15 Minuten fängt die "Action" an. Aber kommen wir lieber erstmal zum Anfang. Wilbur Whateley will sich in der Bibliothek der Miskatonic Universität das Necronomicon ausleihen. Dr. Armitage verweigert ihm das. Als Wilbur aber von seiner Familie erzählt gehen die beiden mit den Studentinen Nancy und Elisabeth essen. Am Ende fährt Nancy Wilbur zurück nach Dunwich, da er den letzten Bus verpasst hat. Er lädt sie ein auf eine Tasse Tee, sabotiert ihr Auto und mischt ihr eine Art hypnoaktive Droge in den Tee um sie zu unter seine Kontrolle zu bringen. Und damit fängt der Ärger auch schon an. Der Film hat niemanden, der den Zuschauer durch die Handlung trägt; mit dem man mitfiebern kann. Nancy ist nach den ersten 20 Minuten (gefühlt) hypnotisiert und nicht wirklich sie selbst und vorher hat man sie auch nicht gut genug kennen gelernt. Wilbur ist als Figur einfach nicht interessant genug. Mir währe ehrlich gesagt niemand eingefallen, der ihn noch eintöniger hätte spielen können, als Dean Stockwell, der wirkt, als würde er normalerweise Pornos drehen und hätte hier keine Ahnung, was er mit einem Script und Klamotten anfangen soll. Ne, ganz ehrlich, die einzige Szenen in der er rüberkommt, als wisse er was er tut ist die (nicht gerade zeigefreudige) Sexszene zwischen ihm und der fantasierenden Nancy.
Später kommen Elisabeth und Dr. Armitage hinzu, die nach Nancy suchen, aber auch sie lernt man viel zu wenig kennen, vor allem, da Elisabeth nach 2 Dritteln des Films von etwas getötet wird, dass sich hinter einer verschlossenen Tür in Wilburs Haus befindet. Nebenbei bemerkt: Vorwarnung an dieser Stelle an alle Epileptiker: Diese Szene dreht so unerwartet kunterbund ab, wie man es sonst nur in Drogenfilmen erlebt. Wenn man sie übrigens Bild für Bild durchgeht, wirkt es als hätte jemand die Realverfilmung eines asiatischen Tentakel-Hentais farblich so verfälscht, damit ihn den Pornofilter von YouTube nicht mehr erkennt. Dr. Armitage ist am Ende zwar irgendwie der Held, der Nancy rettet, bevor Wilbur sie opfern kann, um eine alte Rasse wieder zu beleben, aber so wirklich interessant ist sein Charakter auch wieder nicht.
Dann kommen wir zum zweiten großen Problem. Der visuelle Style. Erst in der letzten Szene sehen wir das Monster. Vorher tritt es zwar auf, doch da sehen wir was passiert nur aus seiner Sicht und auch hier immer in kontrastreichen, buntverzerrten Bildern. Diese fast schon psychedelischen Momente machen den Film so unübersehbar zu einem Kind seiner Zeit. Was an sich nichts schlechtes ist. Auf Easy Rider trifft das ebenfalls zu, aber der hat wenigstens einen interessanten Plott und faszinierende Charaktere. Dieser hier nicht. Ich weiß auch nicht, warum so lange ein Geheimnis um das Monster gemacht wird, was nicht heißen soll, dass ich diese Inszenierung schlecht finde, nur ergibt es keinen Sinn, das Aussehen des Monsters so lange geheim zu halten, wenn man es doch gefühlt auf jedem DVD-Cover und Werbeplakat schon sehen kann. Irgendwer hat hier auf jeden Fall Bockmist gebaut. Vermutlich die Leute vom Marketing. Ich kann dem Monster nicht ein gewisses Maß an Kreativität absprechen, aber wozu diente der ganze Aufbau, wenn man es am Ende nur 10 Sekunden zu sehen bekommt? Und das ist kein Witz. Es taucht kurz in einer Rauchwolke auf, bedroht Nancy und wird dann gleich wieder von Dr. Armitage vertrieben.
Dessen Kumpel Dr. Cory steht übrigens die ganze Zeit nur im Hintergrund rum und macht nix. Wahrscheinlich ist er nur zum moralischen Support dabei. Vor allem der "Kampf" zwischen Wilbur und Armitage ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Beide stehen auf einer Treppe und brüllen sich Nonsens entgegen. Wilbur sagt die ganze Zeit Yog-Sototh (eine weitere Göttergestalt aus Lovecrafts Geschichten), was eine andere Frage aufwirft. Wozu brauchte er eigentlich unbedingt das Necronomicon? Im späteren Verlauf des Films hat er es aus der Bibliothek gestohlen, aber selbst danach ist alles was er sagt Yog-Sototh (was er übrigesn Jogsotoss ausspricht). Also wozu das Buch? Genauso lächerlich ist die Geste, bei der er sich die die Fäuste so an den Kopf hält, dass seine Ringe ein zweites Augenpaar bilden sollen. Besonders in der Szene auf der Treppe mit wehendem Umhang sieht er aus, als würde er gleich anfangen mit den Armen zu wackeln und los fliegen.
Der letzte Punkt, der mir sauer aufgestoßen ist, ist die einfach nichts sagende, komplett deplaziert wirkende und unstimmige Musik, von der ich glaube, dass den ganzen Film immer nur ein und derselbe Track gespielt wurde. Ich kann nicht bestreiten, dass Voodoo Child nicht auch seine guten Momente und Ideen hatte. Leider davon aber viel zu wenig und alle erst in den letzten 15-20 Minuten. Der visuelle Style passt zwar überhaupt nicht zu Lovecraft, aber hätte in einem anderen Film mit interessanterer Geschichte und Figuren funktionieren können. Auch wie das Wasser im Fluss zurück fließt war ganz nett, aber solche Momente gab es hier einfach viel zu wenig. Was schade ist. Haller hat mit Die, Monster, Die! gezeigt, dass er in der Lage ist einen stimmigen Gruselfilm zu drehen und auch hier sind Ansätze davon zu erkennen, doch wenn man weißt, dass er in seiner ganzen Karriere gerade einmal für acht Filme verantwortlich war, fragt man sich, ob dieser vielleicht nicht nur ein Zufallstreffer gewesen ist. Nach The Dunwich Horror sollte es jedenfalls 8 Jahre dauern, bis man ihm wieder einen Film anvertraute (Buck Rogers von 1979) und ganze 15 bis sich wieder jemand an die Umsetzung einer Geschichte von Lovecraft trauen sollte (Stuart Gordan 1985 mit Re-Animator) und das ist kein großes Wunder. Immerhin ist er die mit Abstand schlechteste Lovecraftadaption, die mir zu Gesicht gekommen ist und ich habe fast 2 Dutzend davon gesehen. Weil kleine Qualitäten noch zu erkennen sind und die lächerlichen Stellen ihn fast schon wieder unterhaltsam machen: 3 von 10 Punkten.