Schon wieder so ein amerikanischer Film, der die Geschichte amerikanischer Helden erzählt und ihnen ein Denkmal aus Zelluloid setzt. Da stellen sich so mancher Feuilletonistin aber die Nackenhaare auf. Freilich, die Kinos quellen über vor Helden in Latex-Strampelanzügen. Auf psychologisch interessante Weise bricht sich nämlich bei dem derzeit unüberschaubaren Superhero-Gewusel jene Sucht nach Helden Bahn, die eben doch in den meisten Menschen tief verankert ist. Und übrigens auch bei denen, die mitunter hypersensibel auf den Begriff „Held" reagieren. Kaum sind es jedoch echte Geschichten, die da gezeigt werden, und nicht von Planet zu Planet hüpfende Comicfiguren, läuten die Alarmglocken. Heulen die Sirenen. Vielleicht auch nicht ganz zu Unrecht. Denn oft wird das Vergangene verzerrt, verdreht oder komplett umgeschrieben. Doch wie dem auch sei - hier waren es Feuerwehrleute, die, um einen bedrohten Ort zu retten, im Sommer des Jahres 2013 ein großes Opfer brachten. Die Frage, die sich nun stellt, ist (wenn man mal kurz über seinen Schatten springt) nicht die nach der Legitimation eines solchen filmischen Anliegens, sondern die danach, ob solch eine natürlich ehrenwerte Geschichte genug Stoff für eine spannende Story bietet. Und in diesem Fall ist das nicht der Fall.
Josh Brolin, der derzeit gefühlt in jedem dritten Kinofilm zu sehen ist, mimt hier auf seine gewohnt schrullig-maskuline Art den Chef der örtlichen Waldbrandbekämpfer. Ein Knochenjob. Doch um seine Arbeit noch effektiver machen zu können, müsste er vom Staat Arizona mehr Befugnisse erhalten. Die bräuchte er, um bürokratische Hürden zu nehmen und unqualifiziertes Einmischen von Nachbarbehörden auszuschließen. Mit strenger, aber väterlicher Hand geht er nun daran, seine Truppe um ein knappes Dutzend junger Männer für die angestrebte Beförderung auf Vordermann zu bringen. Unter ihnen ist auch ein junger Ex-Junkie (Miles Teller), der von Brolin eine Chance bekommt, sich zu bewähren und den Abwärtstrend seines Lebens umzukehren.
Mit verträglich wenig Pathos geht „Oblivion"-Regisseur Joseph Kosinski daran, das Drama um ein paar Männer zu verfilmen, die im wahren Leben mit Sicherheit mutig waren und die ihren aufopfernden Dienst an der Gesellschaft ernst nahmen. Doch im Gegensatz zum Science-Fiction Film von 2013 bemüht sich Kosinski um Plausibilität - selbst wenn das auf Kosten der Dramaturgie geht. Zwar ist es schön, zur Abwechslung keinen Dwayne Johnson vorgesetzt zu bekommen, der sich in einem weiteren austauschbaren Katastrophenfilm von einstürzendem Hochhaus zu einstürzendem Hochhaus schwingt oder mit einem Gummiboot auf der perfekten biblischen Welle reitet. Doch geschieht im langweilig real wirkenden Alltag der Profi-Feuerwehrleute eben nicht viel. Außer hier ein wenig Gräben buddeln und dort ein wenig Barbecue. Es werden auch außer der ein oder anderen Baby- und/oder Ehekriese keine tiefschürfenden Konflikte gelöst. Und es gibt bezeichnenderweise auch keine Bad Guys und keine Superhelden. Nur den gleichförmigen Trott des Nicht-Fiktionalen. Das hört sich spannungsarm an und ist es auch. Ja zum Feuerteufel, was will man denn nun aber eigentlich als kritischer Filmfreund? Bombastisches Theater - oder die akkuraten Tatsachen? An dieser Frage entscheidet sich, ob „Only the Brave" (in Deutschland: „No Way Out") unterhält oder nicht. Dabei wäre es kein Zeichen von Erbsenzählerei, wenn einem „Only the Brave" zu behäbig daherkommt und zu wenig auf seine Spannungskurve achtet. Denn Joseph Kosinskis Geschichte kommt über zwei Stunden überhaupt nicht auf den Punkt. Verlässt sich auf ihre Wirklichkeitsnähe. Und dann geht alles ganz schnell. Am Schluss. Vielleicht zu schnell.
„Only the Brave" ist nichts desto trotz irgendwo ein starker Film. Nicht wegen seiner kaum vorhandenen Bühnentauglichkeit, sondern wegen seiner grandiosen Darsteller. Jeff Bridges, der den Vorgesetzten Brolins gibt, wirkt wie von der Straße weg entführt authentisch in seiner Rolle. Es ist offenbar ganz gleich, wen oder was der Sohn von Lloyd Bridges spielt - der Mann zaubert. Vermutlich wäre er selbst als Michael Jackson oder als Godzilla oder als frisch geborenes Rehkitz überzeugend. Auch Josh Brolin beweist, dass er zu Recht derzeit so gefragt ist. Es tut gut, diesem ganzen Kerl bei der Arbeit zuzusehen. Selbst wenn die kaum Schauwerte bietet. Und so geht das weiter: Jennifer Connelly, Taylor Kitsch, Miles Teller - sie alle ziehen ins (wahre) Geschehen. Und das ist gar nicht so leicht, wenn fast nichts geschieht.
Diese Tragödie hat dennoch ein Problem: Dass es hier an allen Ecken und Enden brennt, lässt einen kalt. Das Gegenteil sollte aber der Fall sein. Zwar wird die Psychologie von Freundschaften und Beziehungen angerissen, allerdings ohne damit Verwertbares oder Unterhaltsames zu produzieren. Auch wahr, der Drittsemester-Soziologiestudent braucht keine Helden mehr. Die Welt nur leider schon. Kosinskis Recken sind aus Fleisch und Blut - und nicht aus Granit. Das macht sie, wenn auch nicht zu kurzweiliger Gesellschaft, zu Menschen. Und mit denen fühlen wir mit. Es ist dabei das vernünftige Maß an Theatralik, das „Only the Brave" vom schwülstigen Kitsch ähnlich gelagerter Produktionen unterscheidet. So rezitieren natürlich die Jungs von der Feuerwehr keinen Shakespeare und sinnieren nicht über die Superstring-Theorie. Sie sprechen über das, was gewöhnliche firefighter üblicherweise bewegt. Im Alltag. Und genau der ist hier die Geschichte. Wer nun aber eigentlich aus eben jenem Alltag ausbrechen wollte, der ist hier im falschen Film.