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Der Junge kommt ganz groß raus!

Hape Kerkeling ist ein toller Typ, ein begnadeter Entertainer und ein cleverer, liebevoller Mensch - ein Rundumpaket, das ihn zu einem absoluten Sympathieträger und Publikumsliebling gemacht hat. Umso fantastischer ist es dann, wenn die Zeit gekommen ist, „Auf Wiedersehen!“ zu sagen und rechtzeitig abzutreten, wohl verdient auch mal sein Privatleben zu genießen. Ausgesorgt hat der Mann eh für drei Leben, vollkommen verdient. Nun, als grandioser Schlusspunkt eines der besten Jahre für den deutschen Film seit langem, kommt die Verfilmung seines zweiten Buches in die Kinos - „Der Junge muss an die frische Luft“. Es geht um seine jungen Jahre in den frühen 70ern, die Kindheit, seine Familie, inklusive einiger Schicksalsschläge und prägender Ereignisse, allem voran die depressive Mutter...

„Der Junge muss an die frische Luft“ ist ein hoffnungsvoller, ein unglaublich emotionaler, ein melancholischer und ein vor allem liebenswerter und liebevoller Film. Genau das, was man in der kalten Jahreszeit und einer gefühlt immer kälter werdenden Gesellschaft und Welt braucht. Eine Dramödie, die es schafft, immer die genau richtige Balance aus Witz und Gefühlen, manchmal auch wirklich düsteren, zu halten. Riesenlob an Regisseurin Caroline Link. Sie lässt jedem Familienmitglied Würde, Wichtigkeit und Wahrhaftigkeit zukommen, wie es nur echte Meister schaffen. Was für eine einfühlsame Beobachterin und Geschichtenerzählerin! Die Handlung ist simpel, doch sie funktioniert vollkommen und ist für alle mit Familie nachvollziehbar. Also für jeden. Zudem spielt der kleine Julius Weckauf grandios und ist wahrscheinlich die größte Entdeckung des deutschen Kinos in 2018. Er steht Hape kaum nach und kann nur ein Star werden. Oder einfach nur ein feiner Kerl. Würde auch reichen und ist ihm in jedem Fall zuzutrauen. Charme, Charisma und Timing hat er jetzt schon wie ein Großer.

Selten wurden im Kino 2018 mehr Taschentücher verbraucht als hier. Das überrascht - absolut positiv. Denn obwohl von Schmunzeln bis zu lautem Lachen alles dabei ist, mehrfach und ausgelassen, ist der Grundton unheimlich ernst, tiefsinnig und gefühlsbetont. Es geht um die Wurzeln von Hape, den Kern vieler Entertainer und den Sinn von guter Laune, Lachen und positivem Denken. Wichtiger geht es kaum und selten wurde eine Message klarer in die Herzen der Zuschauer geschossen. Was haben wir erlebt, wer hat uns geprägt, wie wichtig ist Liebe, auch in widrigen Zeiten, wer wird uns immer begleiten. Manchmal grenzt das an Edelkitsch - aber welcher, der aus tiefstem Herzen kommt. Weise und warm. Ein Film, nach dem man sich einfach besser fühlt. Ein Film, der die Welt ein Stück besser macht. Und ein Film, den man sich immer wieder angucken kann. Mit einem kleinen Star und einem großen, pochenden Etwas in der Brust. Da kann man nur Danke sagen.

Fazit: eine Ode an das Lachen, an das Weinen, die Familie und den Frohsinn. An alles, was das Leben ausmacht. Ein wundervoller Film. Simpel und schön. Einfach schön. Deutsches Massenkino geht kaum besser. 

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