Review

Verfilmung eines nicht existenten Computerspiels? Koreanischer Matrixklon? Naja, etwas von beidem und von beidem weit entfernt.

Der Film beginnt scheinbar rational. Im Dialog zweier junger Männer und zweier Frauen kristallisieren sich klassische Gesprächsthemen über Liebe, Hobbies und Alkohol.
Wir erfahren früh, dass die beiden Herren befreundet und begeisterte Computerspieler (StarCraft wird erwähnt, ein Spiel das in Korea in Turnierkreisen fast schon gleichbedeutend mit "realen" Sportarten ist) sind. Wobei einer offenbar den in vielerlei Sicht erfolgreichen Part, der andere eher das Mauerblümchen, den stille Hintergrundspieler, die kleine dicke Freundin der Ballkönigen, die gerne Mal hübsch und beliebt wär, darstellt.
Exposition olé!

Vielmehr erfährt man auch nicht, sondern wird direkt ohne große Vorwarnung in das scheinbare Computerspiel geworfen. Die dankenswerte Aufgabe des Protagonisten übernimmt natürlich unser etwas bemitleidenswerter Freund von eben.
Man sieht wie er sich vor einen Rechner setzt, -Schnitt- er isst, -Schnitt- er steht vor einem Zigarettenautomaten, wo ihm sogleich eine Lady mit der teuflisch sympathischen Bezeichnung "Schwefelholzmädchen", kurz SM, begegnet und ihm ein Feuerzeug verkauft.
Nach vergeigtem Beginn und einem Kurzbesuch bei Papa und Omi versuchen wir es gleich nochmal.
Diesmal wird das Betreten des Spiels klarer abgegrenzt und geschieht per Telefon (knock, knock, Neo..), außerdem bekommt unser Held nun netterweise eine verständliche Gliederung seiner Aufgabe zugewiesen:
SM beschützen, SM soll Dich am Ende ganz toll finden!

Die nächsten anderthalb Stunden bestehen aus wilden Schießereien (schön: gelegentlich mit stilsicherer Musik unterlegt), Autojagden, Wirework Action, skurrilen Personen, teils freundlich gesinnt, teils nicht und einer debil durch die Gegend stratzenden, geschleppten oder gezerrten SM, die Ihre Aufgabe Feuerzeuge zu verkaufen, besonders gegen Ende hin, doch ziemlich ernst nimmt.
Anfangs noch mit Elementen aus Computerspielen, wie stylischer Figurenerläuterungen, Level Ups inkl. Attributerhöhung oder einem Händler, gespickt, tritt dies später immer weiter in den Hintergrund und eingangs dem Zuschauer suggerierte Aufgaben, wie der Beschaffung von Geld für Waffen, verschwinden völlig und eine reine Fokussierung auf das SM findet statt.


Ein großes Problem, weshalb der Film wohl nicht gerade leicht verdauliche Unterhaltungskost ist, findet man in der schwer durchschaubaren Linie des Films.
Eine wirre Erzählstruktur, unverständliches Eintreten von Gegenständen, Personen, Ereignissen, Orten. Hier ist sehr viel Raum für Spekulationen und Interpretationen, die der Film meines Erachtens aber weder fordert, noch fördert.
Und hier liegt leider der Hase im Pfeffer begraben, denn wer einen klassischen Action-Science-Fiction Kracher à la Matrix oder Total Recall erwartet, wird ob der untypischen Erzählweise wohl eher nicht sonderlich glücklich. Liebhaber, wilder Interpretationen und Bilddeutungen können sich zwar austoben, bleiben dann aber an dem flachen Plot und den vielen, gedankenlosen Schießpassagen hängen.

Also was haben wir hier?

Ich denke, besonders der Anfang ist für das inhaltliche Verständnis von eminenter Bedeutung:
Ein junger Mann, kein Glück bei den Frauen, sein Job als Essenslieferant füllt ihn kaum aus, in seinem einzigen Hobby, stiehlt ihm sein bester Freund die Schau, aus dessen Schatten er einfach nicht auszutreten vermag, vielleicht zu viele Filme, wie Matrix gesehen, flüchtet sich in eine Welt, in der er mal Held sein darf, in der er seinem Freund das Wasser reichen und ihn sogar übertreffen kann. In der er eine Frau findet, die er mag und die auch ihn mögen kann (Randnotiz: Als Europäer fällt es mir schwer, dies genau zu beurteilen, aber sieht die SM der Angestellten in der Videospielhalle nicht verdammt ähnlich?)
Seien wir ehrlich, wieso sollte es ein Computerspiel, dieses Ausmaßes in einer Zeit, in der noch StarCraft als Turnierspiel ausgetragen und mit hochdotierten Preisen versehen wird, existieren.
Nein, dieses ist kein verfilmtes Spiel, es ist die konstruierte Wunschvorstellung, meinetwegen auch Traum (vor seinem finalen Eintritt in die Spielwelt legt sich unser Freund schlafen) eines jungen Mannes, dessen tatsächliches Umfeld ihn kaum ausfüllt.

Aber ist das alles?

Die Antwort darauf lautet wohl leider ja. Die Intention, eine Parabel auf das Leben aus Sicht eines unglücklichen Computerspielers zu machen und eine undeutliche Erzählform, in dem sie eine wirre traumähnliche Strutur aufweist, ist zwar nett, verläuft sich hier allerdings etwas im Effektrausch.


Ich denke, als interessierter Seher des asiatischen Kinos, kann man sich den Film mit Sicherheit anschauen, er hat seine hellen, fast fantastisch surrealen Momente und regt sicherlich auch (wenn man es denn möchte) kurze Zeit zum Nachdenken an.
Für Actionfans, wie Philosophen aufgrund der unklaren Linie bedingt geeignet, für Cineasten eine Erfahrung wert.

(6,5/10)


p.s.
Verkniffen schmunzeln musste ich in der Passage zu Beginn, in der unser videospielbegeisterter Freund, in Gedanken Amok läuft, nachdem eine seiner Essenslieferungen beim Besteller unerwünscht war.
Wenn das bestimmte Politiker sehen würden..... auweh....

Details
Ähnliche Filme