Review

Cooler Sauhaufen

Antoine Fuqua halte ich für äußerst begabt, selbst wenn er bisher nie wieder in "Training Day"-Regionen vorstoßen konnte. Und trotzdem kamen mir Gift & Galle hoch, als ich das erste Mal den Trailer zum Remake des Remake von "Die Glorreichen Sieben" sah. Die US-Version aus den 60ern ist einer der besten Western aller Zeiten mit einem unschlagbaren Cast. Und vom Kurasawa-Jahrhundertfilm will ich gar nicht erst das Schwärmen beginnen. Warum muss man da nun noch eine Version nachschieben? Reichen diese zwei Meilensteine & etliche Quasi-Verwurstelungen in allen Bereichen der Popkultur über das letzte halbe Jahrhundert nicht? Es geht zwar noch unnötiger (s. der neue "Ben Hur"), doch ich brauchte von der Bande Outlaws, die eine tyrannisierte Kleinstadt im wilden Westen befreien, keine Neuverfilmung. Ich sah einfach keinen Sinn & Ansatzpunkt, Neues an den schon perfekt gedeckten Siebener-Tisch zu bringen. Umso erfreuter war ich, dass der neue "Magnificent Seven" ein guter, spassiger Popcorn-Film ist. Etwas flach & sehr stromlinienförmig, doch ebenso hübsch & grandios besetzt. Er leidet zwar in abgespeckter Version am "Jurassic World"-Syndrom (dummer, größer, lauter, glatter), doch er hat mir zwei Stunden Eyecandy & Spaß bereitet - viel mehr wollte & konnte ich nicht erwarten.

Wenn "Sieben Samurai" eine 10 ist, "Die Glorreichen Sieben" von Sturges eine 9, dann ist der neue Fuqua-Knaller eine 7. Ich hatte wirklich Schlimmeres erwartet. Gerade in einem Sommer voller Enttäuschungen & Katastrophen im Blockbuster-Segment, ist dieses Septett (?) eine Bereicherung. Positive Überraschungen sind noch immer die schönsten. Fuqua schafft hier nicht nur zum Teil atemberaubende, überstilisierte Bilder & bleihaltige Shoot-Outs & Stand Offs, die den Body Count in Rambo-artige Höhen treiben. Er trommelt vor allem ein Team zusammen, dass mit jeder Pore spürbar Bock auf diesen legendären Stoff hat & perfekt harmoniert. Da kann sich die Suicide Squad eine fette Scheibe abschneiden. Jeder der Sieben Sam... äh Outlaws, scheint auf seine Weise & die neue Multi-Kulti-Ausrichtung wirkt modern & kriegt einen dicken Daumen hoch. Das Team ist hier der Star & jeder der Helden ist sein Geld mehr als wert. Die Zusammenführung des Training Day-Teams mit dem extrem coolen Denzel Washington & dem charismatischen Ethan Hawke, ist da nur die Spitze des Eisbergs. Mein Highlight war Vincent D'Onofrio als genialer, hoch gepitchter Trapper, der jede Szene stahl. Doch auch Chris Pratt ist cool wie immer, selbst wenn er teilweise etwas zu sehr Chris Pratt ist & damit ein Fremdkörper. Ein cooler, (zu) moderner, Massen anziehender & befriedigender Fremdkörper, aber immer noch ein Fremdkörper.  Doch auch der Korean-Superstar oder der junge Indianer im Team werden zu recht ihre Fans finden. 

Weitere Sahnehäubchen sind ein episches Finale auf das sich das Warten lohnt & der letzte Score von James Horner, der teilweise Gänsehaut beschert. Dinge, die den Legendenstatus dann doch recht eindeutig verhindern, finden sich jedoch leider ebenso schnell wie die positiven Schauwerte. Der Haupt-Bösewicht zum Beispiel, war für mich nicht nur blass, sondern oft sogar lächerlich overactet. Dass der Film sich nicht immer ganz ernst nimmt, ist toll & ein Muss heutzutage bei Western. Doch dann muss man ja nicht gleich in "Wild Wild West"- oder Parodie-Gefilde abrutschen. Das war eindeutig zu viel des Guten. Vieles sollte wohl als Hommage durchgehen, wirkte jedoch eher unbeholfen & peinlich. Doch das ärgerlichste sind wohl die Charakterisierungen der sieben coolen Antihelden - in zwei Stunden werden die kultigen Sprüche nur von der Anzahl an verschossenen Kugeln & Explosionen übertroffen, doch man schafft es trotzdem nicht wirklich Mitgefühl oder Verbundenheit zu der Rasselbande aufzubauen. Großes Maul, aber sehr wenig dahinter. Wer kein allzu tiefschürfendes Western-Epos sucht, sondern leichte Popcorn-Unterhaltung zum Abschalten & Vergessen, der findet diesen Sommer jedoch kaum Besseres.  

Fazit: schicke & spaßige Neuinterpretation, erst recht wenn man nicht zu sehr mit den Vorlagen vergleicht. Der All-Star-Cast & eine feine Optik retten einen oft flachen Western-Blockbuster cool & lässig. What a Team!

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