Eine Klinik in einem südamerikanischen Staat. Unter der Aufsicht der Marchesa di Pino (kurz: Greta, Dyanne Throne) wird „asoziales geistesgestörtes Pack“ gefoltert und getötet. Rosa Phillips (Angela Ritschard) gelingt die Flucht, doch im Haus des Doktors Arcos (Jess Franco) wird sie gefangen genommen und wieder zurück gebracht. Rosas Schwester Abbie (Tania Busselier) schmuggelt sich mit Hilfe von Dr. Arcos in die Klinik, um die Machenschaften Gretas aufzudecken. Greta allerdings denkt gar nicht daran sich ihre Macht beschneiden zu lassen.
Nun schaue ich schon seit einiger Zeit Filme von Jess Franco, und er schafft es mit bemerkenswerter Regelmäßigkeit, mich immer wieder zu überraschen und mir etwas Neues zu zeigen. Bei GRETA bin ich von einem der „üblichen“ WIP-Filme der Dietrich-Ära ausgegangen: Dschungel, nackte Frauen, ein paar harmlose Sadismen, ein gemeiner Schluss.
Im Prinzip bietet GRETA das schon auch, aber nicht in der erwarteten Konstellation. Dschungel und nackte Frauen ja, aber vor allem bei Letzterem sind die Schauwerte stark zurückgestellt zugunsten einiger heftiger Sadismen. Als Beispiel folgende Szene: Die Kerkertür öffnet sich, man sieht eine nackte Frau mit Wunden am Rücken an der Decke gefesselt. Eric Falk und Greta gehen rein, die Frau wird noch ein wenig ausgepeitscht, und als sie ihren Kopf dreht sieht man, dass ihr ein Auge fehlt. Der Körper der Frau, ihre nackte Brust, wird an der Stelle völlig uninteressant, ihre Deformation zieht den Blick auf sich, und das Grauen über die Behandlung der Frau nimmt überhand. Wen interessiert da noch Nacktheit?
Solche Szenen gibt es mehrere, und so ist auch die Behandlung der Hauptfigur keine bei der sich der Zuschauer durchgehend wohlfühlt (außer er ist Folterknecht in Guantanamo). Begleitet durch die erstklassige Kameraführung von Ruedi Küttel und die einschmeichelnde Musik von Walter Baumgartner inszeniert Franco hier ein Panoptikum des Grauens, und bietet dabei dem Zuschauer kaum Möglichkeiten der Ablenkung oder des Abwiegelns. Ein „die wird sich schon wieder erholen“ scheint hier nicht möglich, zu brutal sind die Foltermethoden. Dadurch wird ein permanentes Unwohlsein erzeugt, was ich so bei Franco eher selten erlebt habe. Wie gesagt, er schafft es regelmäßig mich zu überraschen.
Was gibt es denn auf der „Wohlfühl“-Seite? Gute aussehende Frauen die öfters nackt herumlaufen, einen Catfight unter der Dusche, zärtliche (und gut inszenierte) Szenen zwischen Peggy Markoff und Tania Busselier, sowie natürlich Dyanne Thorne, die Königin des WIPs. Dyanne Thorne grimassiert, chargiert, übertreibt, hängt ihre gigantischen Möpse in die Kamera, und macht einfach alles um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Absolut erfolgreich, muss man sagen. Sehr schön auch der Moment, in dem sie ihren Luxus-MILF-Körper in der Wanne räkelt und sich langsam und wonnevoll einseift, während hinter der Trennwand die Gefangenen duschen und dabei die Sau raus lassen.
Außerdem gibt es eine funktionierende Rahmenhandlung mit Jess Franco ohne Schnäuzer, tja, und eben den Schluss. Aber zu dem verrate ich nichts, den Schlag in die Magengrube darf sich jeder selber geben.
Schlussendlich bleibt eigentlich nur die Frage offen, warum der Film HAUS OHNE MÄNNER heißt, wenn mit Eric Falk und einem weiteren namenlosen Wärter mindestens 2 Männer herumlaufen. Auf jeden Fall ist GRETA für Sleaze- und WIP-Freunde genauso wie für alle, denen die Dietrich-Phase nach dem 10. Film mit der gleichen Musik langsam zum Hals raushängt, ein wahres Fest. Hier macht Jess Franco eine Menge richtig und bringt einen ziemlich starken, wenngleich auch brutalen, Schmuddel-Reißer mit viel Bahnhofsflair und (ganz wichtig) mit Dyanne Thorne. Sollte in keiner vernünftigen Franco- oder WIP-Sammlung fehlen.