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Kinnhaken für Michael Bay

Der von Regisseur Travis Knight inszenierte "Kubo" vor zwei Jahren war große Klasse, allerdings hat der Mann noch nicht allzu viel ansonsten gemacht und der Sprung zu einem Blockbuster wie "Bumblebee" ist dann doch etwas weit, um vorher keine Bedenken zu haben. Erst recht, wenn das Franchise derart beschissen ist, wie die bay'schen Riesenroboter. Der erste Teil damals ging ja noch, der Zeichentrickfilm aus den 80ern war sogar richtig toll, doch alles was seit 10 Jahren um die variablen Cybertroniker geschieht, ist schwer schön zu reden und eigentlich absolut unbrauchbar. Umso feiner ist "Bumblebee". Ich würde eine Niere eintauschen gegen eine Realität, in der das unser erster Kontakt zu einer Live-Action-Transformers-Verfilmung wäre. Allein die erste Szene auf Cybertron ist cooler, stylischer und geiler, als alles, was Michael Bay mit der Reihe je gemacht hat. Meagan Fox eingeschlossen. Und das will was heißen. Der Style erinnert mehr an die Vorlage, das Jahrzehnt passt zum Thema und ist nicht nur leere Retromanie und die Effekte sind fotorealistisch und gnadenlos gut. Letzteres ist für die Reihe nichts Neues, alles andere fühlt sich frisch, herzlich und wunderbar an. In etwa "E.T." meets "The Iron Giant". Selten war eine Kurskorrektur bei einem riesigen Hollywoodfranchise nach dem fünften (!) Ableger derart erfolgreich. Ein mittelschweres Wunder möchte man meinen.

"Bumblebee" hätte wohl niemand so gut erwartet, wie er geworden ist. Er macht Spaß, das 80er-Flair wirkt locker übergestülpt und nie aufgezwungen, Hailee Steinfeld legt alles rein, was sie hat. Und das ist einiges und keineswegs selbstredend bei einem solchen Projekt. "Bumblebee" hat Herz, Seele und Charme. Dinge die seinen Brüderfilmen weitestgehend abgingen. Es geht um ein junges Mädchen, das ihren Vater verloren hat und Bekanntschaft mit Bumblebee macht, durch den gelben Roboter wieder zu sich selbst findet. Und vor allem die Connection und Freundschaft der beiden funktioniert tadellos und geht einem echt nah. Bee wirkt süßer und stärker denn je, der Soundtrack ist fast ein glorreiches Best Of meiner Lieblingsdekade und die Kämpfe sind übersichtlich und spektakulär choreographiert. Eigentlich ist alles auf dem Tisch, was sich ein Transformers-Fan gewünscht hat. Und sogar noch etwas mehr. Spielberg höchstpersönlich hätte vor 30 Jahren kaum einen besseren Film zu dem Thema auf die Beine stellen können. Und heutzutage erst recht nicht. Einziger großer Kritikpunkt ist, dass Spielbergs langhalsiger Extraterrestrischer etwas zu oft als Blaupause genutzt wird, nahezu das komplette Storygerüst übernommen wurde. Bis hin zu einigen ganzen Szenen. Ansonsten ist das ein Träumchen, von dem man nicht wusste, dass ihn ihn braucht.

Fazit: der mit Abstand beste Transformers und noch viel mehr als das - "Bumblebee" hätte kaum mehr überraschen können. Wer hätte das gedacht... ich nicht. Was würde ich dafür geben, nun Michael Bays Gedanken lesen zu können. Oder dafür, dass dies der erste und einzige Realfilme der Transformers wäre. Daumen hoch, speziell für alle Fans der 80er-Retrowelle. Die Transformers erleben ein Comeback des Jahrzehnts. In "Bumblebee" wird viel umarmt - und selbiges tut der Film mit uns Zuschauern. Wer darauf nicht steht... soll wieder zurück zu den übersexualisierten, unlustigen und hohlen "Vorgängern". Das hier ist etwas ganz anderes - und so viel schöner.

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