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Weisst du, was die in der Schule mit mir gemacht haben, wenn ich ungezogen war? Sie haben mir mit dem Lineal auf die Finger geschlagen. - Küss mir die Stiefel! Na mach schon!! Was ist!!!
So sprach Perdita Durango, eine kaltblütige mexikanische Wildkatze, die das Leben hart und roh gemacht hat, zu ihrer wimmernden weiblichen Geisel, und deren Jünglingsfreund geht es nicht besser in den Händen von Perditas okkultistisch veranlagtem Freund Romeo Dolorosa. Die zwei Soziopathen haben das Pärchen einfach von der Straße geholt, um ihren beiden Hobbys zu frönen: Ficken und Töten!
Einer von ihnen soll nämlich bei einer mystischen Zeremonie geopfert werden, die der "Zauberer" Romeo vor gläubigem Publikum durchführt. Romeos voodoo-versetzter Katholizismus hat seine eigene Christus-Interpretation ("Was glaubst du, warum jeden Sonntag Millionen von Menschen zusammenkommen, um sein Blut zu trinken?"), die in einer bedrückenden Einblendung von der Qual der Kreuzigung visualisiert wird.
Doch dank seines Kumpels, den Romeo gelinkt hat, muss das Menschenopfer ausfallen. Außerdem jagen noch diverse Bullen das Duo, das mehr an tollwütige Hunde als an Menschen erinnert, und schließlich werden auch die Mafiosi stinksauer, die Romeo beauftragt haben, unauffällig einen illegalen LKW-Transport von zur Organspende vorgesehenen Embryos durch die Wüste der Glitzerstadt Las Vegas zu schmuggeln.

"Perdita Durango" entstand nach einem Roman des ausgezeichneten Autors Barry Gifford, der auch "Wild at Heart" schrieb. Dort spielte Isabella Rosselini Perdita, aber wer nun Rosie Perez gesehen hat, kann Rosselini abhaken. Rosie Perez sollte meiner Meinung nach nie wieder etwas anderes spielen.
Mit seiner kongenialen Verfilmung ist dem spanischen Regisseur Alex de la Iglesia, der sich seit seinem Erstling "Aktion Mutante" mächtig nach oben gearbeitet hat, ein genialer Wurf gelungen. Die Geschichte von Perdita und Romeo ist eine wilde Fahrt durch die Trümmer unserer Zivilisation, die fast über einen Fremden Planeten zu führen scheint.
Zwei nicht unsympathische Ratten, die unten am dreckigen Boden der Konsumpyramide aufgewachsen sind, philosophieren über ein Leben, das sie nur mit Gewalt zu nehmen wissen, malträtieren ihre Opfer, an denen sie ihr Ego aufpolieren, und pfeifen auf all die Konventionen, die ihnen das perverse Stückchen Spaß verderben könnte, das ihnen in der Ödnis ihrer eigenen Seele noch bleibt.
Aber im Laufe der Geschichte nimmt eine merkwürdige Veränderung ihren Lauf: Das weinerliche, gequälte Geiselpärchen wird cooler und selbstständiger, und die beiden Höllenengel entwickeln Gefühle. Praktisch gegen seinen Willen kommt man sich näher, und alle Fassaden bröckeln, die der Spießer und die der Asozialen.
Sowohl für Perdita als auch für Romeo gibt es ein wunderschönes Ende. Er, der beim Tarot die Karte des Todes gezogen hat, wähnt sich im Sterben in Burt Lancasters Rolle in seinem Lieblingsfilm "Vera Cruz" versetzt, und sie, die den Geliebten nicht retten konnte, irrt heulend durch die fadscheinige Glitzermetropole.

Fazit: Für mich ist diese fulminant inszenierte, teils fast abstoßend unverblümt erzählte Läuterung der Perdita Durango eine echte Perle unter den Roadmovies!

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