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Das 28. Jahrhundert: Die Menschen und tausende weitere raumfahrende Spezies teilen in einer monströsen Raumstation, der Stadt der tausend Planeten, Kultur und Wissen. Doch der intergalaktische Schmelztiegel ist bedroht: Im Inneren wird radioaktive Strahlung festgestellt und der betroffene Sektor wird immer größer, vermutlich das Werk von Terroristen. Und dann wird auch noch der oberste menschliche Kommandant, gespielt von Clive Owen, entführt und in die radioaktive Zone verbracht. Die beiden Spitzenagenten Valerian, gespielt von Dane DeHaan, und Laureline, gespielt von Cara Delevingne, nehmen sich der Sache an. Schnell stellt sich heraus, dass die Vorfälle in Zusammenhang mit der einige Jahre zurückliegenden Zerstörung eines Planeten zu stehen scheinen und dass es die vermeintlichen Terroristen auf den Transmutator abgesehen haben, ein kleines Lebewesen, das Valerian und Laureline bei ihrer vorherigen Mission in ihren Besitz gebracht haben.

Die französische Comic-Reihe „Valerian und Veronique“ hat offenkundig nicht nur George Lucas bei der Entwicklung von „Star Wars“ inspiriert, sondern auch den französischen Filmemacher Luc Besson, der schon als Kind die seit 1967 erscheinenden Comics las und dessen starke Frauenfiguren etwa in „Leon“ oder „Lucy“ von der Weltraumagentin Veronique beeinflusst sein sollen. Besson muss von der Comic-Reihe jedenfalls sehr begeistert sein, so wollte er nach eigenem Bekunden schon immer eine Realverfilmung entwickeln. Dafür war er nun bereit mit einem monströsen Budget von 200 Millionen Dollar ins finanzielle Risiko zu gehen (das sich wohl nicht auszahlen wird). „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“, der vor allem auf der „Valerian und Veronique“-Ausgabe „Botschafter der Schatten“ basiert, ist damit die teuerste europäische Produktion aller Zeiten. Der Film entstand bei Bessons Gesellschaft EuropaCorp bei Paris und ist der visuell wohl beeindruckendste Export aus der stolzen Filmnation Frankreich.

Das Versprechen, das der Titelzusatz „Die Stadt der tausend Planeten“ abgibt, wird bereits im Prolog eingelöst, in dem Besson zeigt, wie eine Raumstation in der Umlaufbahn der Erde stetig durch neue Technik, weitere Räumlichkeiten und vor allem durch verschiedene interstellare Völker erweitert wird, bis sie zu groß für die Umlaufbahn wird und ihre Reise in die Weiten des Weltalls antritt. Die Szene wird stimmungsvoll und thematisch treffend von David Bowies „Space Oddity“ unterlegt.
Bei ihrer ersten Mission verschlägt es Valerian und Veronique dann auf einen Wüstenplaneten, der im ersten Moment eher karg und unspektakulär erscheint, doch schnell wird deutlich, dass Bessons Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, auch nicht an diesem zunächst trostlos erscheinenden Ort. Besson offenbart eine unsichtbare Stadt inmitten der Einöde, bevölkert von unzähligen außerirdischen Lebensformen, die durch spezielle Brillen für die menschlichen Akteure im Film sichtbar gemacht werden. Und der Blick unter den Erdboden zeigt nur wenig später, dass sich unter dem oberirdischen Gewusel zahlreiche weitere Ebenen, ganze Welten, verbergen. Besson erweckt bei aller Fülle in seinem Film immer den Eindruck, dass da immer noch mehr ist, so auch hier.

„Valerian“ kocht regelrecht vor exotischen Schauplätzen, futuristischem Design und interstellaren Spezies über. Entführte James Cameron mit „Avatar“, der visuell vermutlich Pate für Bessons Film stand, seine Zuschauer noch in die verblüffenden, computergenerierten Welten von Pandora, taucht Besson im Minutentakt in neue Welten ein, die durch ihren stets einzigartigen Look und vor allem durch ihre Liebe zum Detail begeistern. In einer fulminanten Action-Szene, in der Valerian im Eiltempo gleich mehrere Sektoren der Raumstation durchquert, offenbart sich ein ans Überladene grenzender Einfallsreichtum, als hätten Tim Burton, George Lucas und Peter Jackson gleich mehrere ihrer Fantasy-Welten in einen Film gepackt.
Über die Vielzahl an optischen Eindrücken und an ausgefallenen Ideen (wie z.B. der Bühnenshow von Sängerin Rihanna) entgeht dem Zuschauer fast, dass Besson seinen Plot zwischenzeitlich komplett aus den Augen verliert und die zu Anfang angestoßene Handlung erst am Ende wieder aufgreift – leider mit einer zum Teil erwartbaren Auflösung, die sehr schleppend vorgetragen wird und in einen aufgesetzten und allzu moralisierenden Showdown mündet. Vielleicht hätte sich Besson hier auch narrativ stärker am begnadeten Geschichtenerzähler James Cameron orientieren sollen.

Abgesehen davon fährt Besson mit seinem lockeren und auch witzigen Ton aber sehr gut. Seinem Film schadet es angesichts der überschaubaren Story jedenfalls nicht, dass er sich nicht allzu ernst nimmt und mehr mit ein paar sympathischen Gags und liebenswerten Figuren als mit aufgesetzter Ernsthaftigkeit zu punkten versucht. Der grimmige Clive Owen wirkt daher fast schon wie ein Fremdkörper in einem Film, in dem die skurrilen Eigenheiten der extraterrestrischen Lebensformen meist etwas ironisch betrachtet werden und sich die beiden Agenten Valerian und Laureline regelrecht durch ihre gemeinsame Mission witzeln. Überhaupt stimmt die Chemie zwischen dem einerseits etwas überheblichen, aber auch witzigen und verschmitzten Dane DeHaan und der taffen wie sympathischen Cara Delevigne, die ihre mangelnden darstellerischen Fertigkeiten locker mit ihrem Charisma überstrahlt. So funktioniert gutes Unterhaltungskino.

Fazit:
„Valerian“ macht visuell mit seiner gewaltigen Fülle an extraterrestrischen Völkern, verschiedenartigen Welten und futuristischem Design keinerlei Kompromisse und entfacht einen gewaltigen und stets bis ins Detail umwerfenden Bildersturm, der den Kinobesuch ohne Frage Wert ist. Dabei wissen Besson und vor allem seine beiden Hauptdarsteller für Kurzweil zu sorgen. Nur die Story ist – gelinde gesagt – ausbaufähig.

72 %

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