Review
von Alex Kiensch
Mit dem 20. Bond-Abenteuer (immer den inoffiziellen "Sag niemals nie" ausgenommen) feierte Pierce Brosnan als fünfter Agenten-Darsteller ein in der Filmgeschichte äußerst seltenes Jubiläum - und bereitete sich selbst einen würdigen Abgang als 007.
Dem von dem neuseeländischen Regisseur Lee Tamahori gedrehten Action-Thriller gelingt dabei ein perfekter Spagat zwischen Aufrechterhaltung klassischer Bond-Muster und moderner, visuell beeindruckender und auch inhaltlich mitunter gebrochener Inszenierung. So muss Bond hier erstmals ernsthaft einstecken, wenn er gleich zu Beginn des Films über ein Jahr in nordkoreanischer Geiselhaft leidet und nach seiner Befreiung von den eigenen Vorgesetzten fallen gelassen wird. Einen so verletzten und wütenden James Bond hatte es bis dato nicht gegeben - in gewisser Hinsicht ist "Stirb an einem anderen Tag" schon eine kleine Brücke hin zu den neuesten Daniel Craig-Bonds, die dann ja endgültig und radikal mit typischen Bond-Klischees aufräumten.
Im Gegensatz dazu werden diese hier aber noch genüsslich ausgewälzt. Ob es die attraktiven Frauen sind (in diesem Fall Halle Berry und Rosamund Pike), die Bond ohne große Probleme um den Finger wickelt, die technischen Gadgets, von denen mancher Science-Fiction-Autor träumen mag, oder die Bösewichter, deren oberstes Ziel die Weltherrschaft ist - altbekannte Muster und Inhalte werden hier unterhaltsam und temporeich zusammen gemixt, inklusive schöner Andeutungen auf ältere Verfilmungen. Das geht dann freilich nicht ohne platte bis unfreiwillig komische Dialoge, allerhand Klischees und unrealistische Szenen ab. Aber etwas anderes kennt man von James Bond ja auch nicht.
Und außerdem geht es hier ja nicht um ausgefeilte Charaktere oder stimmige Storys, sondern um Unterhaltung. Und die ist jedem Action-Fan gewiss: Heftige Schießereien, furiose Verfolgungsjagden und riesige Explosionen bieten reichlich Zerstörungsfutter fürs Auge. Das alles ist technisch auf höchstem Niveau inszeniert, in rasantem, allerdings nicht überforderndem Tempo geschnitten und mit einem heißen Soundtrack unterlegt. Allein Madonnas treibend rhythmischer Titel-Song dürfte einer der besten Bond-Songs aller Zeiten sein. Und wenn mal gerade keine atemberaubenden Kämpfe anstehen, taucht Halle Berry in Zeitlupe und im sexy Bikini aus den karibischen Fluten auf - eine wunderbare Reminiszenz an Ursula Andress aus dem allerersten Bond-Film "James Bond jagt Dr. No". Nennenswerte Pausen, geschweige denn Langeweile, kommen hier also nie auf.
Wenn man mitunter fehlender Glaubwürdigkeit, dünn gezeichneten Figuren und einer teils vorhersehbaren Handlung verzeihen kann, bietet auch James Bond Nummer 20 beste Mainstream-Unterhaltung. Krachende Action, spannende Kämpfe und punktuell auflockernder Humor zeigen, dass Drehbuchautoren und Regisseur ihr Handwerk verstehen. Dass das Ergebnis nicht tiefgründig ist, versteht sich beinahe von selbst. Immerhin: Von der mitunter rassistischen westlichen Überlegenheitshaltung, die in einigen der alten Sean Connery-Bonds noch sauer aufstoßen ließ, ist man hier schon meilenweit entfernt. Auch wenn die Filme mit Daniel Craig noch eine neue Niveau-Stufe erklommen, kann man auch Brosnans vierten und letzten Einsatz als gelungenen und modernen Vertreter der Agenten-Action bezeichnen. Beste Unterhaltung ohne große Beschwerden garantiert.