Actionfreunde, Obacht! Denn Antoine Fuqua, der Verantwortliche für „Shooter" (2007), „Olympus Has Fallen" (2013) und „The Equalizer" (2015), (er)schafft derzeit im Teamwork mit Denzel Washington - und das zum inzwischen dritten Mal. Diese Tatsache mag für den armen Teufel vom Lexikon des Internationalen Films eine Hiobsbotschaft sein, für die frohgemute Krachfilmliga allerdings wird es spannend. Denn nach dem etwas überschätzten Oscar-Preisträger „Training Day" (2001) und dem unschätzbaren „The Equalizer", gilt es nun einzuschätzen, wohin diesmal die Zusammenarbeit führt. Auf jeden Fall jedenfalls in ein wiederaufgeführtes Inferno aus Dynamit, Feuer und Blei.
Die aktuellen „Die Glorreichen Sieben" sind, wie jeder weiß, ein Remake eines Remakes und damit beinahe schon Repertoire-Theater. 1954 inszenierte der Japaner Akira Kurosawa den bahnbrechenden „Die Sieben Samurai" und schrieb damit nicht nur in seiner Heimat Filmgeschichte. Nur sechs Jahre später nahm sich John Sturges („Der Adler ist gelandet", 1976) des Stoffes an und übertrug die Geschichte um sieben Profis, die ohne Lohn für eine aussichtslose und zudem fremde Sache fechten, in den amerikanischen Westen. Und wieder entstand ein Meilenstein, der noch heute, nach beinahe 60 Jahren, nicht nur jedem Filmkundigen ein Begriff sein sollte, sondern zur gut sortierten Allgemeinbildung gehört. Ein paar minderqualitative Sequels folgten, doch fiel das erfolgreiche Szenario bald in einen Dornröschenschlaf, der, ein halbes Jahrhundert später, zwangsläufig vom derzeitigen Reboot- und Remake-Wahn der pazifischen Traumfabrik gestört werden musste.
Einst war da ein schwarz gekleideter Pistolero, der einem toten Indianer zu seinem Recht verhalf, indem er den von einer Handvoll Rassisten versperrten Weg zur letzten Ruhestätte freischoss. Auch heute ist der Held schwarz. Sogar im Gesicht. Der farbige Regisseur „Antoine Fuqua" versammelt nämlich eine Multi-Kulti-Truppe, deren Reihen von ehemaligen Konföderierten und Schwarzen, von Indianern, Asiaten und Mexikanern geschlossen werden. So wird die aufgeklärte Grundstimmung des Vorbilds auf den Spätsommerhit des Jahres 2016 übertragen und inhaltlich sogar ausgebaut. Fuqua gelingt es dabei, in einem flapsig-charmanten Ton, das unschöne Thema Rassismus humorvoll aufzuarbeiten und ohne Zeigefinger oder Tarantinosche Wutanfälle für ein Miteinander zu werben, das sich nicht für Hautfarben interessiert, sondern von der Erkenntnis dringend gebotener Zusammenarbeit geprägt ist. Es gilt, den eiskalten Kapitalisten Bogue (Peter Sarsgaard) in die Schranken zu weisen und das widerrechtlich seinem Großgrundbesitz zugeschlagene Örtchen Rose Creek vor ihm zu retten. Und da das Problem in der Welt, so heißt es zumindest, nicht die Stärke des Bösen, sondern immer die Schwäche des Guten ist, findet man wohl begründet zueinander.
Durch wunderschöne, gekonnt inszenierte Landschaft, reitet eine (neue) Truppe verwegener Männer mit latenter Todessehnsucht ihrem Schicksal entgegen. Dabei trifft klassischer Western auf modernen Actionfilm. Nicht jedoch, ohne dass man sich die Freiheit herausnimmt, bei den Vorgängern zu klauen. Vom Duell „Colt versus Messer" bis zu einigen, wenigen übernommenen Aperçus reicht die Bewunderung Fuquas für Sturges Meisterwerk. Das muss übrigens nicht unbedingt sympathisch sein, denn als Filmroutinier hätte man, neben der ohnehin schon kopierten Prämisse, gern möglichst viel Neues serviert. Doch dazu zählt mit Sicherheit nicht der zur Genüge bemühte Topos eines Helden, der den Spitzbuben bereits aus einer früheren Begegnung kennt und sozusagen zufällig nun eine alte Rechnung begleicht. Und auch nicht die deutlich zu erkennenden narrativen Patzer, die die Motivation einiger Beteiligter verschleiern und es schlicht nicht plausibel erscheinen lassen, warum einige der letztlich für lau arbeitenden Fachmänner überhaupt auf diesen Trip gehen. Immerhin gäbe es Schöneres.
Doch bei aller berechtigten Kritik überwiegt der enorme Spaßfaktor, der dem Gewaltfilm-affinen Kinogänger auch hier wieder Freude bereiten dürfte. Es plätschert nie und leerläuft gar nicht. Zwar nimmt sich Fuqua eingangs etwas Zeit, einige Ausgewählte seiner Truppe einzuführen, doch schleicht sich dabei keine Langeweile ein. Chris Pratt, Ethan Hawke, Peter Sarsgaard, Vincent D'Onofrio, Vinnie Jones und Denzel Washington sorgen mit sichtbarem Spaß an der Sache für kurzweilige Unterhaltung und mit voranschreitender Spielzeit immer gelungeneres Kampfgetümmel. Der etwas über eine halbe Stunde dauernde Entscheidungskampf bietet dann so ziemlich alles auf, was der Genrefilm zu bieten hat: Zerrissene Pferde und Reiter wie in „Mein Name ist Nobody" (1973), ein Maschinengewehr ein bisschen wie in „Django" (1966) und fernöstlicher Kampfsport. Dazu ein Berg Toter.
Yul Brynners lässig-überlegener Habitus in Kombination mit seinem sonderbar dunklen Outfit war 1960 geradezu ikonisch. Und auch wenn das von ihm verewigte Bild eines Revolverhelden - das für den Science-Fiction Film „Westworld" 1973 reaktiviert wurde - auf seine Weise unübertroffen elegant bleibt, so gelingt es Denzel Washington erwartungsgemäß, seine Rolle und damit die Fußstapfen Brynners auszufüllen. Antoine Fuquas „Die Glorreichen Sieben" lässt zwar ein wenig die makellose Inszenierung des Vorbilds vermissen, doch er gibt sich alle Mühe, dem Genrefreund das zu geben, was der sich wünscht. Insgesamt eine kernige Angelegenheit, und keine Mogelpackung, und kein Meilenstein.