Review
von Leimbacher-Mario
Edelkitsch, der wirklich berührt
Da zeigt Karoline Herfurth ihren männlichen Alleskönner-Superstar-Kollegen ala Schweiger/Schweighöfer/Verhoeven mal so richtig wo die romantische Harke hängt - und das in ihrem Regiedebüt! "SMS für Dich" hätte eine von vielen mittelprächtigen RomComs werden können, oder sogar eine zusammengeschusterte Kitsch-Katastrophe. Doch der Film unterwandert alle Befürchtungen, Ängste & zu recht aufgebauten Vorurteile gegenüber dem Genre & dem deutschen Film, sodass man gar nicht mehr weiß, wo sein Herz schlägt vor lauter positiver Überraschung. Vielleicht kann dieser wirklich berührende Film sogar die niedrigen Erwartungen nutzen & zu einem der ganz großen Hits des Jahres werden. Qualitativ hätte er es auf jeden Fall verdient, ist er nicht nur auf deutschem Hoheitsgebiet einer der besten romantischen Filme des Jahres. Er kann auch international in jeder Kategorie mithalten & sticht ähnliche Mitbewerber wie "Ein ganzes halbes Jahr" meiner Meinung nach klar aus. Ich sehe hier niemanden unglücklich das Kino verlassen. Wer hätte das gedacht...
Die Geschichte über zwei ziemlich unglückliche Menschen, die sich durch SMS an einen toten Partner kennen- & lieben lernen, folgt zum Großteil typischen Mustern des Liebesfilms, ist vorhersehbar & sicher auch kitschig. Aber er wirkt so ehrlich, unaufgesetzt & mit dem Herz am rechten Fleck, dass man jeden Anflug von Kitsch verzeiht & sogar genießt. Diese Gratwanderung ist schwer, Herfurth schafft sie nahezu perfekt. Einen viel besseren deutschen Liebesfilm muss mir erstmal einer zeigen. Sicher werden einige Klassiker zitiert bzw. sich sogar gut bedient ("Email für Dich", "PS Ich Liebe Dich", "Harry & Sally", "Keinohrhasen"), doch der Film bleibt weitestgehend eigenständig & man genießt jede Minute voller ehrlicher Romantik, ehrlichem Humor & ehrlichen Dialogen. Der Film wirkt einfach realistisch & nie überstilisiert, jede Ecke Berlins & jeder noch so überdrehte Nebencharakter (selbst wenn manche nerven können) wirkt weitestgehend authentisch. Ungewohnt authentisch & schmerzhaft tiefgehend für den sonst oft so steifen, unflexiblen & überstrukturierten deutschen Film. Tut das gut, war das seit langer Zeit mal wieder überfällig!
Die zwei Hauptdarsteller haben eine wundervolle Chemie & ihre Charakter, zum Teil mit wirklich traurigen, ernsten Zügen, kauft man ihnen komplett ab. Selten fieberte man so für ein Happy End mit. Dazu kommen ihre Sidekicks, die Humor & Berliner Schnautze am Fließband liefern, wobei vor allem Frederick Lau zum absoluten Publikumsliebling avanciert. Egal ob ernst wie in "Victoria" oder wirklich witzig wie hier - was für ein Talent ist dieser junge Mann bitte schön?! Manche Nebencharakter wirken etwas comichaft überzogen & ich hätte mich extrem über mehr eigenständige Musik (wie im Gänsehaut-Finale) anstelle von austauschbarem Radio-Pop gefreut, doch insgesamt hat mich der Film ehrlich berührt. Sowohl durch seine Trauer, durch seine Romantik, seine Liebe & sogar seinen Humor. Mehr kann man nicht verlangen, mehr will er gar nicht. Wenn es nur einen Liebesfilm dieses Jahr im Kino sein soll, dann sollte eure Wahl hiermit getroffen sein.
Fazit: einer der besten deutschen Liebesfilme aller Zeiten, der dieses Jahr sogar internationale Konkurrenz alt aussehen lässt. Berührt selbst die härtesten Herzen. Madame Herfurth, Chapeau!