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Nach außen hin ist Lester Burnham ein ganz normaler Familienvater. Doch hinter der Fassade seines erfolgreichen, glücklichen Lebens brodelt es: Seine Frau Carolyn und er haben sich längst auseinandergelebt, seine Tochter hasst ihn und innerlich hat er sein Leben satt. Eines Tages beschließt er, sich radikal zu ändern. Er kündigt seinen Job, raucht Joints, macht sich an die beste Freundin seiner Tochter ran und beginnt zu trainieren. Die Tragödie nimmt seinen Lauf...

5 Oscars bekam Sam Mendes Erstlingswerk 1999, und das völlig zurecht. Seine schonungslose Abrechung mit dem sogenannten "American Dream" gehört für die meisten Kritiker und auch für mich zu den besten der letzten Jahre. Von Beginn an ist im Grunde genommen klar, dass die Geschichte mit dem Tod Lester Burnhams enden wird. "In weniger als einem Jahr werde ich tot sein..." erklärt er im denkwürdigen Vorspann, der aus einer Kamerafahrt auf eine typisch amerikanische Vorstadtsiedlung besteht. Schon am Anfang wird kein Blatt vor den Mund genommen. Da spricht ein Mädchen davon, wie gern sie ihren Vater tot sehen würde, was gleich mal kräftig schockiert, oder Kevin Spaceys Monolog, in dem er sagt, das morgendliche Abspritzen in der Dusche stelle für ihn den Höhepunkt seines Tages dar. Anfangsworte, die den Zuschauer auf das vorbereiten, was kommt.

Zunächst scheint Lester Burnham ein richtiges Ekelpaket zu sein, doch im Verlauf der Geschichte wird er zur Sympathiefigur. In ihm spiegelt sich ein Teil eines jeden Menschen wider. Sein trister Bürojob, sexuelle Frustriertheit, das Schwelgen in Jugenderinnerungen, in der Realität hat wohl jeder Mann dieses Alters solche Probleme. Seine zynischen Bemerkungen bringen ihm ebenfalls Sympathiepunkte. Er lässt sich nicht mehr auf das Scheinspiel einer glücklichen Ehe ein, sondern sagt, was er denkt. Letzten Endes tut er das, wovon jeder träumt, er macht einfach, was er will. Holt sich mit einer endlos komischen Aktion eine fette Abfindung, sucht sich einen Job mit "geringstmöglichem Maß an Verantwortung", kauft sich sein Traumauto und ist ständig high. Kevin Spacey stellt diesen schwer zu spielenden Charakter mit einer selten gesehenen Perfektion dar und hat seinen Oscar redlich verdient. An diese Rolle wird sich die Filmwelt wohl noch lange erinnern.

Auch die anderen Darsteller sind vollends überzeugend. Die Oscarnominierte Annette Bening ist eine herrlich hassenswerte Ehefrau, in die trostlose Lage Thora Birchs kann man sich gut versetzen. Die Situation der Nachbarsfamilie zieht einen dann doch ziemlich runter. Die Mutter eine geistig gestörte, der Vater ein Disziplinfanatiker, der Waffen sammelt und dem Unterordnung das Wichtigste ist. Sein Sohn leidet darunter, redet ihn mit "Sir" an und scheint selbst ein Psycho zu sein. Insgesamt sind alle vorkommenden Personen sehr übertrieben dargestellt, aber eben doch nahe an der Realität. Wer hat beispielsweise noch nicht eine ekelerregend fette Frau am Burgerstand gesehen?

Obwohl ein Drama, ist "American Beauty" den meisten Filmen spannungsmäßig weit überlegen. Zu keinem Zeitpunkt kommt Langweile auf. Zunächst sind es die flapsigen Bemerkungen Spaceys, die für Heiterkeit sorgen, im weiteren Verlauf rühren die tragischen, aber zugleich wunderschönen Momente beinahe zu Tränen. Sogar eine normalerweise endlos in die Länge gezogene Sequenz wie die mit der schwebenden Plastiktüte lässt einen nur mit offenem Mund dasitzen und die Augen feucht werden. Denkwürdig sind auch die wunderbar in Szene gesetzten Tagträume mit den roten Rosen, die vor Schönheit nur so strotzen. Die letzten 20 Minuten zerstören dann aber endgültig jegliche Hoffnung und bilden als echter "Runterzieher" einen krassen Gegensatz zur ersten Hälfte des Films. Lester Burnham scheitert an sich selbst, sein Abgang wurde schön poetisch in Szene gesetzt, wodurch sein "kleines, dummes Leben" für ihn endlich beendet ist.

"American Beauty" hat mich persönlich bewegt wie kein anderes Drama. Obwohl die Figuren sehr überspitzt dargestellt werden, kann man sich mit ihnen identifizieren. Im Grunde genommen hält uns Sam Mendes einen Spiegel vor und lässt den Traum vom glücklichen Vorstädter wie eine Seifenblase zerplatzen. Alles perfekt inszeniert, mit großartigen Darstellern und einem klasse Soundtrack. Ein denkwürdiger Film, einerseits heiter, andererseits tieftraurig. Liegt so schwer im Magen, aber ist doch so wunderschön. Ein echtes Meisterwerk!

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