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ACHTUNG ! SPOILER !

LOS OJOS AZULES DE LA MUNECA ROTA war laut IMDb nach "Blutmesse für den Teufel" und "Die Todeskralle des grausamen Wolfes" der dritte Film, den der spanische Regisseur Carlos Aured zusammen mit Paul Naschy realisierte.

Eines Tages taucht in einem kleinen französischen Dorf ein Mann namens Gilles (Paul Naschy) auf, der auf der Suche nach Arbeit ist. Im Hause der drei Schwestern Claude (Diana Lorys), Nicole (Eva Leon) und Ivette (Maria Perschy) findet er eine Anstellung als Gärtner und Hausmeister. Ivette ist infolge eines Unfalls an den Rollstuhl gefesselt, wobei ihr Arzt Dr. Labor (Eduardo Calvo) von einer psychosomatisch bedingten Paralyse ausgeht. Claude hat einen invaliden Arm und trägt eine Handprothese und Nicole ist eine heillose Nymphomanin. So dauert es auch nicht lange, bis sie sich im Bett von Gilles wiederfindet, der keinem amourösen Abenteuer abgeneigt ist.

Seitdem Gilles in dem Ort angekommen ist, kommt es in der Umgebung immer wieder zu grausamen Morden, bei denen blonde Frauen mit blauen Augen bestialisch abgeschlachtet werden. Außerdem schneidet der Täter den Frauen die Augen heraus. Als sich herum spricht, dass Gilles ein ehemaliger Zuchthäusler ist, der eine Frau vergewaltigt hat, glaubt der örtliche Gendarm Pierre (Antonio Pica) natürlich, den Täter bereits entlarvt zu haben. Inzwischen hat Claude sich allerdings in Gilles verliebt, und als er verhaftet werden soll, versuchen die beiden zu flüchten. Gilles liefert sich ein heftiges Feuergefecht mit der Polizei und wird schließlich von zahlreichen Kugeln nieder gestreckt.

Doch das Morden geht weiter. Als Nicole zufällig die wahren Hintergründe erkennt, wird ihr von einer maskierten Gestalt die Kehle durchgeschnitten. Die Polizei steht wieder am Anfang der Ermittlungen. Etwas später wird Michelle (Ines Morales), die blonde Krankenschwester von Ivette, auf ihrem Heimweg attackiert. Sie kann den Angreifer zunächst abwehren und flüchtet sich in das Haus der Schwestern. Dort findet sie den umgestürzten, leeren Rollstuhl von Ivette. In einer dunklen Ecke des Hauses lauert eine vermummte Gestalt, die plötzlich ihre Maske vom Kopf zieht. Es ist Ivette, die sogleich auf Michelle losgeht. Die beiden Frauen ringen miteinander und stürzen eine Treppe hinab. Mit äußerster Kraftanstrengung gelingt es der scheinbar völlig übergeschnappten Ivette ihr Opfer zu erwürgen. Dann taucht plötzlich noch eine weitere mysteriöse Person am Ort des Verbrechens auf und ersticht Ivette mit einem Stilett, welches sie dann der toten Michelle in die Hand drückt.

Als die Polizei die beiden Leichen findet, scheint der Fall klar zu sein. Ivettes Arzt hat dann auch eine scheinbar schlüssige Erklärung der Vorfälle parat: Nach ihrem Unfall wurde Ivette von ihrem Verlobten wegen einer Blondine mit blauen Augen sitzen gelassen. Von da an steigerte sich Ivette in einen psychopathischen Hass auf alle Blondinen und nutze ihre vorgebliche Behinderung als Alibi. So jedenfalls die Theorie von Dr. Labor. Der örtliche Gendarm aber hat sich seine eigenen Gedanken gemacht und Indizien gesammelt. Er entlarvt den scheinbar so selbstlosen Dr. Labor als die eigentliche treibende Kraft hinter den Morden. Seine kleine blonde Tochter war vor einiger Zeit bei einer Augenoperation gestorben. Seitdem verachtete der Arzt alle Frauen mit blauen Augen. Er hypnotisierte die labile Ivette mit seiner Taschenuhr und bei passender Gelegenheit brachte er Ivette dazu, seine Mordbefehle auszuführen. In einem geheimen Zimmer seines Hauses hat Dr. Labor die einbalsamierte Leiche seiner Tochter aufgebahrt. In den leeren Augenhöhlen wimmeln zahlreiche Maden...

LOS OJOS AZULES DE LA MUNECA ROTA basiert auf einem wahrhaft kryptischen Drehbuch von Paul Naschy und Carlos Aured. Dabei ist die Story im Grunde völlig simpel gestrickt und die Autoren haben dem Ganzen nur ein verqueres Ende verpasst. Mehr oder weniger wahllos haben Naschy und Aured für diesen Film etliche typische Versatzstücke aus diversen Psychothrillern aufgegriffen, diese zu einem Drehbuch verwurstet und mit ein paar Splatterszenen angereichert. Um die Identität des Täters möglichst lange zu verschleiern, haben sie das Drehbuch mit so vielen Fußangeln gespickt, dass man schnell die Übersicht verliert. Speziell der eigentliche Täter verhält sich bis zum überraschenden Ende völlig unverdächtig.

