Review

Ich bin mir bewußt, daß alle Horror- und Splatterfreaks völlig von den Socken sind, wenn es an Bavas Dämonenfilme geht, teilen kann ich diese Ansicht aber nicht.
Zumindest Dämonen 1 (bei uns Dämonen 2) ist eine einzige Enttäuschung für meine hochgeschraubten Erwartungen.
Natürlich darf man keine großen geistigen Herausforderungen erwarten, wenn Italiener einen ihrer Slasher drehen, aber hier tritt wieder einmal ein Film den Beweis an, daß eine Idee noch nicht reicht, einen Film zu tragen.
Und mehr als eine (nämlich: Dämonen jagen Menschen im Kino) war hier auch nicht vorhanden.

Die Schwindsüchtigkeit des Geschehens ist dann auch so eklatant, daß trotz einer klassischen Vorgabe (Eingeschlossene ohne greifbaren Ausgang incl. Bedrohung von innen) nicht einmal annähernd Suspense oder Spannung aufkommen will. Statt dessen muß der Zuschauer das öde 50-kleine-Negerlein durchstehen, daß auch mit Verbarrikadierung der Überlebenden nicht interessanter wird. Dafür sorgen schauspielerische und inszenatorische bzw. technische Schwächen.

Wirkliche Akteure (wenn man sie in einem Anfall von Leichtsinn so nennen will) kann Lamberto Bava nicht vorweisen. Die Story geht zwar von zwei Mädchen aus, die jedoch im Fortlauf der Handlung kaum eine größere Rolle spielen als das restliche Dämonenfutter. Auch die passend dazu aufgestellten Herren der Schöpfung zeichnen sich durch nicht vorhandenes Talent aus, haben aber den Vorteil, daß sie nicht permanent hysterisch in der Gegend rumbrüllen müssen.

Der Kreischfaktor erreicht dann auch spätestens beim Großgemetzel neue Höhen, wobei man dieser Regieentscheidung schon fast Frauenfeindlichkeit bescheinigen möchten. Dazu paßt, daß wenn die Frauen gerade mal nicht kreischen, sich alle in diesem Film in wimmernde Bündel verwandeln (Dauerbehauptung: Ich kann nicht mehr!), um dann mit ihrem vollen Gewicht das Handgelenk ihres Partners malträtieren, als hätten sie vergessen, wie man aufrecht geht. Das geht jedem halbwegs erwachsenen und denkenden Menschen spätestens in den Schlußszenen dermaßen auf den Anker, daß die Hauptdarstellerin Glück hat, daß sie nicht wegen Ungeduld erschossen wird.

Wenn schon die Hauptdarsteller schwach sind, wird sich der Rest des Casts auch nicht gerade Profil verschaffen und so kommt’s denn auch. Eine Horde von Nichtgesichtern, die wir in der Dunkelheit eh nicht en detail ausmachen können und die man deswegen auch bequem zerfleischen kann.
A propos Dunkelheit: noch so eine tolle Leistung, die vermutlich Atmosphäre beschwören sollte. Leider ist es in diesem Kinopalast dermaßen düster, daß auch schlampige F/X echt überzeugend wirken, weil man sie nur unscharf erkennen kann.
Ein schlauer Zug, denn so wählt man nicht so schnell die Vorlauftaste, sondern fummelt erst Ewigkeiten mit Helligkeit und Kontrast herum.
Wie schon bei "Aquarius" ist das alles extrem schlecht ausgeleuchtet - verlangt aber immerhin Aufmerksamkeit.

Nun zum Drehbuch. Tja, da hatte man wohl selbst kein Vertrauen in die Fähigkeiten, denn sonst hätte man nicht noch überflüssig ein paar Junkies eingebaut, die ihren Kokaingebrauch gleich noch mit dem Product Placement für Coke (hey, its a joke!) verbinden und die kostbare Filmmeter verschwenden, der mitreisenden Wave-Schlampe Koksreste mit einer Rasierklinge vom Busen zu kratzen. Das bringt immerhin Laufzeit und man hat mal nackte Haut gesehen.

