Tom Cruise ist auf der Suche nach Hits. Und das so sehr, da wird sogar ein Abstecher in die Niederungen des hirntoten Teenie-Kinos riskiert. Zum Beispiel um vor Computermumien zu flüchten. Denn das Sparschwein muss gefüllt und der eigene Name wieder unter die jungen Leute gebracht werden. Die kennen nämlich die Marke Tom Cruise inzwischen kaum mehr und jagen lieber kurz (oder auch etwas länger) aufflackernden Sternchen wie Chris Pratt hinterher. Solchen eben, die ohnehin nur Stangenware abliefern. Hier allerdings wird es wieder spannender. Und maßgeschneiderter. Und bodenständiger. Auch wenn Tom Cruise dauernd in die Luft geht. Die fünfundfünfzigjährige Kinoikone gibt nämlich die - mehr oder weniger - historische Figur des Barry Seal, eines ehemaligen Drogenschmugglers und fliegenden CIA-Informanten, der in das Wirrwarr seiner kunterbunten Zeit auf ganz sonderbare Weise verstrickt war.
Mit einem Zahnpasta-Lächeln auf den Lippen mimt Tom Cruise wieder einmal den Typ, den er so gut kann. Den Sonnyboy, der nicht in die Jahre zu kommen scheint. Das Ass, das über den Dingen steht und den Mann, um den sich alles dreht. Waffen soll er hier für die CIA nach Lateinamerika fliegen. Heimlich. Denn das, was hinterher auch in Wirklichkeit dabei herumkam, nämlich die Iran-Contra-Affäre, war unheimlich kontraproduktiv. Jedenfalls verdingte sich der echte Barry Seal noch dazu und so ganz nebenbei ein Zubrot mit Drogenschmuggel. Sonst wäre der Flieger ja leer in die Staaten zurückgeflogen, und sowas ist unproduktiv. Tom Cruise macht das als Meister der Ökonomie im Film natürlich auch so. Und es ist nicht selten hanebüchen, was er da an Board seiner Fairchild C-123 erlebt. Pablo Escobar, der Mafiaboss, der einen Krieg führte, kommt ihn da besuchen. Oder seine Frau, die er dann während des Fluges mit ehelichen Pflichten beeindruckt. Außerdem verliert das Flugzeug tausend Dollar Noten. Und zwar so viele, dass es schneit in der Karibik.
Die Rezeptur, die Tom Cruise, beziehungsweise in seinem Auftrag Doug Liman da anrührt, ist jedenfalls potentiell gelungen. Da wird trotz des Irr- und Wahnsinns, der da unbehandelt aufgetischt wird, unbeschwert gelacht, und da darf das Endprodukt sogar von sich behaupten, ein politisch angehauchter Film zu sein. Alte Fans, wie Feuilleton, werden ihm das danken und fühlen sich einmal mehr beinahe rundumversorgt. Jedenfalls insofern man jeweils berücksichtigt, dass „Barry Seal - Only in America" nicht rücksichtslos, sondern leichte Kost ist, die nicht vor hat, schwer im Magen zu liegen. Übrigens wird der Kino-Happen in den USA als noch ein wenig gehaltvoller angepriesen, denn dort trägt der Film den etwas subtileren Titel „American Made".
Und doch fehlt diesem auf den ersten Blick ambitionierten Komödien-Biopic der Pepp. Natürlich ist es lässig, wie Tom Cruise als Barry Seal CIA wie Drogenkartelle an der Nase herumführt und mitten in dieser Todeszone spiellaunig, quietschvergnügt und tiefenentspannt seine Taschen füllt. Dazu gesellen sich dann illustre Gäste, wie Caleb Landry Jones („Get Out", 2017), der einmal mehr als angesagter Unsympath sein Schicksal herausfordert, oder Domhnall Gleeson (der Sohn von Papa Brandan Gleeson), der hier etwas zu stereotyp die CIA vertritt. Doch wirkt alles immer noch irgendwie fad. Geschmacklos. Unweigerlich fühlt man sich an „Jack Reacher: Kein Weg zurück" erinnert, also den zweiten Teil der Lee Child Verfilmungen. Auch da schmeckte man, wie in einer Kantine, zwar die Routine, aber keinen Pfiff. Die runtergespulte Story um Contra-Rebellen, Ronald Reagan, Pablo Escobar und eine im Schmachtblick schockgefrorene Blondine, reicht allein für sich nicht aus, sozusagen als Selbstläufer ihren eigenen Unterhaltungswert zu steigern. Aber schön, wenigstens sieht Sarah Wright hinreißend aus. Auch wenn die von ihr verkörperte Ehefrau des Vabanquespielers als wenig plausibler Charakter entworfen wurde und eigentlich nur Blicke fangendes Beiwerk ist. Ihre von heute auf morgen verloren gegangene Vernunftbegabung jedenfalls ist ebenso wenig schlüssig, wie ihr offenbar ohne größere seelische Blessuren über die Bühne gebrachter Abschied von der Liebe ihres Lebens. Klar, alles nur Show, was der doch meist vernünftige Tom Cruise hier abzieht. Aber leider nicht wie einst bei Oprah Winfrey eine drollige, sondern nur eine leidlich unterhaltsame.