Murat - Ein Kung-Fu Türke rettet die Welt (1982)

Ich denke mal, meine Vorschreiber haben genug darüber geschrieben, was so alles in diesem Meisterwerk des türkischen Films passiert und wieso dieser Film so dermaßen schlecht ist, dass er schon wieder einfach nur geil sein soll.
Dieser Review hier will daher mal die Hintergründe durchleuchten und die Kirche wieder etwas ins Dorf zurück holen, will heißen die überaus großzügige Bewertung seitens meiner Vorschreiber etwas relativieren.
Um es vorweg zu nehmen, es ist tatsächlich so, dass dieser Film so grottig schlecht ist, so dermaßen hirnverbrannt ist, so krank und einfach nur kaputt ist, dass er alleine für sich betrachtet tatsächlich als fast zu schlecht erachtet werden könnte, als dass man ihn nicht lieben sollte....

Aber da kommen nun die eingangs angedrohten Hintergründe:

Der Hauptdarsteller Cüneyt Arkin ist eine Art Charlton Heston, Arnold Schwarzenegger, Chuck Norris und Jean Claude van Damme auf einmal in seiner Heimat.
Mitte der 70er bis tief in die 80er hinein war er eine Instanz im "Action-Kino" des türkischen Kinos, wobei er so ziemlich jedes Action-Genre durchlief, von Historien- und Kostümfilmen, gegen die Herkules gegen die Supervampire beispielsweise wie ein Hollywoodmegablockbuster wirkten, über Polzeifilme, die sehr stark an Dirty Harry erinnerten, dabei jedoch sehr schnell in die Selbstjustizecke rutschten, ohne jeglichen Hintergrund, sowie ganz billig zusammengeschusterte Rape- und Drogenstories, gegen die japanische und italienische Sexploitation-Filme wie Ingmar-Bergmann-Filme wirkten, bis hin zu "knallharten" Sozialdramen, in denen sich die Protagonisten aus ihrer Not heraus der Kriminalität verschreiben mußten.
Dann gab es da noch seine "sozialkritische" Phase, wo er gegen den mittlerweile ach so korrupten Polizeiapparat mit Trampolinsprüngen und Handkantenschlägen sich durchkämpft, bis zum obersten Fiesling sich durchschlägt und dort dann entweder von seiner Frau, seinem Sohn, seinem besten Freund, seiner Mutter oder seinem Hund erschossen wird, weil ja alle korrupt sind, und das arme erschütterte Publikum total verzweifelt und weinend zurück läßt.
Eines der vielen Höhepunkte seiner stetig nach oben führenden Karriere sind seine BudSpencer und TerenceHill-Kopien-Filme, in denen es nicht mal mehr den Hauch von freiwilliger geschweige denn unfreiwilliger Komik gibt, nur noch die seit zwanzig Jahren gleichbleibenden Komparsen, die seltsamerweise in allen Filmen (nicht unähnlich den italienischen Prügelklamotten) gleich gekleidet sind, so dass einem der Verdacht kommt, dass diese armen Lurchis nicht genügend bezahlt wurden, und sich irgendwie zwanzig Jahre lang von Dreh zu Dreh geschnorrt haben müssen.
Dass er dabei eigentlich eine Scheißfresse hat und kein bißchen attraktiv ist, tut auch der Tatsache keinen Abbruch, dass er natürlich immer alle Schnecken in den Filmen bekommt. Das verwundert jetzt aber seine größten Fans ein bißchen, denn er wirkt weder überaus männlich, noch hat er saucoole Sprüche auf Lager, noch hat er ein bißchen Charme, noch ist er auch nur ansatzweise lustig.
Er zieht meistens die gleiche Visage, guckt so bescheuert aus der Wäsche, dass der Verdacht nahe liegt, Steven Seagel hätte alles bei ihm abgeschaut.
Im Übrigen hat er, wohl auch nur der Kohle wegen in einigen tatsächlichen Dramen und Liebesgeschwülsten mitgemacht, welche, welch Wunder, auch dermaßen übertrieben auf die Tränendrüse drückten, dass selbst mega-Bollywoodfilme wie Kindersenudngen wirkten (ein Beispiel: Er Blind, verliebt sich in sie, wie wird blind, als er sein Augenlicht bekommt, als beide dann endlich sehen können, stirbt er entweder an Krebs oder sie verliert ihre Gebärmutter und dann ihren Kopf).
Gleich kommt mehr zu Cüneyt Arkins Werken, nun ein bißchen mehr zu diesem besonderen Film, der eigentlich jedes Filmfestival gewinnen würde.

Es gab mal eine 50-teilige (!!!!!!) Sendereihe, die sich der lebenden Legende Cüneyt Arkin gewidmet hat und seinen Werdegang minutiös nachgezeichnet hat.
Eine ganze Folge hat sich hierbei dem Film "Dünyayi kurtaran adam" (So der Originaltitel, im folgenden nur noch DKA abgekürzt) gewidmet.
In dieser ach so grandiosen Sendereihe, die tatsächlich zwar nicht mehr als 12 Teile gehabt haben kann, so genau kann und will  ich mich nicht mehr erinnern, dennoch mindestens 12 Teile zu lang war, kam ein gewisser Cüneyt Arkin auch immer mal wieder (eigentlich ununterbrochen) zu Wort, um uns bis ins kleinste Detail nacherzählend, wie manche seiner Filmchen entstanden, was er dabei fühlte, wie er sich immer wähnte, als würde er etwas gaaaanz gaaanz gaaaanz großes erschaffen.
Und um es nochmal gaaaanz gaaanz deutlich zu machen: So ernst wie es ja DKA meint, genauso todernst trug hier Cüneyt Arkin seinen Text vor, kein Anflug von Ironie oder Zweideutigkeit.

