Steven Soderbergh ist immer für eine Überraschung gut. Ein Mann, der sich sowohl für das (mit verhaltenen Reaktionen bedachte) Biopic „Che", als auch für „Ocean's Eleven" (sowie eines seiner Sequels) verantwortlich zeichnet, um etwas später einen Seuchenthriller zu inszenieren, dem direkt eine Komödie über männliche Stripper folgt, der tanzt auf vielen Hochzeiten. Warum also nicht die aus den Ocean's Filmen sattsam bekannte Rezeptur des brillant zu Ende gedachten Heist den dort stilisierten Laufsteg-Figuren wegnehmen und sie in Form einer gemächlichen Komödie der amerikanischen Arbeiterklasse in die Hände drücken?
Die beiden Brüder Clyde (Adam Driver) und Jimmy Logan (Channing Tatum) sind keine Typen, denen man ihr Schicksal neidet. Der eine hat im Einsatz für sein Land im Irak einen Arm verloren, der andere seinen Körper beim Football ruiniert. Der eine arbeitet in einer Bar am Tresen, der andere verdingt sich als Gelegenheitsarbeiter. Doch als Jimmy seinen Job verliert, weil er humpelt und so nicht von der Versicherung abgedeckt wird, hat er die Nase vom Leben als armer Schlucker gestrichen voll. Just da bietet sich ihm eine Gelegenheit. Der Tunnel, den er bis vor kurzem noch half zu bauen, führt unter eine der bekanntesten Rennstrecken des Landes. Millionenbeträge werden in unterirdischen Röhren in unmittelbarer Nähe der Baustelle transportiert. Jedes Wochenende. Zutritt zu seinem alten Arbeitsplatz hat Jimmy ja immer noch. Er und sein Bruder machen sich also daran, einen Plan auszuarbeiten, wie man, ohne für viele Jahre ins Kittchen zu wandern, an viel Geld kommt. Einzig ein wenig Hilfe in Gestalt eines Sprengstoffexperten (Daniel Craig) braucht man noch. Der richtige Mann für den Job ist eigentlich auch schon gefunden, nur sitzt er derzeit im Gefängnis. Doch auch dafür gibt es schon einen Plan.
Um direkt und ohne Sermon zum Punkt zu kommen: Was wurde hier an darstellerischem Potential verschenkt?! Tatum, der sich, wie Matthew McConaughey, längst vom reinen Image des Mädchenschwarms thematisch freigeschwommen hat, legt hier eine Performance hin, die, wenn auch nicht wie einst die Sohlen zum Glühen bringt, so doch einen Künstler entlarvt. Die Rolle des entgeisterten Proletariers wird vom ausgemusterten G.I. Joe mit einer Leichtigkeit und Überzeugungskraft getragen, dass man sich verwundert die Augen reibt und in den Arm zwickt. Ja hat man denn tatsächlich den amerikanischen Vorzeigeschwiegersohn mit Footballvisage all die Jahre so sträflich unterschätzt? Ja. Hat man. Und dann ist da noch Daniel Craig, der fern der maßgeschneiderten Ikone des britischen Geheimagenten hier einen Mut zur hässlichen Absonderlichkeit an den Tag legt, dass es zentimetertief beeindruckt. Überhaupt, der gesamte Cast spielt und meistert sich mit einer Verve durch das Stück, dass es fast bizarr wirkt, wie sehr diese eingeschworene Truppe vom Drehbuch der Drehbuch-Novizin Rebecca Blunt und von der mangelnden Inspiration Soderberghs im Stich gelassen wird.
Spätestens als nämlich auch noch Hilary Swank auftaucht, die als FBI-Beamtin den Brüdern hinterherschnüffelt, läuft der Film Gefahr, sich zu sehr auf sich selbst zu verlassen und der Wirkmächtigkeit seiner gern gesehenen Gesichter zu vertrauen. Doch selbst wenn wir das durchaus durchdachte Plot in Rechnung stellen und die Versatzstücke einer Milieustudie zu schätzen wissen, die hier wieder und wieder auftaucht, bedarf es gerade wegen der samt und sonders berühmten Truppe eines ausgefuchsten Kniffs oder einer zündenden Idee, ein solches Treffen zu legitimieren. Doch beides fehlt. Ein zaghaftes Schmunzeln hier und ein kleines Späßchen dort, doch ein mundpropagandistisch tauglicher Aufhänger, dieses Stelldichein an Schauspielkünstlern zu einem großen Ganzen zu bündeln, fehlt und war nie da. Das Screenplay visiert eine behutsam situationskomische Klamotte an, die allerdings ohne Hauruckhumor und Schenkelklopfen daherkommt. Doch verfehlt es sein Ziel. Denn es gelingt nicht, die richtige Balance zwischen Heist-Movie und vermutlich angepeiltem Witz zu finden. Zu wenig Jahrhundertraub also einerseits, zu wenig Lachsalve noch dazu andererseits.
Was macht Steven Soderbergh denn da? Der Mann, der vor nunmehr achtundzwanzig Jahren als blutjunger Filmemacher den Spartenhit „Sex, Lügen und Video" (1989) präsentierte und sich damit über Nacht einen Namen machte. Das ist vor allem deshalb eine interessante Frage, weil ihm ja seit jener Zeit der Ruf als eine Art multipotenter Anspruchsteller anhaftet. Doch dieser Sonderstatus will genährt werden. Mit „Logan Lucky" beweist Soderbergh zwar einmal mehr, dass er unkonventionelle Projekte schätzt, doch sein Nimbus als (womöglich) großer Regisseur dürfte durch das hier verfilmte schwächelnde Skript und die flagrante Unentschiedenheit seiner Umsetzung unweigerlich leiden. Schwerpunkte zu setzen ist in jedem Metier Teil der täglichen Routine. Dass hier jemand meint, just bei einem Film mit solch einem Staraufgebot darauf verzichten zu können, vor allem jemand mit so viel Erfahrung wie der vierundfünfzigjährige Amerikaner, ist peinlich. Ärgerlich. Und nicht gerade lucky.