Review

A Starr Is Torn

Das Buch kenne ich nicht. Ich bin weder schwarz, noch Polizist und ich lebe (zum Glück) auch nicht in Amerika. Ich bin auch kein Teenager mehr und gehöre trotz liberaler Ansichten politisch sicher nicht ganz nach links, was dem Film sehr oft vorgeworfen wird. Und dennoch hat mich „The Hate U Give“ sehr berührt. Die Kernmessage ist nicht immer klar oder im Mittelpunkt aber im Endeffekt doch sehr deutlich und weise und vorbildlich gedacht. Wenn auch auf dem Papier etwas naiv. Hört auf mit dem Hass, der Gewalt, der Brutalität und den Vorurteilen. Subtil ist anders. Aber es wirkt und es darf auch mal etwas plumper sein, wenn man einen so imminent wichtigen Punkt leidenschaftlich vertritt. Es geht um die junge Starr, die meist zwischen zwei Welten steht und zwei Versionen von sich auf Lager hat. Einmal für ihre überwiegend schwarze, arme Nachbarschaft und einmal für ihre überwiegend weiße, reiche Schule. Doch als sie eines Tages auf dem Beifahrersitz Zeugin wird, wie ein alter Freund von ihr bei einer Verkehrskontrolle erschossen wird, ist es an der Zeit aufzustehen und dafür einzutreten, wovon man überzeugt ist. Nicht nur dass „black lives matter“, nicht nur dass sich die Polizei in den Staaten unfassbar benimmt, nicht nur dass das System faul scheint und nicht nur dass wir Weißen oft noch nichtmal merken, wenn wir rassistisch und dumm sind - sondern vor allem dass der Hass enden muss. Von allen Seiten, von jedem persönlich. Vom Ghetto bis in die Villenviertel. Es liegt in unseren Händen. Die Gewalt, das Töten muss enden.

„The Hate U Give“ ist ein kraftvoller Film. Manchmal etwas plakativ und einfach gestrickt, doch er trägt sein Herz auf der Zunge. Wer will es ihm verüben. Ein wenig Spike Lee-light. Nur humaner, menschlicher, im Endeffekt gar nicht mal so einseitig und subjektiv, wie man phasenweise den Eindruck kriegen könnte. Er ist deutlich in seiner Aussprache, er hat recht und er bezieht klar eine Position. Trotz vieler Grautöne ist das kein Wischiwaschi. Standpunkte, denen man meiner Meinung nach kaum widersprechen kann. Das hat ein „Boyz N The Hood“ vor 20 Jahren zwar schon noch heftiger vorgemacht, doch in Zeiten in denen Alltagsrassismus, Polizeigewalt und die allseitige Spirale aus Hass und Vorurteilen brodelnder denn je erscheinen, darf man das ruhig mal wütend und etwas platt, subjektiv in die Welt hinausschreien. Denn eben diese macht (vor allem uns junge Menschen) wütend wie nie und es muss sich in uns allen grundlegend etwas ändern. „The Hate U Give“ steht auf für seine Überzeugungen und geht als gutes Beispiel voran. Denn egal wie gefährlich der Gegenwind - ein positiver Wandel und seine eigenen Werte, sind es immer wert für sie einzustehen. Mit aller Macht und allen Konsequenzen. Amandla Stenberg spielt die 16-jährige Starr voller Inbrunst und man kommt ihr wirklich sehr nah. Hier zeigt sie endlich ihr komplettes Talent. Hervorheben möchte ich noch Russell Hornsby als ihren Vater, der ebenfalls alles reinlegt. Dagegen stinkt ein Anthony Mackie als dauergrimmiger Kingpin ab und wirkt, wie manch andere Figur im Film auch noch, wie ein wandelndes, unnötiges Klischee. Ansonsten ist sehr viel hier 1A. Vom basslastigen Soundtrack bis zum (vielleicht etwas zu glatten) Look. Und alles ist vollkommen am Zahn der Zeit und an all seinen Zielgruppen. Man kommt nicht drum rum nachzudenken und betroffen zu sein.

Fazit: Thug Life, was du in die Welt gibst, bleibt in ihr. „The Hate U Give“ ist irgendwo auf der Kante - zwischen Teenagerfilm und ausgewachsenem Drama, zwischen predigend und ergreifend, zwischen weise und wütend, zwischen oberflächlich und tiefgreifend. Und diesen Balanceakt löst er insgesamt erstaunlich gut. Er hallt nach. Geheimtipp ist nicht zu hoch gehoben!

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