Review
von Leimbacher-Mario
Dürfen gute Menschen schlechte Dinge tun?
"Sierra Burgess Is a Looser" erzählt von einem jungen Mädchen, dass zwar talentiert und clever ist, doch nicht unbedingt den heutigen Schönheitsidealen entspricht. Durch einen Zufall erhält sie plötzlich Handynachrichten von einem netten jungen Mann, auf den sie mit ihrer feinen Art schnell Eindruck macht. Blöd nur, dass dieser sie für jemanden anderen hält und sie das auch weiß... Doch anstatt das gemeine Catfishing unter fremdem Namen früh genug abzubrechen, treibt die Außenseiterin das Spiel eindeutig zu weit...
Figuren in Filmen müssen nicht immer das Richtige tun. Ansonsten wäre das langweilig, unrealistisch und spannungsarm. Doch Teenager mit derart vielen Fehlern, äußerlichen wie charakterlichen, sieht man selten. Vor allem im Highschool-RomCom-Bereich. Egal ob Sierra oder ihr ärgste Schulfeindin - von Perfektion sind die meisten Charaktere weit entfernt, die Grauzonen werden definitiv genutzt und Erwartungen unterwandert. (Bis vielleicht auf den Herrn in der Geschichte, der es doppelt und dreifach abbekommt und es am wenigsten verdient.) Gerade diese Ambivalenz macht die Netflix-Produktion sehenswerter als Ihresgleichen. Ganz abgesehen von einem gefühlvollen Indie-Soundtrack, einer grandiosen Hauptdarstellerin und den moralischen Fragen, die allerdings etwas ungenutzt bleiben und nur oberflächlich tangiert werden. Trotzdem: Sierra Burgess' Weg zur ersten großen Liebe ist inklusive aller komischen Umwege vielschichtiger und interessanter als die stromlinienförmige Konkurrenz. Obwohl man das klassische Grundgerüst mit der Verwechslung natürlich schon oft ähnlich verflochten gesehen hat. Frisch genug wirkt das Ganze hier dennoch.
Fazit: nicht deine übliche Teenage-RomCom - ehrlicher, mutiger, unschöner. An den richtigen Stellen. Plus eine wunderbar erfrischende Hauptakteurin!