Amy Adams spielt eine Galeristin, die nach Jahren noch einmal Post von ihrem Ex-Mann, gespielt von Jake Gyllenhall, erhält. Der ist Schriftsteller und sendet ihr das Manuskript zu seinem Werk „Nocturnal Animals“, das er ihr gewidmet hat. Darin geht es um einen Mann, ebenfalls von Gyllenhall verkörpert, der nicht verhindern kann, dass Ehefrau und Tochter bei einer nächtlichen Fahrt über den Highway entführt, vergewaltigt und ermordet werden. Mithilfe des zuständigen Sheriffs, gespielt von Michael Shannon, versucht dieser sich an den Mördern zu rächen. Noch schockierender als diese Geschichte voll Blut, Tod und Gewalt, sind für die Leserin jedoch die Bezüge zwischen dieser Fiktion und der gescheiterten Ehe mit dem Verfasser der Zeilen.
Mit dem Drama „A Single Man“ konnte sich der Modedesigner John Ford 2009 einen Namen in der Filmbranche machen und sich gleich mit dem Debüt den Ruf des Autorenfilmers erarbeiten. Gleichwohl ließ sich Ford im Anschluss daran geschlagene 7 Jahre Zeit, um nun mit „Nocturnal Animals“ erneut in Erscheinung zu treten. Basierend auf dem Roman „Tony & Susan“ ging Ford als Autor, Regisseur und Produzent unterstützt von einem namenhaften Cast zu Werke und präsentiert letztlich einen außergewöhnlichen Film, eine Mischung aus Thriller und Melodrama, die in vielerlei Hinsicht nicht so leicht einzuordnen ist.
Das liegt unter anderem daran, dass Ford zwei Geschichten erzählt, die auf den ersten Blick nicht allzu viel gemein haben. Er erzählt einen Film im Film über einen Mann, der nach dem Tod von Frau und Kind auf Rache sinnt und in einem kompromisslosen Gesetzeshüter einen Komplizen findet. In einer atmosphärisch dicht gefilmten und hochspannenden Sequenz auf einem nächtlichen Highway kann er nicht verhindern, dass eine Gruppe Rowdys Frau und Tochter entführt, woraufhin sich die Geschichte - auch aufgrund der vielen Zeitsprünge - ein wenig verliert. Parallel seziert Ford die gescheiterte Ehe zwischen dem Verfasser dieser Geschichte und der Protagonistin, er zeigt, wie sie sich von ihm entfremdet hat wegen seiner empfindsamen und vielleicht auch etwas naiven Art, wie sie ihrer texanischen Mutter immer ähnlicher wurde, obwohl sie das nie wollte. Dass sie ein düsteres Geheimnis mit sich herumträgt, deutet sich früh an und gerade daraus bezieht die reale Geschichte ihre Spannung.
Narrativ und inhaltlich hat sich Ford mit diesen beiden Geschichten, zwischen denen es einige Parallelen gibt, zweifelsohne viel vorgenommen. Insgesamt ist sein Film erzählerisch aber weitgehend gelungen, weil Ford beide Geschichten gekonnt vorantreibt und weil die Zusammenhänge zwischen den Geschichten immer offensichtlicher werden: Es schält sich allmählich heraus, dass der Schriftsteller und sein Alter Ego im Roman das Scheitern der Ehe bzw. den Tod von Frau und Kind auf eigenes Scheitern, auf die eigene Sensibilität und mangelnde Härte zurückführen. Dabei bleiben zwar ein paar Längen nicht aus, weil es doch immer wieder zu kleineren Brüchen kommt und beide Geschichten zum Ende hin etwas an Fahrt verlieren, doch insgesamt ist Ford ein unterhaltsamer Film gelungen, der jedoch allzu nebulös aufgelöst wird. Positiv gewendet könnte man aber auch von einem offenen Ende und Interpretationsspielraum für den Zuschauer sprechen.
An der unterkühlten Machart, die wenig Emotionalität aufkommen lässt, hätte Fords Film bei allen guten Aspekten dennoch durchaus scheitern können, wäre da nicht das großartige Darstellerensemble. Amy Adams, die zuletzt auch in „Arrival“ brillierte, liefert eine hervorragende Vorstellung ab, sowohl als junge, herzliche Studentin, die gegen den Rat der Mutter ihre große Liebe heiratet, aber auch als Frau mittleren Alters, die sich aufgrund der schmerzvollen Erinnerungen im Roman ihres Ex-Mannes verliert. Die Leistung von Jake Gyllenhaal, der gleich zwei verschiedene Charaktere verkörpert, steht der von Adams in nichts nach. Aaron Taylor-Johnson, bekannt wegen seiner titelgebenden Rolle als „Kick-Ass“, zeigt daneben die bisher beste Darstellung seiner noch jungen Karriere. Er verkörpert den gleichermaßen schrägen wie skrupellosen Rowdy ausgezeichnet, ihn umgibt in dieser Rolle regelrecht eine Aura aus Gefahr und Antipathie. Daneben gibt Michael Shannon mit all seinem Charisma, wie auch in der TV-Serie „Boardwalk Empire“, den kompromisslosen Ermittler. In Nebenrollen sind mit Isla Fisher, Armie Hammer, Laura Linney und Michael Sheen einige weitere prominente Gesichter zu sehen.
Fazit:
Tom Ford erzählt in „Nocturnal Animals“ zwei Filme auf einmal, deren Parallelen sich erst nach und nach ergeben. Dank der tiefgründigen und düsteren Konstruktion, der vor allem am Anfang sehr spannenden Erzählweise und der großartigen Darsteller ist ihm ein sehenswerter Film gelungen, der vielleicht ein paar kleinere Längen und Brüche zu viel enthält und zum Ende hin ein wenig abbaut.
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