Eine neue Tiefe für das MCU
Mit der Überschrift ist kein Tiefpunkt gemeint, sondern eine charakterliche, stilistische und sogar soziale Tiefe, die das massivste filmische Comicuniversum aller Zeiten bisher nicht kannte. "Black Panther" ist kein perfekter Film. Stellenweise weit davon entfernt. Und doch ist es ein enorm wichtiger, weiser und emotional wuchtiger Film, der zeigt was für ein tiefgreifender Regisseur Ryan Coogler ist. Selbst in einem oft beschränkten Kosmos wie diesem. Insgesamt spielt das Soloabenteuer des ersten schwarzen Superhelden (Blade mal außen vor und eher nur für Erwachsene) für mich persönlich nicht über dem Level von "Ant-Man" oder "Doctor Strange", doch er sticht dennoch aus all seinen Brüderfilmen, seinem kompletten Subgenre heraus. Positiv und erinnerungswürdig. Wegen dem afrikanischen Setting, der schwarzen Power in jeder Pore, der unübersehbaren politischen Gewichtung und einem Killer-Soundtrack zwischen Trommeln und Sprechgesang. "Black Panther" verzeiht man seine Schönheitsfehler. Denn er ist ein wichtiger Film und ein weiterer Entwicklungsschritt für Marvel. Was für große Augen Millionen kleiner dunkelhäutiger Jungen (und Mädchen!) momentan rund um den Globus machen, weil ihr Held auf der Leinwand ihre Sprache spricht und ihre Hautfarbe hat, kann man sich glaube ich kaum vorstellen. Doch selbst ohne diesen kulturellen Impact packt einen dieser schwarze Katzenmann ungewöhnlich tief an der Wurzel.
Wir folgen T'Challa, dem neuen König von Wakanda nach den Ereignissen aus "Civil War" in sein hochtechnologisiertes Heimatland, wo er seinen Thron schneller verteidigen muss, als ihm lieb ist... "Black Panther" ist futuristisch und bodenständig, klassisch und zukunftsweisend, cool und ernsthaft. Er kann beide Extreme. Und ist dabei immer zu 100% afrikanisch, stolz, schwarz. Die Effektleute standen wohl ziemlich unter Zeitdruck, da Vieles noch arg ungeschliffen aussieht. Vor allem computergenerierte Umgebungen oder Menschenmassen. Zudem sind die dunklen Passagen unübersichtlich und nicht optimal gefilmt, vor allem wenn man nicht gerade in einem Dolby Vision-Luxuskino sitzt. In Sachen Action wird nun kurz vor "Infinity War" nicht weiter hochgepowert, was einerseits gut tut, andererseits in einem äußerst schwachen finalen Kampf mündet. Doch solche Makel sind schnell vergessen, wenn der Panther mit den Muskeln bzw. seinen Stärken spielt. Das Licht verdrängt die Schatten in meinem Buch eindeutig. Den pumpenden Score irgendwo zwischen Kendrick Lamar und dem König der Löwen habe ich schon genannt. Die erhabenen Kostüme ebenso.
Doch was die dunkelhäutige Superheldenrevolution vom Rest abhebt, sind seine Figuren. Nahezu jedem Charakter wird ein runder Ark auf den Leib geschnitten, nahezu alle Helden und Antihelden behält man im Gedächtnis. Vielleicht sogar im Herzen. Klischees oder Abziehbilder bleiben aus. Chadwick Boseman spielt den schwarzen Panther stark, gutherzig und grundsympathisch. Der restliche, nahezu durchgängig dunkelhäutige Cast liefert ebenfalls exzellent ab. Von einer verlässlichen Lupita Nyong'o über eine erfinderische, an Bonds Q erinnernde Letitia Wright bis zu einer kriegerischen Danai Gurira ist sogar genug Frauenpower am Start. Wakanda ist in Sachen Gleichberechtigung ebenfalls vorreitend. Doch die zwei Bösewichter der Geschichte rund um Verantwortung, Erbe und Freiheit, ließen nochmal einen ganz besonderen Eindruck zurück. Andy Serkis darf gerne so over-the-top sein, wenn er derart Spaß macht. Er ist der Aufheller im vorderen Teil des Films. Und dann kommt Michael B. Jordan als Erik F*cking Killmonger. Wie eine Bombe auf das Feld. Und schießt sofort, hinter Loki, auf den zweiten Platz der Marvel-Bad Guys. Seine Motivation nachvollziehbar, seine Kraft beeindruckend, sein Swagger gewinnend und seine Boshaftigkeit entschlossen. All das macht Killmonger zum absoluten Highlight des Films. Schade, dass er erst in der zweiten Hälfte zum Tragen kommt. Seine Rivalität und Verbingung zu T'Challa verursachte bei mir, trotz generischem Final Fight, einige Gänsehäute. Zwei Seiten, eine Medaille, ein Volk, ein Stolz. Und am Ende eine klare Message. Sitzt!
Fazit: kein klassischer Crowdpleaser wenn man nur auf saftige Action, coole Sprüche und glitzernde Schauwerte steht. Wer allerdings wichtige Aussagen, eine königlich-schwarze DNA und überraschend tiefgreifende Figuren schätzt, der hat vielleicht seinen neuen Liebling im MCU. "Black Panther" ist sicher nicht ohne Schwächen und trotzdem einer der wortwörtlich herausragenden Heldenfilme unserer Zeit. Auf Grund seiner afrikanisch-speziellen Aura. Bleibend!