Review
von Leimbacher-Mario
Rache ist ein Gericht das am besten geduldig serviert wird
Die Spanier können momentan Thriller wie kaum ein anderes Land. Doch "Späte Wut" ist anders. Erinnert er in den ersten Minuten noch etwas an das deutsche One-Take-Wunder "Victoria", kommt schnell der Eindruck auf, als hätte hier ein Katalane zu viel "Blue Ruin" geschaut. Ein extrem entschleunigter Gangsterfilm über Rache, Jahre nach einer grausamen Tat. Ein wortkarger Avenger schleust sich in die Nähe der Freundin eines Kleinkriminellen, der vor Jahren wegen eines Raubüberfalls in den Knast wanderte & nun bald freikommt. Der Gedanke an gnadenlose Rache treibt den bärtigen Mann an, nichts kann ihn stoppen. Naja, abgesehen vom saulahmen Tempo & nur zwei wirklichen Höhepunkten im gesamten Film. Das erfordert Geduld & eine schwache Stelle für realistische Rache-Thriller mit Understatement. Habe ich wohl in Teilen, denn ich mag "Späte Wut" & kann den Preishagel bei den spanischen Goyas zumindest weitestgehend nachvollziehen. Ein schwächenloser, durchgehend unterhaltsamer Film sieht jedoch anders aus!
Die Darsteller sind famos, das Setting könnte so in echt wirklich ablaufen & alles wirkt so geerdet, dass man manchmal eher an eine Doku im GTA-Style erinnert wird. Look, Musik & Härtegrad, wenn er dann mal ausschlägt, sind ebenfalls in dreckigster Stimmung. Ein Hundskerl von Film. Allerdings ein alter, ergrauter & etwas lahmender. Ein paar Kills geschehen ärgerlicher Weise im Off, außer in Sachen Rache, geht der Film wenig in die Tiefe. Sei es wegen der geizigen Anzahl an Dialogen oder der Vielzahl an Charakteren oder Plätzen. Rachestories hat man schon ausgefeilter gesehen, für Freunde von reudigem Gangsterrotz (positiv gemeint!) allerdings ein Daumen hoch. Mit den 90 Minuten machen Fans des Genres wenig falsch, sie ziehen sich höchstens etwas. Stylisch, spanisch, streunend. Wer die Filme von Jeremy Saulnier oder "A Prophet" mag, wer sich gerne im katalanischen Sand welzt & wer Messerstiche mal wieder wirklich schmerzhaft sehen & beinahe spüren will, sollte sich in den stillen Genuss von "Tarde para la ira" kommen lassen.
Fazit: staubiger Spanien-Revenger, der unter ärgerlichen Pacing-Problemen & wenigen Höhepunkten leidet. Trotzdem ein brutaler Rache-Ritt irgendwo zwischen Saulnier & Peckinpah. Die Soap-Opera-Untertöne zwischen den Gangstern passen aber mal so gar nicht!