Ruhr Ruhr Land
Romantische Komödien boomen nach wie vor in Deutschland - brauchbar sind leider nur wenige. "Sommerfest" kann man im guten oberen Mittelfeld einordnen und ist zumindest für Pottler unbedingt sehenswert - viel weniger hätte man von Herrn Wortmann jedoch auch nicht erwartet. Gerade für Ruhrpottler ist die Buchverfilmung einen Blick wert und schlägt sicher wesentlich näher ans Herz und das Zwerchfell als bei Zuschauern aus dem Rest der Republik. Es geht um Stefan, einen Theaterschauspieler aus München. Auf Grund des Todes seines Vaters muss er zurück nach Bochum, seine Heimatstadt, wo er alte Bekannte wiedertrifft, seinen Weggang begründen muss und ständig auf Charly angesprochen wird, seine große Jugendliebe...
"Sommerfest" hat defintiv das Zeug zur deutschen Sommerkomödie 2017. Der Film ist kurzweilig, süß und für jedes Pärchen diesen Sommer ein schöner Abschluss eines romantischen Abends. Sicher kein Meisterwerk oder Pottkunststück, doch einen ganzen Fuss sympathischer und besser als andere, ähnliche und vielleicht viel bekanntere deutsche Romantikomödien. Gerade wer im Ruhrpott lebt oder Connections dorthin hat, fühlt sich hier heimisch und lacht sich gleich doppelt so laut kaputt. Man erkennt Ecken, man erkennt Typen, man erkennt Leidenschaft auf Seiten der Macher des Films. Kein Wunder, sind sowohl der Autor der Buchvorlage als auch Wortmann selbst stolze Kinder dieser ganz eigenen Gegend.
Hier ist alles, wie im Pott üblich, auf dem Boden geblieben, dreckig, kaputt und unprätentiös - eine Liebesgeschichte, wie sie fast nur der Ruhrpott schreiben kann. Ein kleines Gedicht, nicht nur für die A40 (mein Highlight des Films!), sondern für alle Jugendlieben. Etliche Charakter sind zwar überzeichnet und so manche Platitüde wird überstrapaziert bzw. zu oft wiederholt, doch gerade das Herz des Films, Lukas Gregorowicz, pocht so was von an der richtigen Stelle. Es stimmt nicht nur die Chemie zu seiner Jugendliebe (bezaubernd: Anna Bederke), sondern sein komplettes Verstädnis oder eben Nicht-mehr-Verständnis zur Gegend. Egal ob Bochum, Essen oder Duisburg - "Sommerfest" kann man kaum nicht mögen und wird dem Pott gefallen.
Über viele der fein gezeichneten Nebencharakter hätte ich gerne mehr erfahren, was allein beweist, dass die Figuren nicht allzu platt und klischeehaft gezeichnet sein können. Oder vielleicht sind sie es, aber es störte mich selten. Die musikalische Untermalung ist fast schon exotisch und "Mandy" auf italienisch in der Mitte des Films ist ein glasklares Highlight. Wortmann weiß, wie man einen Film, selbst im Ruhrgebiet, hübsch dahinmalt. Man kann sich den Ausgang der Geschichte schnell zusammenreimen, doch der Weg dorthin macht Spaß und lässt die Zeit angenehm vergehen. Wie eine kühle Windböe an einem schwülen Sommerabend. Manchmal mäandert der Film etwas eingeübt und konzentrationslos umher, doch wo könnte man das besser als zwischen Trinkhallen, Schrebergärten, Dönerbuden, Zechen oder Fußballplätzen, Mandys, Jessikas oder Murats?
Fazit: süße Jugendliebe mit Ruhrpottcharme! Bodenständig, unkitschig, sommerlich - Sönke Wortmanns neue Ruhrpott-RomCom ist zwar nostalgieüberladen, vorhersehbar und kaum weniger klischeebelastet als die Werke von Schweiger & Co., versüßt einem trotzdem jeden Sommerkinoabend mit Leichtigkeit und Lebenslust!