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Die Hard with only a little Vengeance - Bruce as Bronson light

Rache und Vigilantismus sind Themen so alt wie die Menschheitsgeschichte. Ob im Alten Testament, oder im Wilden Westen, die Auge um Auge-Mentalität hatte immer auch Phasen stärkerer Ausprägung. In modernen Geselllschaften mit einem strukturierten Rechtssystem wirkt sie antiquiert und ist auch explizit nicht gewünscht. Natürlich gibt es immer wieder ein Versagen von Behörden bei der Verbrechensbekämpfung und auch immer wieder Diskussionen über zu laxe Strafen bei diversen Vergehen. Anwälte nutzen zudem oft jedes Schlupfloch, um für eindeutig schuldige Mandanten die geringst mögliche Strafe heraus zu schlagen.

Der Spielfilm widmet sich bevorzugt solchen Empörungsthemen und bietet dabei meist simple Lösungen in Gestalt hart durchgreifender Einzelgänger. Die bekanntesten Vigilanten dürften sicherlich Batman, Dirty Harry und ein gewisser Paul Kersey sein, mit sukzessive ansteigendem Gewalt- und Radikalitätspotential. Was man dabei immer gern vergisst, ist die Tatsache, dass die selbternannten Richter zwar ambivalente, aber durch und durch gerechtigkeitsliebende Charaktere sind und ihre Gegner klar schuldige (Schwer-)Verbrecher, die Opfer und System verhöhnen. In der Realität liegen die Fronten oft weit weniger klar und die Grauzonen überwiegen, von der Aushebelung von Recht und Gesetz ganz zu schweigen. Dazu kommt noch, dass vigilantes Verhalten auch massenhaft aus niederen Instinkten und bei Kleinigkeiten vorkommen würde, wenn es offiziell akzeptiert wäre.

Aktuell hat sich Horror-Regisseur Eli Roth mal wieder dieser kontroversen Thematik angenommen. „Death Wish" ist dabei nicht nur vom Titel her ein Remake des Charles Bronson-Klassikers von 1974. Paul Kersey wird diesmal von Bruce Willis gespielt, ansonsten bleibt sehr vieles beim Alten. Der angesehene Chirurg (im Original war er Architekt) verliert seine Frau durch einen gewaltsamen Einbruch. Seine Tochter wird dabei so schwer verletzt, dass sie ins Koma fällt. Der traumatisierte Kersey vertraut zunächst auf die Arbeit der örtlichen Polizei, aber als diese keine Ergebnisse liefert und der Fall in den Akten zu verschwinden droht, wird der Lebensretter zum Killer. Dabei geht es nicht mehr primär um die eigene Geschichte, sondern Kersey sorgt ganz allgemein für Gerechtigkeit auf den Straßen und das zunehmend gnadenlos.

Das Original löste seinerezeit heftige Kontroversen über das Für und Wider von Selbstjustiz aus. Bronson war kein cooler Rächer wie der Punisher. Er war ein seelisch Gepeinigter, der die Ohnmacht nicht mehr ertragen konnte. Zur positiven Law-and-Order-Ikone machten ihn erst die vier deutlich undifferenzierteren Fortsetzungen. Roths Film wird diese Kontroversen nicht auslösen. Und das, obwohl nach dem jüngsten Schulmassaker sich endlich eine breite Front meist junger Aktivisten gegen die absurden Waffengesetze formiert. In einem solchen Klima, in dem der Präsident verkündet „Waffengewalt ist nur mit Waffengewalt beizukommen", nicht anzuecken, grenzt schon an ein Kunststück.

Nun, die „Kunst" ist recht simpel erklärbar. Roth schmeißt jeder Fraktion ein Stöckchen hin, bekennt in keine Richtung deutlich Farbe und folgt ansonsten brav der Plotsruktur des Vorbilds. Willis darf ein wenig cool sein, aber nicht so wie John McClane. Er darf auch ein bißchen verzweifelt sein, aber nicht so wie Jodie Foster in „Die Fremde in Dir". Der Mord an Kerseys Frau ist willkürlich und brutal, aber kein Vergleich mit der mehr als grenzwertigen Vergewaltigungs- und Mordszene aus dem Bronson-Film. Polizei, Medien und Bürger äußern sich kontrovers zu Kerseys Vorgehen, bleiben dabei aber hübsch oberflächlich und halbherzig. Selbst der zynische Schluss ist nur eine laue Kopie. Am Ende darf jeder ein bißchen Stallgeruch schnuppern: der Pazifist, der Waffennarr, der Reaktionär, der Liberale, der Action- und der Drama-Freund. Freudige Luftsprünge wird aber auch keiner von ihnen machen. Ein Jammer auch wegen des zu so viel mehr fähigen Casts um Vincent D`Onofrio, Dean Norris und Elisabeth Shue.

Bleibt die Frage, was Roth mit diesem Remake erreichen wollte? Vigilanten-Filme gab es in den letzten Jahren zuhauf. Neben Jodie Foster gaben noch Kevin Bacon ("Death Sentence"), Keanu Reeves („John Wick" 1 und 2), Denzel Washington („The Equalizer") und vor allem Liam Neeson („Taken" 1-3) den einsamen Rächer ohne (Lade-)Hemmung. Eines - ob nun das Thema kritisch behandelnd, oder rein unterhaltunsgtechnisch ausschlachtend - unterschied sie allerdings samt und sonders von „Death Wish" anno 2018: sie hatten alle eine ganz eigene Note, einen eigenen Charakter. Roths Film dagegen ist ein zusammen geklaubter Haufen aus dem Vigilanten-Drugstore. Dazu kommen ein aufreizend schlechtes Timing, wenig Spannungsmomente und ein insgesamt viel zu gefälliger Look angesichts der düsteren Thematik. Lichtblicke gibt es nur wenige. Immerhin ist der Film auf eine sehr oberflächliche Art leidlich unterhaltsam und es ist auch schön, Willis mal wieder auf der Kinoleinwand zu sehen. Aber wie viel mehr wäre da mit einem mutigeren Ansatz und einem kompetenteren Regisseur drin gewesen. Dann doch lieber wieder die Bronson-Pentalogie. Die hat zwar auch ihre miesen Seiten, dafür werden die aber konsequent durchgezogen.

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