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Es ist die Prämisse von „Bad Santa" (2003) - nur ohne Weihnachten, Weihnachtsmann, Einbrüchen und Kaufhaus. Der Rest der Story sieht dem asozialen Nikolaus dafür (beinahe) zum Verwechseln ähnlich. Da ist ein Kind, das nach pädagogischer Verantwortung schreit, und da sind zwei Polizisten (Alexander Skarsgård und Michael Peña), die sich überhaupt nicht wie Polizisten, sondern ziemlich daneben benehmen. Sie werden geschmiert, sind korrupt, schnupfen Kokain, malträtieren Verdächtige und sind die meiste Zeit im Dienst betrunken oder verkatert. Ihren Chef stört das zwar selbstredend alles, doch lässt er den beiden eine ziemlich lange Leine - denn tief drinnen sind sie ja widerwillig doch recht dufte Kerle. Polizeiarbeit wird also nicht geleistet, eher stolpert man in den Tag und die Fälle. Bis man auf einen Typen trifft, der gefährlicher ist als der Rest der täglich so achtlos umhergeschubsten Mitmenschen. Und der ist ein englischer Baron (Theo James) - in Albuquerque, New Mexico.

„Dirty Cops" ist eine Buddykomödie, die sich keine Zeit nimmt, ihre Figuren zu erläutern. Man hält sich - ähnlich einer Will Ferrell Klamotte - nicht lange auf mit unmöglichen Erklärungen, sondern bahnt sich, die Plausibilität beiseite schiebend, schnurstracks den Weg in die Gags. Und die zünden - allerdings nur dann, wenn man kein Problem mit Witzeleien unter der Gürtellinie hat und noch dazu einen lockeren Umgangston in Sachen Minderheiten pflegt. Es ist weder salonfähig, womit hier provoziert, noch politisch korrekt, wie hier demontiert wird. Ein kleines bisschen böse muss man schon sein, wenn man „Dirty Cops", der im Original etwas subtiler „War on Everyone" heißt, sein Maß an unverkrampfter Abendunterhaltung abtrotzen möchte.

Hört sich das tadelnswert, abgedroschen oder bedrohlich an? Dann sollte man wirklich und tunlichst Vorsicht walten lassen. Denn die ganze Wahrheit ist, dass John Michael McDonagh („Calvary", 2014) noch viel schlimmer ist. Wenn die zwei Cops, ohne zu zwinkern, ihre Kollegen in der Polizeistation „dreckige Arschlöcher" nennen und ihrem wohlmeinenden Boss, der eines Tages schlicht gezwungen ist, den beiden zu kündigen, als Dankeschön verbal in den Arsch treten mit den in dieser Szene geradezu abstoßenden Worten „Ich konnte Sie nie leiden", dann unternimmt McDonagh einen, bei genauerem Hinsehen, rücksichtlosen Ausflug in den Nihilismus. Was das soll, außer rundum anzuecken, mag der Kuckuck wissen. Es ist beinahe ein wenig pubertär, was sich da an gegenstandsloser Aggression offen abreagieren muss.

Apropos juvenil. Um trotz alledem nicht gänzlich als filmisches Schmuddelkind dazustehen, stattet McDonagh seine weiblichen Hauptfiguren mit einem intellektuellen Faible für das Deklamieren von Prosa aus. Man fühlt sich - gewiss nicht zufällig - ein wenig an den Tarantino der Mitt-90er erinnert, wenn der Love-Interest (Tessa Thompson, „Creed") eines der Buddys - eine Stripperin! - auf dem Schlafzimmerbett aus John Herseys „The Algiers Motel Incident" vorträgt. Ein auf wahren Tatsachen basierender Roman, der den Rassismus der Detroiter Polizei in den 1960ern thematisiert (und übrigens demnächst von Kathryn Bigelow in „Detroit" neben anderem aufgegriffen wird). Schwere Kost - je nach Gusto leichtfüßig, leichtsinnig oder schwachsinnig serviert.

John Michael McDonagh ist nichts heilig. Er legt sich mit jedem an. So sind hier weder bürgerliche Moral, noch links-liberale Werte, noch Loyalität gegenüber dem Staat und seinen Dienern irgendwo zu erkennen. Und zwar weit und breit nicht. Alles wirkt wie mit einem großen Schluck Whiskey betäubt oder einer Line Koks dahingerotzt. Ob man an dieser bitterbösen Komödie seine Freude hat, ist also durchaus fraglich.

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