SPOILERWARNUNG!
Handlung:
Es ist Halloween. Tara und ihre Freundin Dawn können nach einer feuchtfröhlichen Party nicht mehr mit dem Auto heimfahren. Darum entschließen sie sich dazu, in einer nahe gelegenen Pizzeria noch etwas zu essen. Noch bevor sie aufbrechen, begegnet ihnen ein Mann in einem merkwürdigen Clownkostüm. Er folgt ihnen in die Pizzeria und fixiert bedrohlich Tara vom Nachbartisch aus. Die immer noch nicht ganz nüchterne Dawn macht sich lustig über den Clown und provoziert ihn sogar, indem sie mit ihrem Handy ein Selfie mit ihm macht. Als er wider erwarten nichts zu Essen bestellt und obendrein die Gästetoilette mit seinem Unrat verschmutzt, wirft ihn der Besitzer der Pizzeria raus. Nach dem Essen kehren Tara und Dawn wieder zurück zum Auto, wo sie feststellen, dass ein Vorderreifen platt ist. Tara ruft ihre Schwester Victoria an, die gerade für einen Test lernt, und bittet sie darum, sie abzuholen.
Während sie warten, verspürt Tara das Bedürfnis, zur Toilette gehen zu müssen. Zufällig ist in dem gegenüberliegenden Lagerhaus ein Kammerjäger namens Mike bei der Arbeit, der Tara freundlicherweise den Weg zu den dortigen Räumlichkeiten zeigt. Währenddessen hört Dawn im Autoradio die Meldung, dass die Mitarbeiter der Pizzeria, in der sie gegessen hatten, von einem Clown auf grausame Weise ermordet wurden und der Täter nunmehr von der Polizei gesucht wird. Noch bevor sie Tara warnen kann, wird sie von dem Clown überwältigt und verschleppt.
Unterdessen ist Tara wieder auf dem Rückweg und begegnet in dem Lagerhaus, das einem Labyrinth gleicht, eine unheimliche Bekanntschaft mit einer offensichtlich verrückten Katzenfrau, die dort zu wohnen scheint und eine Puppe wie ihr Kind behandelt. Noch bevor Tara das Gebäude verlassen kann, wird sie von dem Clown überfallen. Er fesselt sie an einen Stuhl und zerstückelt vor ihren Augen Dawn bei lebendigem Leibe. In ihrer Panik gelingt es ihr, sich mit immenser Anstrengung zu befreien, aber nach einer kurzen und heftigen Auseinandersetzung mit dem Clown, schießt dieser sie nieder.
Mittlerweile ist Victoria am vereinbarten Treffpunkt angekommen. Aber da sie weder Tara noch Dawn antrifft, begibt sie sich auf die Suche nach ihnen und betritt ebenfalls das Lagerhaus. Dort macht sie recht schnell die unliebsame Bekanntschaft mit dem Clown - genau in dem Moment, als er Tara ins Jenseits befördern will.
Ein grausiger Überlebenskampf beginnt, bei dem auch die mysteriöse Katzenfrau und ein Kollege von Mike, der zwischendurch eintrifft, das Zeitliche segnen. Victoria trifft irgendwann auf Mike, der nach einem Aufeinandertreffen mit dem Clown verletzt wieder zu sich kommt. Mike wählt den Notruf und fordert die Polizei und Rettungskräfte an. Noch bevor es ihnen gelingt, das Lagerhaus zu verlassen, tötet der Clown den Kammerjäger und macht sich daran, auch Victoria zu töten. Als es ihm gelingt, sie nieder zu strecken und er sich daran macht, ihr Gesicht zu verstümmeln, trifft die Polizei ein. Noch bevor sie den Clown verhaften können, zieht er eine versteckte Pistole und erschießt sich selbst.
Victoria wird schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, während die Leichen des Kammerjägers und des Clowns in die Pathologie gebracht werden. Als der Pathologe sich die Leiche des Mörders anschaut, kommt es zu einer mysteriösen Störung in der Elektrik. Und bevor der Pathologe weiß, wie ihm geschieht, erwacht der Clown wieder zum Leben und tötet ihn.
Ein Jahr später wird Victoria aus einer Rehabilitationsklinik entlassen. Ihr Gesicht ist fürchterlich deformiert. Am nächsten Tag wird sie in eine Talkshow eingeladen, wo sie zu den schlimmen Erlebnissen der vergangenen Halloween-Nacht befragt wird. Dort wird auch erwähnt, dass die Leiche des Clowns, den sie mittlerweile Art nennen, verschwunden sei. Victoria kann das allerdings nicht glauben und lauert der Moderatorin nach der Show ihr in der Garderobe auf. Sie überfällt sie in einem Anfall von seelischem Zerfall und verstümmelt ihr das Gesicht.
Kritik:
Für seinen zweiten abendfüllenden Spielfilm verlagerte Regisseur Damien Leone seine selbst geschaffene Figur “Art, der Clown” aus seinem Debüt und Anthologie-Horrorfilm ALL HALLOWS’ EVE in einen eigens dafür vorgesehenen Ableger. Um das Geld dafür aufzutreiben, startete Leone 2015 eine Kampagne auf der Crowdfunding-Plattfom Indiegogo, die aber ihr Ziel letztendlich nicht erreichen konnte. Mit einem sehr geringen Budget von nur 35.000 Dollar ging Leone an den Start. Kurzerhand übernahm er auch einfach den Titel seines Kurzfilms um Art, den Clown, den er in seinem Episodenfilm eingearbeitet hatte: TERRIFIER.
