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Schwarzweiß ist man hier sogar gehalten, wehmütig, ein Abschied wird 'gefeiert', eine Reise nach Amerika, allerdings nur bis zum Hafen und dem Abschied aus der Ferne und in die Ferne begleitet, dem Papa Adieu gesagt oder eher Addio, die Mutter winkt und schnäuzt und weint. Celentano spielt hier (später in Farbe) wieder mit seiner Ehefrau Claudia Mori zusammen, der Beginn fast Neorealismus, mit der Verwendung dokumentarischer Bilder, das streut und sträubt sich schnell, es handelt sich um eine Dramödie. Die Gegend ist (und bleibt) ärmlich, das Geld wird mit den Händen verdient, es wird gespart für große Ziele, die Leute sind gereizt, manche regelrecht wütend. Es wird ausgewandert wegen der Armut und wegen der erhofften und geglaubten Freiheit, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, vom Tellerwäscher zum Millionär, so lautet der Slogan, L'Emigrante hier der eigentliche Titel, Der Kleine mit dem großen Tick so ähnlich glaubhaft (“Sie ist noch hässlicher als du.“) wie Celentano in Frauenkleid und Perück':

Ende des 20. Jahrhunderts verlässt Saturnino Cavallo seine Familie, um auf der Suche nach Glück nach Amerika auszuwandern, doch seine Spuren verlieren sich. Im Neapel der 1920er Jahre wacht sein erwachsener Sohn Peppino Cavallo [ Adriano Celentano ] jede Nacht auf und denkt an seinen Vater, so beharrlich, dass er schließlich beschließt, ihn in Amerika zu suchen; allerdings wird das Visum wird verweigert, weil er nicht beim Militär gedient hat. Also beschließt er, sich heimlich als Frau zu verkleiden. Auf dem Dampfer trifft er auf Rosita Flores [ Claudia Mori ], eine schöne italienische Sängerin, die Shows für einen italo-amerikanischen Chef spielt.

Auf geht die Reise, im Laderaum statt einer Kabine, man folgt und sucht den Vater, die einstige Heimat ist nicht so wichtig, das, was zwanzig Jahre nicht da war, ist die einzige Sehnsucht, nichts hielt einen mehr Zuhause, nicht die Mutter, die halbes Dutzend Geschwister, keine Zügel und kein Zaum. Slapstick wird geboten, neue Welten entdeckt und neue Personen, woanders wird gesungen, woanders wird gefeiert, wird am Luxus und am Leben teilgenommen, genießt man die Annehmlichkeiten, die Produktion wird spendabler, sie tut zumindest so als ob, in Ankunft in 'New York' wird dennoch klagend balladenhaft begleitet. Massenszenen und Klassenunterschiede, grober, nicht gänzlich einfallsloser Humor, und eine Desinfektionsdusche bei Ankunft auf festen Boden, die fast und dies unverblümt an eine Gaskammer erinnert.

An Dekoration wird nicht gegeizt, die alten Oldtimer aufgefahren, ein paar (kläglich aussehende) Viertel (die von Brooklyn und Little Italy) aufgebaut, es gibt viel Statisterie, die Kamera beweglich, die Dialoge zuweilen geschliffen, die Emotionen glaubhaft, ein Aussteigertraum in Kulisse und Kostüm. Dann schlägt die “Schwarze Hand“ zu, “Wer bezahlt, den schützt sie.“, ansonsten werden Bomben durch die Gegend geworfen, die Lokalität zerstört, eine rustikale Detonation, eine explosive Stimmung, das Durchbrechen eines größeren gläsernen Gewächshauses mit einem '32er Ford Modell B; Blödelgags mit Stunts und Effektivität. Bald fängt der Gangsterfilm mit an, ein ungewöhnlicher, Maschinengewehrsalven von der Konkurrenz, “Dieses Land ist nicht gut für dich.“, Celentano hier noch als Schauspieler, als Darsteller einer Rolle, als überzeugende, tatsächlich atmende Figur, als Sympathikus auch, Ein Knallkopf in der Unterwelt, als Protagonist im Schelmenstück, es gibt Arbeitslosigkeit und trotzdem oder dennoch Streik, es gibt hier wie Zuhause Schwindler, Armut, Schmutz und Dreck, es gibt trotz der Vier-Millionen-Stadt eins, zwei, drei Verbündete, die man im günstigen und im pünktlichen Moment immer wieder trifft. Eine Verlässlichkeit, die hier auch das Drehbuch und die Inszenierung umfasst, das große Ganze, die erste Zusammenarbeit von Campanile und Celentano, der im selben Jahr noch Hilfe ich bin spitz...e! und nach zwei Episodenführern der berühmt-berüchtigte Bingo Bongo (1982) am Folgen sind; Campanile hat (wie sein Darsteller auch) zeitlebens alles gedreht, er unterschied nicht zwingend zwischen U und E.

Dass es nicht tatsächlich im Gelobten Land spielt, also nicht dort gedreht wurde: geschenkt; die Leute haben hier andere, gar richtige Probleme, sie werden beim Schlafen gestört, von den Oberen Zehntausend, sie halten sich mit Tagelöhnerjobs mühsam über Wasser, zu viel zum Sterben, zu wenig zum Leben. Es gibt eindeutig Makaberes zu besichtigen, allerschwärzester Humor, aber ohne Sarkasmus oder gar Zynismus, wie ein Streich auf Kosten anderer, oft bleibt das Lachen im Halse stecken; dann wird es wieder albern, eine Mischung aus vielen einzelnen Bestandteilen und Abenteuern, ein Kaleidoskop aus vielen verschiedenen Eindrücken, wie stets unterbrochenen und neu aufgenommenen, teils humoristischen, teils melancholischen, teils geschmacklosen Traumata und Träumen; “Mein Lieber, das Leben ist eine Passage. (Ein dunkles Gässchen, beleuchtet einzig und allein von Frauen.“)

Das ist ein wenig ausschweifend geraten, eine Geschichte so lang wie der Schauplatz groß, man lässt sich selbst vor allem auch für die künstlerischen Darbietungen von Frau Mori Zeit und für deren Intimität im Epos, die Liebe des Emigranten, die Muse des Paten, und die Muse des Filmes, (welcher überhaupt recht musikalisch angelegt ist und auch davon lebt.) Eine gleichberechtigte Bezugsperson, die Frau hier gar die Stärke der Paarung, die mit Arbeit und Gehalt, die mit dem festen Vorsatz und dem eisernen Willen. Entsprechend gibt es wie auch in den anderen Zusammenarbeiten des Ehepaares hier eine Form des Geschlechterkrieges zu bestaunen, in der das holde Geschlecht meist die 'Hosen anhat', das letzte Wort sagt, aber auch den Ärger macht bzw. anzieht, was dann auch den Mann betrifft.







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