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2001 war das Jahr für Kyung-Taek Kwak, der mit seinem Blockbuster "Friend" einen großen Erfolg an Koreas Kinokassen verbuchen konnte. Sicherlich war "Friend" nicht ohne Fehler, dennoch war die Erwartungshaltung an Kyung-Taeks neuesten Film gewaltig. Und er konterte so unerwartet und unkommerziell, so unmodisch, wie er nur hätte auf den Hype von "Friend" reagieren konnte: Mit einem Boxerdrama.

Ein Genre, das mit "Wie ein wilder Stier" bereits seinen perfekten Vertreter gefunden hat, und schwerlich gewinnbringend unter die Massen zu bringen ist. Während sich Hollywood auf seine Muhammed Ali-Biographie "Ali" vorbereitete, drehte Kyung-Taek Kwak also die wahre Geschichte des ersten koreanischen Boxchampions Kim Duk-koo. Die tragische Geschichte des einfachen Jungen, der in die große Stadt kam, um Boxer zu werden, und später in einem legendären Kampf in Las Vegas von seinem Opponenten Ray "Boom Boom" Mancini ins Koma geschlagen wurde. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere scheiterte Duk-koo an diesem brutalen, unmenschlichen Fight - er starb im Koma an einem Blutgerinnsel im Gehirn. Sein tragisches Ableben hatte Einfluss auf die Veränderung des Regelwerkes der Boxwelt.

Kyung-Taek erzählt seine Geschichte weise, konzentriert sich sehr auf seine Figuren, und nicht auf merkantil eingesetzte, blutige Fights, wie in vergleichbaren Boxactionern. Und so kommt es auch, dass wir unseren Helden Duk-koo eher dabei beobachten können, wie er mit dem täglichen Leben zu kämpfen hat, als mit seinen Gegnern im Ring. Auf ihm lastet eine Kindheit ohne Vater und ohne richtigen Familiennamen, und die Frauenwelt sieht er zunächst als emotionalen Stolperstein an, der gefährlich für eine konsequente Karriere werden könnte. Doch wie es nun mal so ist, lernt er die hübsche, religiöse Lee Kyeong-mi kennen, bei der er mittels einfältiger Annäherungsversuche zunächst abblitzt.

Nebenbei wird uns seine Boxkarriere gezeigt. Im Zeitraffer und mit schriftlichem Kommentar wird uns sein Voranschreiten und sein Erfolg in dem Sport erklärt. Viel intensiver und viel mehr Zeit nimmt sich Kyung-Taek da für die liebevolle Charakterentwicklung, die dank der großartigen schauspielerischen Leistung von Oh-sung Yoo (bekannt aus "Friend" und "Attack the Gas Station") auf ein Maximum an Realismus getrieben wird. Und so schert sich der Regisseur auch kaum für die finale Tragödie, sondern schwenkt im Moment des entscheidenden, schicksalhaften Schlags nach oben in den Himmel, und als die Kamera sich wieder zum Boden neigt, sind wir gut 10 Jahre in der Geschichte zurückgeworfen worden, und wir sehen Duk-koo als Kind am Strand liegen. Auch hier zeigt Kyung-Taek lieber die Auswirkung des Wegscheidens des Sportlers auf seine Familie, auf die Hinterbliebenen, anstatt einen billigen Schockeffekt durch das plumpe Durchleben des tödlichen Schlags zu erzielen.

Bei diesem Charakterdrama ist es wichtig, dass die Schauspieler den Film nicht hängen lassen - und das tun sie auch glücklicherweise nicht. Oh-Sung Yoo spielt seine beste Rolle bis dato, und das Model Min-seo Chae, die hier ihren ersten Filmauftritt hat, beweist eindrucksvoll und überraschend, wieviel Potenzial in ihr steckt. Hinzukommt die wundervolle Musik von Park Jeong-Ho, der besonders ein herzzerreißend-schönes Titelthema komponiert hat, das man auch noch Stunden nach dem Ausklingen des Abspanns mitsummt. Dichteste Atmosphäre ist hier das Zauberwort, instrumentiert durch einen der schönsten Korea-Scores ever.

"Champion" ist ein düsteres Charakterporträt, abseits der gefälligen Gangsterthematik aus "Friend". Während er optisch ein detailgetreues Bild von dem Korea Anfang der Achtziger Jahre projiziert, geht es im Inhalt um viel weniger oberflächliches. Hier geht es nicht um Muskeln, blutige Kämpfe, und theatralische Siege, wie etwa in "Rocky", hier geht es um pures Charakterkino voller Gefühl und Intelligenz.

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