Drinnen im verriegelten Kino entwickelt sich derweil kein Charakter, wozu auch, also lassen wir die rettende Wagenburg aus Kinoreihen beim ersten Lebenszeichen von außen wieder einreißen und gehen dann auch alle drauf, als - surprise - nur Dämonen vor der Tür stehen.
Und? Wolle mer se reinlasse?
Wer derweil auf Erklärungen wartet, ist hier falsch. Zwar rennt ein (offenbar vom Teufel besessener) Mann mit einer Silbermaske (Michele Soavi persönlich) herum, der den ganzen Mist angeleiert hat, eine Motivation hat er aber nicht. Böse halt. Prima. Leuchtet ein.
Im Kino rennt noch eine Femme Fatale/Platzanweiserin durch die Reihen, die stets so mysteriös böse guckt, daß es echt irritierend ist, wenn sie zwischendurch einfach nur als Dämonenfutter endet.

Um das Filmchen jetzt noch über die Zeit zu bringen, lassen wir noch einen Dämon frei und Berlin verwandelt sich binnen einer Nacht in den siebten Kreis zur Hölle. Das zeigen wir zwar nicht, weil die Hälfte der Crew eh auf Kredit arbeiten mußte, aber es reicht noch für ein paar Vigilantenaufnahmen (die Idee ist auch von Romero/Argento), d.h. wir fahren mit einem schwerbewaffneten Jeep an ein paar brennenden Mülltonnen vorbei. Vorher hat unser überlebender Blondie, bzw. dessen Stuntman mit dem Ausstellungsmotorrad aus dem Foyer (unglaublich: vollgetankt und braucht man dafür nicht auch einen Schlüssel?) einige aufregende Runden im Kinosaal gedreht hat, um mit dem Samuraischwert zu köpfen, was nicht schnell genug auf die Bäume kommt. Schließlich müssen wir uns ja irgendwann mal wehren.
Zwischendurch fällt auch noch ein Hubschrauber ins Kino, damit unsere Helden einen Fluchtweg haben. Aha!
Wem das jetzt doof, albern und unlogisch vorkommt, dürfte richtig liegen, denn gegen diesen bärig schlecht geschriebenen Scheiß war Soavis "Aquarius" geradezu Shakespeare.

Natürlich gibts ein wenig Grusel, wenn die Dämonen mit den leuchtenden Augen die Treppen hochstürmen, aber davon hätte man sich mehr gewünscht, anstatt stumpfsinniges Füllmaterial.
Letztlich ist jedoch der Splattergehalt, was zählt für die Gorehounds und die kommen tatsächlich auf ihre Kosten, rund und gut mit Blut, Eingeweiden, Schleim und Eiter (und Schaumspucke und Dämonenkotze und und und...).
Hier macht der Film wirklich mal Punkte, daß kann man nicht unterschlagen, auch wenn die Verwandlungsszenen in ihrer Langsamkeit manchmal schöner sind als das ganze Geschlachte. Außerdem treibts manchmal den Ekelfaktor schön hoch, wenn ein Opfer dem Dämonen ein paar Finger abbeißt, ein anderes unter einem Schwall Dämonenschleim fast ersäuft und Augen formschön ausgestochen werden. Leider steht das alles in einem dermaßen langweiligen Kontext, daß man das Interesse schnell verliert.

Da wünscht man sich, Argento hätte nicht nur produziert, sondern ein wenig von seinem atomosphärischen Talent in die Sets und die Kameraführung einfließen lassen. Leider macht es Bava allein und der offenbart nur mediokre Handwerkerschaft, wo Raffinesse gefordert gewesen wäre.
Das ist jetzt natürlich ein Muß für alle, denen es egal ist, ob im Film gesprochen oder gegrunzt wird, Hauptsache es ist was los. Ja, es ist fast immer was los und wer noch nie einen Hitchcock gesehen hat, kann das, was hier abläuft, glatt für spannend und unheimlich halten, aber das rettet die Spezialeffekte leider nicht vor der Öde eines vollkommen hohlen Films.
Schade eigentlich, denn die Idee hätte etwas für sich gehabt.
Übrigens bin ich offenbar der Einzige, der dem Film nicht mindestens eine 6 gegeben hat, aber andererseits teile ich Filme auch nicht nur in "geil" und "nicht so geil" ein. Qualität sieht anders aus. Argento, übernehmen sie! (3/10)

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