Wenn ein Film es schafft, sich wie ein langsam anschleichender Nervenzusammenbruch anzufühlen, dann ist es Hereditary.
Regisseur Ari Aster liefert hier einen der wohl unangenehmsten, verstörendsten Horrorfilme der letzten Jahre ab – und zwar nicht durch plumpe Jumpscares, sondern durch eine unheimlich dichte Atmosphäre, die sich wie ein schleichendes Gift ins Nervensystem frisst.
Story-Zusammenfassung
Nach dem Tod der Großmutter versucht die Familie Graham, wieder Normalität in ihr Leben zu bringen. Doch es ist schnell klar: Irgendetwas stimmt nicht. Mutter Annie (herausragend gespielt von Toni Collette) hadert mit ihrer eigenen Vergangenheit, während sich unheilvolle Ereignisse mehren. Was als Familiendrama beginnt, kippt langsam in tiefenpsychologischen Horror und endet in einem okkulten Albtraum, bei dem einem regelrecht die Luft wegbleibt.
Meinung
Hereditary ist kein Film, den man sich „mal eben“ reinzieht. Er zielt nicht auf Unterhaltung, sondern auf Zersetzung. Vom Filter über das Sounddesign bis zur Bildsprache ist alles so angelegt, dass man sich konstant unwohl fühlt. Dieses unterschwellige Grauen – das ständige Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmt – zieht sich durch jede Szene.
Die Darsteller tragen maßgeblich dazu bei: Toni Collette liefert eine der intensivsten Horrorleistungen überhaupt ab. Ihre emotionale Zerrissenheit, ihre plötzlichen Ausbrüche, ihre Verzweiflung – das ist so glaubwürdig und roh gespielt, dass man sich regelrecht ausgesetzt fühlt. Auch Alex Wolff als ihr Sohn bringt diese Mischung aus Schock, innerer Leere und späterem Kontrollverlust brutal überzeugend rüber.
Die Szenen, die hängen bleiben, sind nicht die klassischen „Buh“-Momente, sondern die, die richtig wehtun. Die Szene mit dem Erdnuss-Anfall der Schwester, der panische Versuch, sie ins Krankenhaus zu fahren, das Fenster, die Laterne – und was dann folgt… das ist eine Szene, die sich tief ins Gedächtnis einbrennt. Nicht weil sie laut oder effekthascherisch ist, sondern weil sie realistisch, grausam und schockierend in ihrer Konsequenz ist.
Und dann ist da dieses okkulte Element, das sich ganz langsam in die Handlung einschleicht. Anfangs denkt man noch, es ginge „nur“ um familiären Schmerz, Trauer und psychischen Verfall – doch plötzlich fliegt eine Mutter an der Decke, köpft sich selbst, ohne dass es je richtig erklärt wird. Dieses Ungesagte, dieses „Was zur Hölle geht hier eigentlich ab?“ macht den Horror aus.
Fazit
Hereditary ist kein klassischer Horrorfilm – es ist eine emotionale Zermürbung, ein Abstieg in Wahnsinn, Trauma und kultische Finsternis. Und genau das macht ihn so effektiv. Viele Horrorfilme wollen schocken – Hereditary will zerstören.
Man kann über Ari Asters späteren Midsommar streiten – der ist eigen, intensiv, aber ganz anders. Hereditary hingegen ist kompromisslos. Eklig. Unangenehm. Und dadurch ein Meisterwerk.
Einer der eindringlichsten, unbequemsten Horrorfilme der Neuzeit. Ein Film, den man nicht einfach „guckt“, sondern überlebt.