Jeder Frame eine geballte Wutfaust
"Aus dem Nichts" ist ein zutiefst instinktiver Film. Ein Herzensprojekt Fatih Akins gegen die NSU-Morde und niederträchtige Nazis allgemein. Er ist Aufarbeitung jüngster, schockierender, deutscher Geschichte, vollkommen subjektiv und voller Emotionen. Trauer, Wut, Verzweiflung. Ein Film der weh tut und gleichsam gut tut. Über das exploitative Finale kann man streiten, für mich ist das letzte Drittel das schwächste, doch insgesamt ist die deutsche Oscarhoffnung ein bebendes Werk, dass einen innerlich fast durchgängig zittern lässt. Vor Anspannung, vor Unverständnis, vor Rachegefühlen. Vor Wut auf Staat und Täter. Lange hat man in einem deutschen Film keine so dichte und brodelnde Atmosphäre mehr gespürt. Der Film ist eine große Faust. Und wo diese landet, macht der begabte Regisseur unmissverständlich klar. Es ist Akins wahrscheinlich persönlichster Film, wenn auch nicht ganz sein bester.
Es geht um eine Frau, die bei einem Nagelbombenanschlag ihren türkischstämmigen Mann und ihren sechsjährigen Sohn verliert. Nun erleben wir ihre Trauer, den Gerichtsprozess und die rigorose, rachsüchtige Katharsis. Gegen Ende wandelt der Film auf den Spuren von Charles Bronson und sieht völlig rot, doch ich mag diese klare Beziehung einer Position. Scheiss auf Vorbildsein und politische Korrektheit. Und nur weil es der Film zeigt, heißt es ja noch lange nicht, dass man seinen Weg gutheißen muss. Und Redestoff bietet er so nur umso mehr. Akins emotionaler Tiefschlag ist einseitig, manipulativ und durchschaubar, funktioniert dennoch die meiste Zeit ganz tief in einem drin. Nicht zuletzt dank eine Diane Krueger, die weit über all ihren bisherigen schauspielerischen Leistungen abliefert und brilliert, schockiert, berührt. Sie bündelt Akins und unsere Wut bravurös. Natürlich ginge das alles auch etwas subtiler, ausgewogener und weniger "strasse", doch dann wäre er sicher schneller vergessen. Und das darf nicht sein. Das überlassen wir dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen.
Fazit: Fatih Akin hält mit seinen Emotionen nicht zurück und liefert ein erfrischend subjektives, aggressives und niederschmetterndes Werk gegen die dreckigen, feigen Nazischweine. Immer mitten in die Fresse rein. Mag man manipulativ und einseitig finden, muss und will man dennoch unterschreiben. Ein wichtiges & wuchtiges Highlight des deutschen Films in 2017!