Innen Leben, Außen Tod
Der Krieg in Syrien - ein Problem, das wir täglich weit wegschieben. Wer sagt, dass sei gelogen, belügt sich selbst. Hunderte Tote, jeden Tag Schreckensnachrichten, Flüchtlingsströme, ein chaotisches Jeder-gegen-Jeden, barbarische Isis-Monster mittendrin - doch uns lässt das kalt, wir haben uns dran gewöhnt, alles sehr weit weg. Doch "Innen Leben", der auf dem Berliner Filmfestival schon den Publikumspreis absahnte und nächstes Jahr sicher auch im Oscarrennen gute Chancen haben dürfte, nimmt einem diesen Abstand, die gesichtslosen Opfer, deinen persönlichen Verdrengungsfrieden. Nach diesem eindringlichen Antikriegs-Drama kommt man tief betroffen und emotional zermürbt aus dem Kino. Der diesjährige "Son of Saul", nur außer dem Kriegsthema ohne Gemeinsamkeiten. Ein Meisterwerk ist "Innen Leben" ebenso. Tut weh und das muss so!
Eine abgeschottete Wohnung voller mehr oder weniger verwandter und verbundener Menschen, scheinbar im Kriegsgebiet von Damaskus. Doch es könnte ebenso jede andere gebeutelte Stadt in Syrien sein, jede andere Familie, jedes andere Opfer. Draußen vorm Haus bringt ein Scharfschütze den Tod, daher heißt es ausharren und die Hoffnung nicht gänzlich aus den Augen verlieren... "Insyriated" ist ein Film, dessen 90 Minuten wie im Flug vergehen, der jedoch trotzdem das Gegenteil von Unterhaltungskino ist. Unangenehm, hart, schmerzhaft. 24 Stunden im Leben von einer unschuldigen Bevölkerung, die durch die Hölle um sie herum mehr leiden muss als alle anderen. Es gibt ein paar Szenen, da können selbst hartgesottenere Filmfans nur noch schwer schlucken und kaum auf die Leinwand schauen. Etwa eine äußerst heftige Vergewaltigung oder wenn auf einmal rote Laserpunkte auf den Köpfen der Bewohner auftauchen, und man jeden Moment mit einem Schuss rechnen muss... Draußen kommen die Bombeneinschläge immer näher und man verlässt das Kino mit einem ganz bösen Zittern und Beigeschmack. Was man gerade gesehen hat passiert genau jetzt, ist keine Fantasie oder schon 80 Jahre alt. Das ist aktuelles Weltgeschehen und Ungerechtigkeit, zu der momentan niemand einen Ausweg auf Lager hat. Ein Trauerspiel. Und ein großer Film. Intensiv gespielt, direkt rübergebracht, drastisch düster. Mit pochendem Herz und immer mit einer Träne im Auge.
Fazit: egal ob als Kammerspiel oder Antikriegsfilm - "Innen Leben" hinterlässt uns zerstört und, trotz starker Protagonisten, mit wenig Hoffnung. Passend zum Konflikt und Land in dem er spielt. Ein Tag im Krieg war selten so niederschmetternd. Traurig, unvorstellbarer Alptraum und zugleich Alltag ein paar Tausend Kilometer östlich von uns...