Review
von Leimbacher-Mario
10 Berlinerfelder Straße
Als deutsche Genreproduktionseizelle hat man es nicht leicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass man überhaupt befruchtet wird, ist äußerst gering, dass man dann Beachtung, Erfolg oder Anerkennung findet, nochmal ebenso wackelig. Dabei gibt es etliche sehenswerte deutsche Genreproduktionen - von Bunkern über Nachtmahre bis hin zu Samurais - nur leider mit äußerst beschränktem Bekanntheitsgrad. Man muss sich halt deutlich mehr in die Materie reinknien, um diese zu entdecken, doch unmöglich ist das nicht und Deutschland kann, wenn es denn will und gelassen wird. Und ohne „Lockdown“ ganz in die Riege der genannten zu heben, dafür sind die TV-Wurzeln dann doch zu deutlich, die Voraussetzung zu minimal und ist die Idee zu aufgegriffen, kann ich das Twilight Zone-artige ZDF-Kammerspiel zur Geisterstunde dennoch jedem Genrekopf ans Herz legen. Erwartungen vielleicht etwas herunterfahren, dann kann das klappen. Es geht um ein Pärchen, das in der völlig abgeriegelten Wohnung eines Fremden aufwacht. Dieser behauptet, dass draußen ein Virus tobt, er die beiden nicht geiselartig festhält und sie nur schützen will...
Natürlich werden da Gedanken an „10 Cloverfield Lane“ wach, natürlich ist das nicht allzu weit über Uni-Abschlussarbeitniveau, natürlich sind die Mittel begrenzt und der Schauplatz noch begrenzter - funktioniert hat die gute Stunde Spannungskino für mich dennoch ordentlich. Weil die Darsteller erfrischend und nicht deutsch-steif aufspielen, weil mir die Kamerarbeit und Farbgebung oft toll gefallen haben, weil Götz Schulte wunderbar undurchsichtig den „Gastgeber“ spielt und weil einige gesellschaftliche Fragen gestellt und menschliche Reizpunkte gedrückt werden, die momentan selbstverständlich bei fast jedem auf fruchtbaren Boden treffen. Insgesamt fühlt sich alles außerdem recht international an, ohne die deutschen Tugenden und Wurzeln zu verleugnen. Das gefällt mir, das könnte es öfters geben, das macht Hoffnung. Und auch Lust die vor ein paar Jahren gelaufene, öffentlich-rechtliche „Stunde des Bösen“ vielleicht mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Aber vielleicht hat diese filmische Erfahrung/Fingerübung auch etwas von der aktuellen Lage in der Welt und meiner persönlichen Neugier profitiert...
Fazit: nette kleine ZDF-Genreproduktion zur Geisterstunde und passend zu aktuellen Anlässen wie Corona oder der Flüchtlingskrise. Kurz, knackig, ungewohnt klar genre (für deutsche Verhältnisse). Selbst wenn dann doch vieles deutlich von Hollywood abgekupfert wurde und es nicht ganz genug Ideen für einen Langfilm gibt...