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"Der König der Erpresser" ist der dritte von fünf Spielfilmen aus der großen "The Adventures of Sherlock Holmes" Reihe, produziert von Granada Television. In Deutschland ist diese britische Fernsehserie ziemlich unbekannt, jedoch in England und den USA ist der Bekanntheitsgrad umso höher. Die Kurzgeschichte von Sir Arthur Doyle mit dem Titel "The Adventure of Charles Augustus Milverton" musste von Autor Jeremy Paul (Der letzte Vampir, Journey to Midnight) ebenfalls um einige Details ergänzt werden, um damit einen Spielfilm füllen zu können. Regisseur Peter Hammond inszenierte auch schon "Im Zeichen der Vier" und Jeremy Bretts letzten Auftritt als Sherlock Holmes in "Der begehrte Junggeselle".

Detektiv Sherlock Holmes (Jeremy Brett) und sein treuer Kumpan Dr. John Watson (Edward Hardwicke) sind dem ehemaligen Kunsthändler Charles Augustus Milverton (Robert Hardy) auf der Spur, welcher durch seine Erpressungen sogar den angesehenen Colonel Dorking (David Mallinson) in den Tod trieb. Nun hat Milverton in Eva Blackwell (Serena Gordon) ein neues Opfer gefunden. Eva will den reichen Earl of Dovercourt (Brian Mitchell) heiraten, doch Milverton hat einige Briefe, welche die Hochzeit platzen lassen würden. Er verlangt 7000 Pfund, für Eva unmöglich diese gigantische Summe aufzubringen. Selbst für Holmes entpuppt sich Milverton als harter Brocken, den man nur überführen kann, wenn man die Grenzen der Legalität ausreizt.

Hier erleben wir den Meisterdetektiv, der normalerweise auf alles eine Antwort hat, am Rande seines Könnens. Der unverschämt clevere Milverton ist wahrlich ein ebenbürtiger Gegner. Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, angesehene Bürger Londons zu erpressen. Jene die Milverton Informationen bringen über andere Menschen, werden reich entlohnt, dazu hält sich Milverton sogar einen schmierigen Angestellten, der in der Szene Ausschau hält. Und kein Opfer würde sich trauen zur Polizei zu gehen. so hält Milverton das Zepter stets in der Hand. So faszinierend bösartig dieser Charakter auch sein mag, die Story ist für Doyle Verhältnisse schwach. Der Täter steht von Anfang an fest, Holmes hat ermittlungstechnisch sehr wenig zu tun, stattdessen gilt es Überlegungen anzustellen, wie man Milverton überführen kann. Dabei gerät selbst Holmes schnell an seine Grenzen, er muss sich sogar als Handwerker auf Milvertons Anwesen einschleichen, um weitere Beweise zu sammeln. Seine sehr jugendliche Beziehung mit dem Dienstmädchen passt in keinster Weise zu Sherlocks Charakter, auch seine ständigen Wutausbrüche gegenüber seiner Haushaltshilfe Mrs. Hudson (Rosalie Williams) stoßen beim Zuschauer eher bitter auf.

Selbst Watson sieht sich einigen Beschimpfungen seines langjährigen Freundes ausgesetzt, Holmes neigt hier ein wenig zu Überheblichkeit. Desweiteren kommt einem das Ganze sehr gedehnt vor, die Lauflänge von circa 103 Minuten lässt kleinere Durststrecken zu, gerade da Holmes geistig nicht richtig gefordert wird. Seine geniale Kombinationsgabe erhält hier keinen Platz, die vielen Figuren beanspruchen dafür sehr viel Zeit. Richtig spannend wird es erst gegen Ende, wenn Holmes und Watson sich über jedes Gesetz hinwegsetzen, um Milverton zur Strecke zu bringen. Inspector Lestrade (Colin Jeavons) hat dabei nur ein paar kurze Auftritte, wie immer ist ihm Holmes überlegen. Hammond hält das Geschehen hübsch altmodisch und fängt das alte London dementsprechend authentisch ein, aber es fehlt der düstere Grundton. Ein paar Wendungen hätten dem weitesgehend ereignislosen Geschehen gut getan. So ist immerhin auf die Darsteller Verlass, Jeremy Brett (Killermöven greifen an, Macbeth) ist in seiner Paraderolle vielleicht einen Tick zu arrogant, doch ansonsten brillant. Genauso Edward Hardwicke (Enigma - Das Geheimnis, Der Elfengarten) als Dr. Watson, doch Robert Hardy (The Gathering, Gullivers Reisen) mausert sich durch sein herrlich fieses Schauspiel zum heimlichen Gewinner.

Etwas langatmige und storytechnisch kaum ausgefeilte Umsetzung der Kurzgeschichte. Ein paar Eigenschaften von Sherlock wollen nicht so recht passen, trotzdem sind gerade die Darsteller eine Bank. Für Fans des Meisterdetektivs trotzdem lohnenswert, auch wenn dieser Fall zu den schwächeren zählt.

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