Review

In Zeiten, in dem das asiatische Kino, das einzige Herkunftsland ist, das dem Horrorgenre noch neue Impulse jenseits von plumpen Splatterorgien und lahmen Teenie-Slashern gibt, wird man nahezu überschwemmt mit asiatischen Produkten mit Gruselfaktor. Drei Produktionsfirmen suchten sich drei neue, junge Regisseure aus drei verschiedenen Ländern, um einen dreiteiligen Episodenfilm über das Leben nach dem Tod zu entwickeln. So entstand das Konzept zu dem Episodengrusler "Three".

"Three" beginnt mit dem koreanischen Beitrag "Memories". Regisseur Kim Ji Woon erzählt die wirre Geschichte eines Ehepaars, das eine etwas unkonventionelle Trennung erleidet. Gerade in einem neuen, noch leeren Appartement eingezogen, erleidet Sung-min einen Gedächtnisverlust, nachdem seine Frau aus seinem Leben urplötzlich verschwindet. Er findet sich nahe dem Wahnsinn, da er nicht begreifen kann, was mit ihr passiert ist. Seine Frau derweil findet sich auf einer verlassenen Straße wieder. Ohne jegliche Erinnerung an die Vergangenheit wandert sie ziellos durch die Stadt... Die ersten, stillen Minuten, die den Horror eines ruhigen Mittagsschlafes offenbaren sind hier noch am ehesten gelungen. Danach geht es mit der höchst unbefriedigenden Story bergab. Weder echter Grusel, noch wirkliche Betroffenheit wird dem Zuschauer zuteil. Größter Fehler von "Memories": Es fehlt für echte Grusel die passende Identifikationsfigur. Damit wir uns wirklich um die Schicksale dieser Menschen sorgen, brauchen wir jemanden, mit dem wir uns gleichsetzen. Doch Sung-min macht den gesamten Film über nichts anderes als nur verzweifelt und verwirrt drein zu gucken. Die Schockeffekte wirken dann auch leider nur wie ein müder Abklatsch von Hideo Nakatas "Ringu". Die Stärke von "Memories" liegt zweifelsohne in seiner schicken optischen Präsentation.

Danach folgt der thailändische Beitrag zu "Three". "The Wheel" ist die einzige der drei Geschichten, die sich direkt auf traditionelle Wurzeln des eigenen Produktionslandes bezieht. Denn im Mittelpunkt bei "The Wheel" stehen zwei verschiedene Straßenkünste. Die eine, Schauspielkunst mittels Masken und Kostümen, wird von dem ärmlichen Kru Tong zelebriert, während das stilistisch interessantere Puppenspiel seinen Rivalen Kru Tao reich gemacht hat. Eines Nachts wirft Kru Tao alle seine reichlich verzierten und kostbaren Puppen weg, da er meint, sie wären verwunschen. Daraufhin verzehrt ein Feuer Kru Tao und seine Familie. Kru Tong versucht die Kunst des Puppenspiels an sich zu reißen, um ebenfalls zu Geld zu kommen, und ignoriert alle Warnungen bezüglich des drohenden Fluchs. Nonzee Nimibutrs ungewöhnlicher Film über alte thailändische Riten und Bräuche kommt ebenfalls mit einer satten Optik daher - allein der dichte, undurchschaubare See und die schwüle Atmosphäre sind schön umgesetzt. Die Story ist zwar ähnlich unausgegoren, wie die von "Memories", kommt aber wenigstens mit interessanten Aussagen bezüglich Gier, Macht, Jugend und Unschuld daher. Eine klitzekleine Steigerung ist anzumerken. Dennoch kann "Three" bis hierhin nicht überzeugen.

Doch dann kommt "Going Home" aus Hong Kong. Peter Chan (Hongkong Love Affair) dreht den mit riesigem Abstand besten Beitrag zu "Three". Seine Geschichte ist die des Polizisten Wai. Wai muss mit seinem Sohn in ein verfallenes Hochhaus ziehen. Irreale Ereignisse machen Wais Sohn Keong Angst, wird aber immer durch seinen Vater zu männlichem Mut ermahnt. Auf dem riesigen Gelände wohnt nur noch ein weiterer Nachbar, der eigentümliche Yu Fai, der scheinbar nie seine Wohnung zu verlassen scheint. Yu Fais Tochter scheint Keong besonders Angst zu machen. Als eines Tages Keong vom Erdboden verschwindet, verdächtigt Wai seinen Nachbarn Yu Fai. Er bricht in seiner Wohnung ein - und entdeckt ein Szenario des Grauens. Yu Fai lebt mit dem konservierten Körper seiner Frau zusammen. Yu Fai, selbst ein Doktor der Medizin, hat jeglicher westlichen Arzttechniken abgeschworen und glaubt an östlichen Schamanismus. Während er Wai fesselt und knebelt erklärt der verwirrte Mann ihm die Situation. Yu Fai ist im Glauben, wenn er die Seele seiner Frau in ihrem Körper halten kann, also täglich mit ihr spricht, sich um sie kümmert und sie wäscht, dann wird sie nach drei Jahren zurückkehren.

Chans Kurzfilm ist eine Horror-Tragödie. Spannend, abstoßend, bewegend, fürchterlich intensiv und traurig. Keiner der vorherigen Filme erreicht nur annährend die unglaublich hohe Qualität dieses letzten Beitrages. Chan nimmt sich Zeit um seine Charaktere zu entwickeln, um sie plastisch wirken zu lassen. Ja, seine Geschichte dauert so lang, wie die anderen beiden zuvor zusammen. Chan ist als einziger geglückt durch wahre Emotionen zu schocken: Bei "Memories" ist die unwirkliche Geschichte und der partielle Gore, und bei "The Wheel" war es die Faszination für alte Riten. Doch "Going home" ist so viel mehr, so viel ehrlicher. Es geht um Liebe, um unsere aufgeklärte Gesellschaft und um den Glauben. So inhaltlich "Going home" voll und ganz überzeugt, so kann er auch über die visuelle Seite einiges bieten. Kameramann Christopher Doyle, der schon Filme wie "Chungking Express" oder "Liberty Heights" veredelte, entwickelt eine obsessive, aber doch wunderschöne Optik, unterstützt von klagenden Streichern von Peter Kam.

"Three" ist leider ein Episodenfilm und muss in seiner Gesamtwirkung betrachtet werden. "Memories" und "The Wheel" sind unnötige Ausrutscher, langweilige auf der Horrorwelle mitschwimmende, die nicht in einer Sekunde dem grandiosen Finale "Going Home" gleichkommen. Letzteres wiederum ist ein Kleinod in der asiatischen Horrorszene, und sollte neben all den anderen Neo-Klassikern "Ringu", "The Eye" oder "Dark Water" Erwähnung finden. Wer sich auf den überlangen Episodenfilm einlässt, und die ersten beiden Filme gut übersteht, wird mit einem genialen Abschluss belohnt werden.

Details
Ähnliche Filme