Zu DKA sagte er dann auch so was ähnliches wie:
"Ich bin verdammt stolz auf diesen Film, ich habe damals schon während der Dreharbeiten gewußt, dass das der größte türkische Film sein würde, der jemals gedreht wurde.
So hohe Production Values habe ich selten in einem Film gesehen. Eine derartige Fantasie mußte sich ja auszeichnen.
Und daher ist es dann auch für mich nicht weiter verwunderlich, dass dieses Meisterwerk in Rom (oder war es New York?) in einem Filmmuseum seine hochverdiente Auszeichnung und Würdigung bekommen hat. Außerdem bin ich der Größte!"

Dass der Film tatsächlich in besagtem Museum als der vielleicht schlechteste Film aller Zeiten Erwähnung findet, erwähnt betagter äh besagter Grauer Star äh Superstar natürlich nicht.
Wozu auch? Würdigung ist Würdigung!!

Dass der Regisseur des Film sich nach Produktionsende selbst in einem filmtechnischen Entwicklungsland wie der Türkei zu jener Zeit in keinem Produktionsstudio mehr sehen lassen konnte, verschweigt er genauso.
Gerüchten zufolge ist der Regisseur in den Osten der Republik ins Exil gegangen und fristete ein Einsiedlerdasein als Kühlschrank- und Bügeleisenverkäufer. Wer weiß, vielleicht dreht er ja jetzt in seiner Freiezeit qualitativ hochwertigere Filme auf irgendwelchen Hochzeiten und Familienfeiern?

Nun noch was zum weiteren Schaffen Cüneyt Arkins:
Ein weiterer Meilenstein seines Schaffens (wie üblich bei Genies sei hier auch angemerkt, dass die Selbsteinschätzung und der öffentlichen Einschätzung seiner schauspielerischen Fähigkeiten eine hohe Divergenz zu Grunde liegt, will heißen, er meint er wäre ein zweiter Marlon Brando, wir wissen er ist ein erster FönfrisurindieKamerahalterundHandkantenschlägeaufdieSchulterverteilerohneMimik)
ist ein merkwürdiges Filmchen, das am ehesten noch den übersetzten Titel "Turkish Süpermen" (soll tatsächlich die Mehrzahl sein!!!) verdienen würde: In diesem Film laufen drei Männer in rosa (!!!) Schlafanzügen mit einer abgeschnittenen Gardine als Umhang und einem auf die Brust geklebten Superman-S umher und springen dauernd Trampolin (soll ihre Flugkünste simulieren), um die bösen Jungs zu besiegen. Einer dieser Süpermen hat eine Glatze, einen fetten Bauch und natürlich einen Schnurrbart, ein anderer ist alles andere als ein Superathlet, wirkt eher wie Stephen Hawking wohl wirken würde, würde man ihn aufrichten. Natürlich ist Cüneyt Arkin der ÜberSüperMan, natürlich hat er eine Betonfrisur und natürlich ist auch jener Film Todernst gemeint.
Seltsamerweise spielt sich jener Film in einer geschlossenen Anstalt äh auf einem geschlossenen Aareal ab, hmm hmmm.

Und da wir schon mal dabei sind, nur so als Bonus, mein persönlicher Favorit unter allen Cüneyt Arkin-Filmen ist der ebenfalls mehr als nur ernst gemeinte folgende Film:
Um auf möglichst alle Züge des damals vorherrschenden Publikumsgeschmacks auf einmal aufzuspringen wurde ein absolut erschreckend verstörendes Meisterwerk gedreht:
Als Spezialagent im Vorruhestand wird er reaktiviert und muß sich dann mit teilweise brennenden motorradfahrenden Zombieninjas (!!!!!!), die hübsche Frauen und schwache alte Männer mittels Blickkontakt hypnotisieren und kontrollieren können, bis den Opfern die Ohren bluten und die köpfe explodieren, herumschlagen (Das ist kein Witz!!! Auch dieser Film ist absolut ernst gemeint, auch hier sehen die Effekte billiger als billig aus: Ich sage nur: In einer Zugeverfolgungsjagd wo auch Autos involviert sind, sieht man immer wieder die Matchbox-Zeichen auf und unter den Autos!!!).
Der absolute Hammerfilm, dagegen ist DKA echt ein Scheißdreck!!!

Nun zurück zu DKA:
Das Schlimmste an diesem Film ist tatsächlich, dass er so ungemein ernst gemeint ist und auch tatsächlich als Konkurrenzprodukt zu Star Wars konzipiert wurde, dabei ganze Szenen um Szenen aus eben jenem Film klaut. Im gegensatz zu anderen Trash-Filmen wird dieser Film Nationenweit veröffentlicht und stürzt eben diese Nation ins Unglück....
Insofern, so charmant es für einen Außenstehenden erscheinen mag, so total ins Konzept der Karriere Cüneyt Arkins passend ist dieser Film, ebenso die geklauten Scores aus allen möglichen Hollywoodblockbustern oder wie sehr üblich zu jener Zeit einfach mal einen Ennio Morricone Score dazwischen schieben.

Insofern ist der Film -so ungewöhnlich und grotesk er anmuten mag- leider im Gesamtbild betrachtet doch nur zu gewöhnlich und erbärmlich.
Das tut dem Spaß natürlich keinen Abbruch, im Gegenteil, er ist tatsächlich einer der schlechtesten Filme aller zeiten und weitaus erträglicher, gerade weil so unsäglich schlecht, als so manch ausgewiesener Trash.

Dennoch kann er nicht ganz so viel Bonus bekommen, dass er es in den Olymp schafft, zu sehr paßt er ins Schema von Arkins Schauspiel- (Höhö) Karriere.

8 Punkte (wenn überhaupt)