Ein weiteres Puzzleteil... aber ist es überhaupt das gleiche Bild?
Netflix zeigt einen dicken Mittelfinger an jahrelang angekündigte Releasekalender und veröffentlicht zum neuen "The Cloverfield Paradox" (einst "God Particle" betitelt) während des Super Bowls einen ersten Teaser, in dem es eiskalt heißt, das Teil ist sofort nach dem Spiel abrufbar. Das ist ein zukunftsweisender Coup. Doch mal ganz abgesehen vom innovativen Marketing: was kann das neue Puzzleteil in diesem lose zusammenhängenden Universum? Warum wurde der Film von Paramount oft verschoben und dann an Netflix verkauft? Ist er zu schwach für einen Kinorelease? Und beantwortet er endlich ein paar Fragen, die die zwei vorangegangen Sci-Fi-Schocker offen gelassen haben? "The Cloverfield Paradoxon" ist (wie fast zu erwarten) ein komplett eigenständiger Film, der noch mehr Möglichkeiten auftut als sie das sehr offen gestaltete, Twilight Zone-artige Franchise eh schon hatte. In einem forschen, vielseitigen Mix aus "Life" und einer wirren Star Trek-Folge, geht es um eine Weltraumstation, die an einer gefährlichen neuen Energiequelle forscht, da auf der Erde keine Energie mehr aufzutreiben ist und der Planet samt Gesellschaft kurz vorm Kollaps steht. Nun geht das Experiment schief und die Crew wird mit unerklärlichen Phänomenen konfrontiert...
Als Stand Alone-Film funktioniert Ex-"God Particle" ok, befindet sich eher auf DTV- als Kinoniveau. Und als Cloverfield-Tie In ermöglicht er zwar etliche neue Richtungen, doch deutet alles nur an und wirkt arg überladen. Ist "The Cloverfield Paradix" also ein Reinfall an allen Fronten? Nein, er ist nette Unterhaltung für zwischendurch und keineswegs eine Gurke. Der schwächste Part des sich extrem langsam aufbauenden Franchise ist er jedoch mit Abstand. Zu Netflix passt er vom Stil und seiner Art. Er wirkt sehr international und irgendwie safe. Schwer zu beschreiben. Daniel Brühl und Co. machen ihre Sache solide, es gibt ein paar wirklich sehenswerte und erforschenswerte Ideen, wie ein verselbständigter Arm oder die Verschmelzung von Universen bzw. Materie. Für Fan-Theoretiker ein wahr gewordener Traum. Nur sollten diese nie auf Antworten innerhalb der 100 Minuten warten. Vieles wird ratlos und ärgerlich in der Luft hängen gelassen. Inklusive einem niemals fussfassenden Subplot auf der Erde. Und der letzte Shot ist dann einfach nur frech und billig reingeworfen. Alles wirkt gehetzt, unausgegoren, eher wie ein wildes Brainstorming denn ein cleveres Endprodukt. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass hier viel mehr drin gewesen wäre und dass Paramount das wusste. Netflix nicht.
Fazit: der neue Cloverfield-Ableger eröffnet massig Möglichkeiten für das Franchise und wirft (mal wieder) mehr Fragen als Antworten auf. Ein Brückenfilm für ein seltsames filmisches Universum. Es gibt interessante, mysteriöse Ansätze gefühlt alle 5 Minuten und die internationale Crew agiert engagiert. Leider spielt das Sci-Fi-Mysterium keine einzige seiner Ideen auch nur ansatzweise aus, schneidet alles nur an und wirkt arg zusammengewürfelt. Was bleibt ist ein Mix aus Neugier und Unzufriedenheit, mit Gewicht leider auf Letzterem.