Verdrängte und unterdrückte aber auch offen gezeigte Sexualität sind dabei das eigentliche Thema des Films.Von dem Moment an, da Naschy das Haus der drei Schwestern betritt, beschleicht den Zuschauer das Gefühl, dass hier tragische Verstrickungen größeren Ausmaßes auf die Protagonisten warten. Psychologisch ist das alles jedoch wenig durchdacht und die Story bewegt sich auf einem äußerst törichten Niveau.
So treten Frauen in LOS OJOS AZULES DE LA MUNECA ROTA entweder als charakterlich oder körperlich deformiert in Erscheinung, oder sie sind kaum mehr als Randfiguren, die bestenfalls als Mordopfer herhalten müssen. Männer dagegen, hier quasi stellvertretend im wahrsten Sinne des Wortes „verkörpert" von Paul Naschy, sind zwar physisch in jeder Beziehung auf der Höhe, doch beim Umgang mit Frauen fangen ihre Probleme an. Dabei ist der Mann, so auch Gilles, immer nur das Opfer seiner Triebe und letztlich nicht für seine Taten verantwortlich. So jedenfalls suggeriert es das Drehbuch. In den Traumsequenzen und Flashbacks, in denen Naschy immer wieder die Vergewaltigung einer Frau durchlebt, kommt zum Ausdruck, dass letztendlich die Koketterie der Frau Naschy zu seiner Tat getrieben hat. Als er nach seiner Nacht mit Nicole von Claude zur Rede gestellt wird, gibt er als Entschuldigung an, nicht er, sondern Nicole habe die Initiative ergriffen und sich ihm aufgedrängt. Auch der Arzt ist letztlich nur ein Opfer seiner übergroßen Vaterliebe, die ihn zu seinen Verbrechen trieb.
Weitere zahlreiche Ungereimtheiten und Banalitäten der Geschichte wollen wir an dieser Stelle taktvoll verschweigen.

Die etwas unpassende Filmmusik von Juan Carlos Calderon läuft der Atmosphäre des Films an vielen Stellen völlig zuwider und der Komponist greift immer dann das musikalische Motiv des französischen Volksliedes „Frere Jacques" auf, wenn der Mörder wieder zuschlägt. Erstmals taucht dieses Motiv beim ersten Opfer auf, welches die Melodie vor sich hin summt. Am Ende findet dieses scheinbar unmotivierte Stilmittel seine Erklärung, denn es ist die gleiche Melodie, die auch die Taschenuhr des Arztes spielt, mit der er Ivette hypnotisiert hatte.

Paul Naschy meistert seinen Part mit der üblichen Hemdsärmeligkeit und wird dabei von Diana Lorys, Eva Leon und Maria Perschy gekonnt unterstützt. Maria Perschy sitzt zwar die meiste Zeit im Rollstuhl und hat keinen dominanten Part, doch am Ende hat sie ausgiebig Gelegenheit, sich durch einen fulminanten Gefühlsausbruch auszuzeichnen. Naschys Sterbeszene ist dagegen ein wenig zu pathetisch ausgefallen, zumal sie noch durch eine Spielerei mit der Kamera unterstrichen wird.
Um den Film etwas „aufzulockern" finden sich wie schon angedeutet hier und da ein paar Splatter-Effekte, so eine klaffende Wunde, ein paar ausgestochene Augen, eine durchgeschnittene Kehle u.a. Zu allem Überfluss wird auch noch das abschlachten eines Hausschweins vorgeführt.

Der versierte Kameramann Francisco Sanchez liefert eine solide Arbeit ab ohne sich aufzudrängen. Sanchez arbeitete u.a. mit Leon Klimovsky, Amado de Ossorio und Juan Bosch.

Lange Zeit war die holländische VHS-Cassette von „Sunrise Tapes" aus den 80er Jahren die einzige halbwegs greifbare Veröffentlichung des Films. Die Laufzeit dieser Fassung in englischer Sprache beträgt 84:43 Minuten und die Bildqualität ist (wie so oft bei Tapes von „Sunrise") absolut grottig. Der Spruch „ca. 1 1/2 uur griezelen" der auf allen Sunrise-Tapes prangt, kann da durchaus doppeldeutige verstanden werden. Im Netz kursieren derweil Fassungen des Films in englischer und spanischer Sprache, bei denen das Bild recht gut ist und die eine Laufzeit von je 89:02 Minuten aufweisen. Während der Film in den USA bereits mehrfach auf DVD & Blu-ray veröffentlicht wurde, kam im August 2020 auch in Deutschland eine Blu-ray auf den Markt (limitiert auf 1500 Stück), die eine deutsch synchronisierte Fassung enthält.

Gedreht wurde in Torrelodones, Navacerrada und Talamanca del Jarama.

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