Das Wort kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie jemandem Entsetzen oder Schrecken einjagen. In diesem Fall ist der Titel nicht nur eine leere Versprechung, sondern tatsächlich Programm. So pragmatisch, wie Leone mit der Betitelung des Films umgegangen ist, so verhält es sich auch mit seiner Geschichte. Hier werden alle Phantastereien und Spekulationen, die wir in ALL HALLOWS’ EVE bekundet haben, weggewischt. Art, der Clown darf in seinem eigenen Film so richtig die sprichwörtliche Sau rauslassen. Es wird geschlitzt, gestochen, geschlagen und gesägt, was Leones Trickkiste hergibt. Die schauspielerischen Leistungen sind für eine solche Low-Budget-Produktion erstaunlich gut, wenn auch auf das nötigste reduziert. Ein bedauerlicher Umstand, den der Regisseur und Drehbuchautor auf das geringe Budget zurückführt. Es gibt hier keine ausgefeilten Charakterentwicklungen, sondern die Protagonisten werden ohne Umschweife dort abgeholt, wo sie gerade sind. Männer wie Frauen sind hier nur - mal mehr oder weniger wehrhafte - Schlachtopfer für den Clown des Schreckens; zum Glück bleiben uns zerstückelte Kinderleichen erspart.
Mike Gianelli, der den Clown bislang verkörpert hat, hatte sich schon vor Produktionsbeginn aus dem Business zurückgezogen und stand demnach als Acteur nicht mehr zur Verfügung. David Howard Thornton tritt in seine Fußstapfen und bringt den Clown auf ein neues Niveau, wofür er eine Nominierung des “Fangoria Chainsaw Award” erhielt, von denen der Film noch zwei weitere bekam (als “Best Limited Release” und für die Make-up-Effekte). Thornton, der für diverse Sprechrollen in Videospielen und sogar in der von Fans realisierten Internet-Serie “Nightwing: Escalation” in sechs Folgen den Joker spielte, schafft es tatsächlich, seine Rolle dermaßen überzeugend zu spielen, dass man Art, den Clown ohne Zweifel zu den furchterregendsten und abscheulichsten Horrorfiguren zählen kann, die das Genre bislang hervorgebracht hat. Teilweise ist die makabre Darbietung dermaßen over-the-top, dass einem auch das leiseste Schmunzeln im Halse stecken bleibt. Eine Eigenschaft, die beispielsweise Freddy Krueger spätestens im dritten Teil seiner “Nightmare on Elm Street”-Reihe abhandengekommen ist. Art ist quasi der Freddy des 21. Jahrhunderts: Verschlagen, abstoßend, unaufhaltsam, erfinderisch, wenn es um die Art und Weise des Tötens geht, und in seinem perfiden Humor beispiellos.
Als gealterter Genrefan, für den ich mich als Verfasser dieser Zeilen halte, ist TERRIFIER schwer verdaulicher Stoff. Dass die Protagonisten ohne merklich tiefergehende Charakterzeichnungen durch die Geschichte gehen und die emotionale Identifikationsmöglichkeit lediglich über ihre drastische Leidensgeschichte transportiert wird, macht das Zuschauen nur um so schwerer. Trotzdem weiß nicht nur David Howard Thornton zu überzeugen. Auch die überzeugte Gender-Nonkonformistin und Ökofeministin Jenna Kanell erntete gute Resonanz für ihre Rolle der Tara Heyes, für die sie alle Stunts selbst durchführte, und wurde auch schon als neue Neve Campbell (SCREAM) gehandelt. Als ihre Schwester Victoria tritt die ebenfalls frische Schauspielerin Samantha Scaffidi in Erscheinung. Neben mehreren Auftritten in Kurzfilmen und Independent-Filmen war sie zunächst skeptisch, als sie das Skript zu TERRIFIER las. Aber ein Treffen mit Damien Leone, der auch das Drehbuch verfasst hat, waren ihre Bedenken wie weg gefegt. Außerdem gibt es ein kurzes Wiedersehen mit Katie Maguire als TV-Moderatorin. (Wir erinnern uns: in ALL HALLOWS’ EVE spielte sie die Babysitterin).
Da eine Kinoauswertung nicht möglich schien, feierte der Film seine Premiere auf dem Telluride Horror Show Film Festival im Oktober 2016. Im März 2018 ermöglichte es der Vertrieb Dead Central Presents, den Film mit einem begrenzten Kinostart einem breiteren Publikum darzubieten. Schnell entwickelte sich ein kleiner Kultstatus um TERRIFIER und Art, den Clown. Hierzulande hatte es der Film etwas schwerer. Während ALL HALLOWS’ EVE in seiner ungeschnittenen Fassung sogar noch mit einer Jugendfreigabe davon gekommen ist, musste TERRIFIER sogar für die FSK-18-Freigabe deutlich Federn lassen. Betroffen war neben einigen Gewaltspitzen auch die komplette Szene, in der Art die breitbeinig und mit dem Kopf nach unten aufgehängte Dawn voller Genuss mit einer Handsäge in zwei Teile sägt und danach noch ein Selfie mit der Leiche macht. Angesichts der Drastizität dieser Szene ist das auch gar nicht verwunderlich.
Rechteinhaber Tiberius Film scheiterte beim ersten Versuch, die ungeschnittene Fassung durchzubekommen. Selbst als man in Berufung ging, weigerte sich die FSK, den Film unbehandelt passieren zu lassen. Sowohl für die Kino- als auch für die DVD/Blu-ray-Auswertungen musste Tiberius knapp zwei Minuten herausschneiden, um das rote Freigabesiegel zu bekommen; für die jugendfreie Fassung war es noch eine knappe Minute mehr. Über Nameless Media erschien dann in mehreren Ausführungen in Mediabooks die ungeschnittene Fassung in ungeprüfter Form.