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Feuer, Öl und Heldenmut

Deepwater Horizon ist die zweite Kollaboration zwischen Regisseur Peter Berg und Schauspieler Mark Wahlberg im Jahr 2016. Nach dem dokumentarisch-nüchternen Terror-Thriller Boston tauchen die beiden diesmal in die Flammenhölle einer explodierenden Bohrinsel ein. Wieder ein Film, der auf wahren Ereignissen beruht – doch während Boston mit fast chirurgischer Präzision die Jagd nach Attentätern rekonstruierte, setzt Deepwater Horizon auf das große Katastrophenkino. Hier wird nicht geflüstert, hier wird gekracht. Und wie es kracht!

Von der Bohrinsel direkt ins Inferno

Die Geschichte basiert, wie schon bei Boston, auf wahren Ereignissen. Diesmal ist es die berüchtigte Explosion der Ölbohrplattform Deepwater Horizon im Jahr 2010, die nicht nur elf Menschenleben forderte, sondern auch eine der größten Umweltkatastrophen in der Geschichte der USA auslöste. Das Drehbuch schafft es, die technische Komplexität des Ölgeschäfts so zu vereinfachen, dass man als Zuschauer noch mitkommt, ohne das Gefühl zu haben, in einer Schulstunde für Bohrtechnik zu sitzen. Gleichzeitig wird die Story klar auf das Wesentliche zugespitzt: Überleben. Das ist der rote Faden, und er spannt sich wie ein Drahtseil durch den Film. Es gibt keine langen Umwege, keine Nebenplots, die sich in Liebesgeschichten oder belanglosen Konflikten verlieren. Deepwater Horizon ist straff, zielgerichtet, kompromisslos.

Von Beginn an baut Berg eine subtile Spannung auf. Es knistert, brodelt, zischt – und das ist nicht nur das Öl. Der Film schafft es, die Bedrohung fast körperlich spürbar zu machen. Wenn die Katastrophe erst einmal losbricht, gibt es kein Halten mehr. Es donnert, kracht, brennt und explodiert an allen Ecken und Enden. Feuerbälle, Funken fliegen, berstendes Metall, Ölfontänen schießen in die Luft – das volle Katastrophenarsenal. Der Film steigert sich kontinuierlich bis zum actiongeladenen Finale. Und doch bleibt es nie Selbstzweck. Anders als bei manch anderem Blockbuster geht es nicht nur ums „Wie groß ist die Explosion?“, sondern darum, wie die Figuren in dieser Hölle reagieren. Obwohl sich der Film in Action ergießt, verliert er nie das menschliche Maß. Wir sehen nicht nur Flammen und Stahl, sondern auch Gesichter. Schwitzende, blutverschmierte, verzweifelte Gesichter. Menschen, die kämpfen, fliehen, helfen. Das macht die Action nicht nur beeindruckend, sondern auch emotional packend. Es geht ums nackte Überleben, und man fiebert mit.

Der Blick durchs Flammenmeer

Peter Berg hat ein Händchen dafür, reale Tragödien in packendes Kino zu verwandeln. Sein unverkennbarer Stil ist auch hier sofort spürbar: dynamische Kamerabewegungen, eine dichte Atmosphäre und eine Erzählweise, die sowohl dokumentarische Authentizität als auch hollywoodtaugliches Spektakel zulässt. Man spürt, dass er den Respekt gegenüber den realen Ereignissen wahrt, gleichzeitig aber keine Scheu hat, das Ganze in epische Bilder zu gießen. Visuell ist Deepwater Horizon ein Brett. Die Kameraarbeit von Enrique Chediak, der auch 127 Hours bebilderte, bringt uns mitten ins Zentrum des Infernos. Oft bleibt sie nah an den Figuren, beinahe klaustrophobisch, nur um im nächsten Moment die ganze brennende Apokalypse in Panorama einzufangen. Die Bilder haben eine Wucht, die an epische Kriegsfilme erinnert – packend, intensiv, aber trotzdem bleibt alles geerdet. Kein überstylter Hochglanz-Look, sondern rohe, ehrliche Bilder. Besonders stark sind die Momente, in denen die Kamera kurz innehält, fast wie ein Atemholen, bevor die nächste Druckwelle alles hinwegfegt.

Kaum ein Film lebt so sehr vom Sound wie dieser. Das Grollen der Maschinen, das Pfeifen des Dampfes, das Krachen von Stahl, das Fauchen des Feuers, das Donnern der Explosionen – all das verschmilzt zu einem immersiven Klangerlebnis. Der Score von Steve Jablonsky hält sich klugerweise oft im Hintergrund und überlässt den echten Geräuschen die Bühne. Statt bombastischer Dauerbeschallung setzt er auf gezielte Akzente, die den Pathos unterstreichen, ohne ins Triefende abzurutschen.

Mark Wahlberg verkörpert hier nicht den makellosen Superhelden, sondern den bodenständigen Arbeiter, der plötzlich ins Auge des Sturms gerät. Er bleibt geerdet, ein Profi, ein Familienvater, einer, dem man zutraut, dass er im Chaos einen klaren Kopf behält. Seine Präsenz zieht den Zuschauer durch die Katastrophe – glaubwürdig, ohne überzogene Heldengesten. Man nimmt ihm jede Schramme, jeden verzweifelten Blick ab. Kurt Russell wiederum ist der Fels in der Brandung. Sein Auftritt als Sicherheitschef, hat diese Mischung aus väterlicher Stärke und stoischer Ruhe, die dem Film inmitten des Feuersturms so etwas wie moralisches Rückgrat verleiht. Und dann ist da noch John Malkovich – als BP-Manager ein Musterbeispiel für aalglatte Arroganz. Er schlurft durch den Film wie die Verkörperung von Profitgier und Hybris, jedes seiner Worte trieft vor Selbstgefälligkeit. Es ist eine Freude, ihm dabei zuzusehen, wie er den Zuschauer gleichzeitig wütend macht und zum Schmunzeln bringt. Ein Antagonist, den man mit Genuss verachtet.

Fazit

Peter Berg beweist erneut, dass er wie kaum ein anderer den Spagat beherrscht zwischen dokumentarischem Ernst und brachialem Spektakel. Nach Boston zeigt er hier eine andere Facette – weniger nüchtern, dafür visuell rauschhafter. Der Film will fesseln, packen, mitreißen – und genau das schafft er. Es kracht, es lodert, es donnert – und trotzdem bleibt Platz für echte Emotionen. Wer für zwei Stunden ins Auge des Sturms eintauchen möchte, wer Schweiß, Rauch und Adrenalin spüren will, der bekommt hier großes Katastrophenkino. Berg zeigt, dass er nicht nur Explosionen orchestrieren kann, sondern auch die stillen Momente dazwischen. Mark Wahlberg und Kurt Russell verleihen dem Film zusätzlich eine Präsenz, die über bloße Action hinausgeht. Am Ende ist Deepwater Horion kein reines Popcorn-Feuerwerk, sondern ein Film, der den echten Menschen Respekt zollt, die in dieser Katastrophe ums Überleben kämpften.












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